Der clevere Schachzug mit dem Hirsch
Teams | 7. April 2013, 18:04 Uhr

Der clevere Schachzug mit dem Hirsch

Der clevere Schachzug mit dem Hirsch

Herthas nächster Gegner Eintracht Braunschweig revolutionierte mit der Trikotwerbung die Bundesliga.
Berlin - Wenn man vom Braunschweiger Turn- und Sportverein Eintracht von 1895 spricht, schwingt immer dieses gewisse Maß an Tradition in den Erinnerungen mit. Der 24. August 1963 ist ein Datum, das die Historie und den Stellenwert des Braunschweiger Fußballs versinnbildlicht. Als einer von sechzehn glücklichen Fußballklubs durfte der BTSV an der Premierensaison der neugegründeten Bundesliga teilnehmen.

Den emotionalen Höhepunkt der Vereinsgeschichte erlebten die Niedersachsen jedoch in der Saison 1966/1967, als sie den ersten und bislang einzigen deutschen Meistertitel an die Hamburger Straße, wo das Eintracht-Stadion steht, holen konnten. Noch bis in die Gegenwart zehren die leidenschaftlichen Anhänger der Blau-Gelben von dem Erfolg. Wie von der Tarantel gestochen, reißt es die Fanscharen in der 67. Minute eines jeden Spiels von ihren Sitzen, um den Helden von damals mit einem Gesang zu huldigen. Sechzehn Jahre lang hielt sich das Gründungsmitglied in Folge in der höchsten deutschen Spielklasse und kehrte nach einjähriger Zweitligaabstinenz zurück in die Beletage.
Als der Löwe dem Hirsch wich

In ihrer ersten Abstiegssaison revolutionierte die Eintracht mit einem Kräuterlikör die Bundesliga. Nein, die designierten Absteiger wollten den Frust über die drohende Zweitklassigkeit nicht im Alkohol ertränken, sondern Günter Mast – der damalige Unternehmenschef des Wolfenbütteler Schnapsfabrikanten 'Jägermeister' – engagierte sich für eine neuartige Form des Sponsoring. Mast, der später auch Präsident bei Eintracht wurde, warb mit dem markanten Logo seiner Firma – dem Kopf des Hubertus-Hirschs – auf den Trikots des Erstligisten. Zuvor entwickelte sich allerdings eine monatelange Fehde zwischen dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) und dem BTSV. Im Übrigen war es nicht Mast, der der Urheber dieser Idee war. Bereits 1967 lief Wormatia Worms mit Werbung des Baumaschinenherstellers 'Caterpillar' auf, was der DFB aber umgehend verbot.

Und auch im Fall der Braunschweiger legten die Bosse des deutschen Fußballs ihr Veto gegen die zum damaligen Zeitpunkt 'erschütternde' Form der Kommerzialisierung ein, sodass die neuen Eintracht-Leibchen in den Schränken verbleiben mussten. Allerdings gab sich Mast nicht geschlagen, sondern führte den DFB an der Nase herum und nutzte ein Hintertürchen. Der Verein veränderte kurzerhand sein Wappen und tauschte dabei den Löwen gegen den Hirsch ein. Der DFB stimmte dieser Veränderung zu und fortan prangte das Logo des Kräuterlikör-Produzenten getarnt als Vereinswappen auf der Brust der Spieler. Weitere Versuche, den Verein in 'Jägermeister Braunschweig' umzubenennen, scheiterten und im Jahr 1987 erkämpfte sich dann auch der Löwe seinen angestammten Platz im Wappen zurück.
Finanzieller Größenwahn

Was von Günter Masts cleveren Schachzug blieb, ist der Gewinn einer unentbehrlichen Werbefläche für die Fußballklubs. Als wichtige Finanzquelle spült diese Sponsoringmaßnahme vermutlich mehr Geld in die Kassen der Vereine als Liter 'Jägermeister' die Kehlen hinuntergeschüttet werden. Dass Geld im Endeffekt doch keine Tore schießt, zeigt sich auch beim Team aus der Löwenstadt. Zum Ende der 1970er Jahre versuchten die Verantwortlichen, mit großen finanziellen Aufwendungen den Verein in eine erfolgreiche Zukunft zu hieven. Mit der Verpflichtung von Welt- und Europameister Paul Breitner sorgten die Braunschweiger für viel Aufsehen. Allerdings brachten diese Investitionen nicht den nötigen sportlichen Effekt mit sich. Im Gegenteil: Die Niedersachsen gerieten in gehörige finanzielle Schwierigkeiten.

Nach dem Absturz in die Zweit- und Drittklassigkeit starteten die 'Löwen' einen Neubeginn. Auch der Ex-Herthaner Marc Arnold, der seit 2008 die sportliche Leitung beim BTSV inne hat, hatten seinen Anteil am neuen Aufwind des Klubs. "Wir haben Eintracht Braunschweig wirtschaftlich neu aufgestellt. Unser Ziel war es, die sportliche Qualität nach vorne zu bringen. Das ist uns gelungen. Es macht Spaß in Braunschweig zu arbeiten, weil wir die Zeit haben, hier etwas aufzubauen", sagt Arnold, der die Tradition und Zukunft des Vereins in Einklang bringt. Nach 27 Spielen einer beeindruckenden Zweitligasaison steht der Braunschweiger Turn- und Sportverein Eintracht von 1895 als Tabellenzweiter vor der Rückkehr in die 1. Bundesliga, der man zuletzt in der Spielzeit 1984/1985 angehörte. Am Montag (08.04.13) macht die Truppe von Coach Torsten Lieberknecht Station bei Hertha BSC. Die letzten Punkte müssen die Braunschweiger jedoch woanders sammeln, um hinter den Herthaner als zweiter Kultklub im kommenden Jahr die Erste Liga zu bereichern.

von Hertha BSC