
Wo, bitte, geht's zum Olympiastadion?
Wo, bitte, geht’s zum Olympiastadion?

Die Antwort gaben die Anhänger: Immer den Massen nach. Andreas Baingo war 1990 beim ersten Spiel von Hertha gegen Union nach der Wiedervereinigung dabei.


Knapp 30 Jahre später wieder im Olympiastadion
Aber die Herthaner kannte ich kaum, auch wenn ich schon 15 Jahre als Sportjournalist tätig war. Lediglich aus TV-Berichten und Konferenzschaltungen im Rundfunk waren sie mir geläufig. Walter Junghans, der gute Schlussmann, war mir natürlich ein Begriff. Auch Theo Gries und Dirk Greiser, natürlich Axel Kruse und René Unglaube. Kruse kannte ich noch als ehemaligen Spieler der DDR-Juniorenauswahl, den wir nach seiner Flucht in den Westen (so hieß das damals) nicht mehr kennen sollten, und Unglaube war ja mal in Köpenick zu Hause und erst seit ein paar Wochen bei Hertha.

Immer den Massen nach
Aber jetzt, gerade am Bahnhof Friedrichstraße, die Frage: Wo, bitte, geht’s zum Olympiastadion? Stellen musste ich diese Frage dann nicht. Denn es war alles ganz einfach. Die Antwort gaben die Anhänger. Immer den Leuten hinterher. Verrückt, dachte ich, die wollen alle das sehen, wohin es auch mich zog: Endlich im Stadion und nicht nur vor der Glotze den Sport sehen, der den bis dahin zweimaligen Welt- und zweimaligen Europameister als Fußball-Weltmacht auszeichnet. Mindestens 30.000, vielleicht auch 35.000 waren als Union-Fans auszumachen. Naja, das Spiel selbst hat mich, ehrlich, nicht vom Hocker gehauen. Außerdem wurde es von Minute zu Minute kälter. Aber die Atmosphäre, das Drumherum, der Aufbruch in eine neue Zeit, das Wissen um eine gemeinsame Zukunft haben auch mich gefesselt.
Dass ich aufgrund meines Berufes die Spieler von Hertha BSC auch durch die Entwicklung der beiden Vereine durch die Teilnahme an der Champions League hier und den kurzzeitigen Absturz in die Viertklassigkeit da viel besser kannte als jene von Union – das habe auch ich nicht geahnt. Aber ein Andenken an ein einmaliges Fußballspiel wird immer einen besonderen Platz behalten: jener Wimpel, bei dem oben BERLIN 1990 steht, darunter die blau-weiße Hertha-Fahne und das rote Union-Emblem abgebildet sind sowie wiederum darunter das Olympiastadion zu sehen ist. Eigentlich ist diese Gedankenstütze nicht nötig, denn es gibt diese Tage, die sich von ganz allein in das Gedächtnis brennen. Dieser 27. Januar 1990 ist bei mir einer von ihnen.