Vom Jäger zum Gejagten
Teams | 26. Februar 2013, 14:54 Uhr

Vom Jäger zum Gejagten

Vom Jäger zum Gejagten

Hertha BSC führt nach dem Heimsieg gegen den 1. FC Kaiserslautern die Tabelle der Zweiten Liga an.
Berlin - So richtig zur Ruhe kam Siegtorschütze Peer Kluge am Montagabend nach dem Heimerfolg gegen den Drittplatzierten aus Kaiserslautern nicht. Nachdem er zu Hause angekommen war, startete gerade die Wiederholung des Spiels im Fernsehen, die sich der Mittelfeldspieler genüsslich in voller Länge anschaute. "Nach so einer Partie kann man nicht gleich schlafen, da ist man noch zu aufgewühlt von den Erlebnissen", erklärt der 'nachtaktive' Kluge am Morgen danach. Am Vorabend sorgte er mit seinem Treffer in der 68. Spielminute für drei wichtige Punkte im Aufstiegsrennen, dennoch will der dreifache Saisontorschütze diesen Erfolg nicht zu groß aufblasen. "Wir müssen davon wegkommen, dass wir uns jetzt einreden lassen, schon aufgestiegen zu sein", ermahnt er das Umfeld. "Je mehr wir uns das einreden, desto schneller kehrt der Schlendrian ein."

Deutliche Worte von dem Mann, der in den wichtigen Momente zur Stelle ist – beim VfL Bochum und in Cottbus ebnete der Schalterspieler mit seinen Führungstoren den Weg für die Auswärtssiege der Herthaner, gegen Kaiserslautern war es gar der Goldene Treffer. Dass innerhalb der Mannschaft eine Selbstzufriedenheit in Anbetracht von nunmehr dreizehn Punkten Vorsprung auf den Aufstiegsrelegationsrang eintritt, bezweifelt Kluge und gibt eine handfeste Begründung dafür ab: "Unser Trainer weiß genau, wie das Geschäft läuft und wenn er erkennt, dass jemand sich nicht voll reinkniet, wird er dazwischenhauen." Allerdings werde das nicht nötig sein, ergänzt der Partner von Kapitän Peter Niemeyer im zentralen Mittelfeld. "Alle wissen um die großartige Chance, die sich uns bietet, und werden hart weiterarbeiten."

Feeling für das Wechselspiel

Auch Herthas Cheftrainer Jos Luhukay will sich nicht auf verfrühte Lobgesänge und Aufstiegsfreuden einlassen. "Solange wir nicht endgültig den Aufstieg perfekt machen, will ich die Konkurrenz um keinen Millimeter an uns herankommen lassen", nimmt er den restlichen Aufstiegsaspiranten den Wind aus den Segeln, die nun auf einen freudetrunkenen und dadurch schwächelnden Hauptstadtklub hoffen. "Diese Besessenheit zum Perfektionismus verkörpern wir alle", führt Luhukay fort, der seine Attacke-Ankündigungen gegen die 'Roten Teufel' konsequent umsetzte. Rasant startete sein Team in die Begegnung, setzte Kaiserslautern von Beginn an unter Druck und zog den Pfälzern so den Zahn. "Lautern war völlig überrascht von unserer Lauffreudigkeit und Aggressivität", zeigt sich der Holländer zufrieden mit der Einstellung seiner Truppe. "Leute wie Baumjohann und Bunjaku hatten doch dadurch nach fünfzehn Minuten keine Lust mehr."

Luhukay wollte im Vorfeld des Spiels einen offenen Schlagabtausch. Diese Hoffnung verpuffte aber nach einer knappen halben Stunde aufgrund des Platzverweises für FCK-Spieler Alexander Baumjohann. In der Folge mussten sich die Blau-Weißen wieder einmal mit einem kompakten und tief verteidigenden Gegner auseinandersetzen. "Wir haben das in Überzahl recht ordentlich gemacht", befindet Kluge, der das taktische Händchen seines Übungsleiters lobt: "Mit den beiden offensiven Wechseln hat er uns als Mannschaft unmissverständlich das Zeichen gegeben, voll auf Sieg zu spielen." Luhukay brachte bereits zu Beginn der zweiten 45 Minuten Pierre-Michel Lasogga, der frenetisch von den Anhängern für seinen ersten Heimauftritt nach überstandenem Kreuzbandriss gefeiert wurde, sowie eine halbe Stunde vor Abpfiff Sandro Wagner. Den beiden Stürmern mussten mit Peter Pekarik und Jay Brooks zwei Defensive weichen – ein perfekter Schachzug, wie Kluge findet: "Das hat uns wirklich gut getan. Der Trainer hat ein echtes Feeling für das Wechseln."

Nonplusultra in Sachen Mentalität

Durch den Sieg gegen die Pfälzer klettert Hertha BSC erstmals in dieser Spielzeit auf den 'Platz an der Sonne'. Nachdem die Mannschaft die erste Möglichkeit darauf im Heimspiel gegen Union Berlin liegengelassen hatte, klappte es nun im zweiten Anlauf. "Wir haben unsere Ausgangsposition nochmal verbessert", erläutert Luhukay mit dem Blick auf die Tabelle. Für seinen Schützling Kluge ist die Spitzenreiterposition allerdings nur ein netter Zusatz, allein der Aufstieg sei von Bedeutung. 23 Spieltage lang hechelte er mit Hertha in der 2. Bundesliga vor allem Eintracht Braunschweig hinterher, nun sind die Herthaner die Gejagten, was für den fleißigen Mittelfeldakteur nichts verändert: "Wir spielen unseren Stil genauso weiter, wir brauchen auch gar nichts ändern."

Genauso weiterspielen bedeutet, druckvoll und überzeugend dem Gegner das eigene Spiel aufdrängen. 62 Prozent Ballbesitz und 13:2 Torschüsse sprechen für Luhukay, auch trotz der nummerischen Überzahl gegen den FCK, eine deutliche Sprache. "Wir waren besser vorbereitet und mental stärker. Keine Mannschaft der Liga kann in Sachen Mentalität bei uns mithalten." Jetzt gilt es, am nächsten Samstag (02.03.13) gegen Dynamo Dresden nachzulegen. Dann kann Peer Kluge auch wieder mit voller Zufriedenheit die Wiederholung im Fernsehen genießen.

von Hertha BSC