Der Zauber eines ungleichen Paares
Teams | 21. April 2013, 17:29 Uhr

Der Zauber eines ungleichen Paares

Der Zauber eines ungleichen Paares

John Anthony Brooks und Fabian Lustenberger haben sich zwar nicht gesucht, aber gefunden.

Berlin - Manchmal gibt es ihn, diesen noch immer ergreifenden Moment. Da steht dieser junge Mann, mit seinen 193 Zentimetern Körpergröße ein Kerl wie ein Baum, erstmals auf einem Mannschaftsposter einer Profi-Mannschaft. Sein Name: John Anthony Brooks. Zweitligaspiele vor Beginn der Saison: null. Bundesligaspiele vor der Saison: erst recht null!

Fabian Lustenberger kann sich noch gut an diesen Moment erinnern, als er in einer vergleichbaren Situation war. Im Sommer 2006 tauchte er erstmals im Profikader des FC Luzern auf, gab am 19. Juli sein Debüt in der Schweizer Super League. Um den ersten Sieg zu feiern, musste der damals gerade 18-jährige Lustenberger mit seinem Team drei bittere Niederlagen einstecken. Aber er biss sich durch.

Dem Tief folgt ein magischer Moment

Ganz so schlimm erging es John Anthony Brooks nicht. Dabei geht es gar nicht darum, dass er bei seinem Debüt im Profi-Team von Hertha BSC 'schon' 19 Jahre alt ist. Aber das Siegen ist auch ihm nicht so dahergeflogen. Aus seinen ersten vier Einsätzen hat er lediglich einen Dreier vorzuweisen, das 1:0 gegen Dynamo Dresden. Und von Stammspieler, wie es Lustenberger vor Jahren auf Anhieb geschafft hat, kann zu Saisonbeginn auch nicht die Rede sein. Nach Spiel zwei und einem katastrophalen Rückpass auf Sascha Burchert, der den Torhüter zu einem Foul zwang, das ihm einen Platzverweis einbrachte, und dem 1:3 beim FSV Frankfurt war Brooks wieder draußen. „Ich bin erst einmal in ein Tief gekommen“, erinnert er sich. Und: „Das ist es für manchen Spieler dann schon mit seiner großen Karriere gewesen.“ Nicht aber für ihn. Er hat Talent, Beharrlichkeit und auch ein bisschen Glück.

Außerdem gibt es da diesen einen im Nachhinein magischen Moment, in dem sich der Schweizer und der Deutsch-Amerikaner zu einem Paar finden, aus dem im Laufe der Saison so etwas wie ein Traumpaar wird. Und das auch noch auf „falschen“ Positionen. Immer öfter und immer besser bilden der Mittelfeldspieler (manchmal offensiv, manchmal defensiv) Lustenberger und der Verteidiger Brooks das Innenverteidiger-Paar. Sie ergänzen sich so, als hätten sie schon viele Jahre auf dieser Position gestanden, als hätten sie nie etwas anderes gemacht, als sich abzustimmen und sich aufeinander verlassen zu können. Entscheidend ist, dass Jos Luhukay an den schmächtigen Jungen glaubt. „Unser Trainer steht echt auf junge Spieler“, sagt der Senkrechtstartet, „er gibt dir Vertrauen und holt alles aus dir heraus.“ Die Erwartung, die Luhukay im Gegenzug an den jungen Wilden (und nicht nur an ihn) hat: Die Spieler müssen auch wollen. Und dann fallen schon mal Sätze wie dieser: „John ist ein Junge mit hohem Potenzial, der sich noch in allen Bereichen entwickeln kann.“

Aus der Startelf ist Brooks nicht mehr wegzudenken


Welche Entwicklung dieser Junge bisher genommen hat, ist schier unglaublich. Aus der Startelf ist der junge Mann, der die Optionen hat, international für den DFB (seine Mutter Manuela ist Deutsche) oder das US-Team (sein Vater John ist US-Amerikaner) zu spielen, sich aber erst noch entscheiden kann. Das Phänomenale an seiner Entwicklung ist zudem: Bei seinen 23 Einsätzen bis zum geschafften Aufstieg kassierte er keine einzige Gelbe Karte und spielte kaum einmal foul. Darüber freut er sich mit am meisten und sagt: „Rustikal kann ich auch, aber ich versuche, die Situation vorher gut einzuschätzen, damit ich gar nicht erst in Versuchung komme, einen Freistoß zu verursachen.“

Diese Eigenschaft hat auch Jos Luhukay erkannt und lobt seinen Schützling: „Er kann Situationen gut erkennen, hat ein gutes Stellungsspiel und ein gutes Timing. Und er zeigt eine Konstanz, die nicht selbstverständlich ist in seinem Alter.“ Das hat er aber vor allem auch seinem starken Nebenmann zu verdanken, Fabian Lustenberger, der ihn führt. Dem Schweizer gefällt die Art und Weise, wie sich Brooks entwickelt hat: „Er ist ein Riesentalent, das seinen Weg bisher gut gegangen ist. Es macht Spaß, mit ihm zu spielen. Es passt ganz einfach.“

Das sportliche Glück kehrt zu Lustenberger zurück

Ein ganz klein wenig hat aber auch Lustenberger an der Seite von Brooks sein sportliches Glück (das familiäre hat er zu Hause mit seiner Monique und dem gemeinsamen Söhnchen Jonas Jan) zurückgefunden. Immer wieder wurde er in der Vergangenheit von Verletzungen zurückgeworfen, immer wieder kamen Blessuren dazwischen. Es hatte schon den Anschein einer Seuche. Diese Leidenszeit ist zum Glück vorbei, Lustenberger spielte und spielt in dieser Aufstiegs-Saison so stabil wie noch nie in seinen inzwischen sechs Jahren bei Hertha BSC. Allen bisherigen Kritikern hat er es gezeigt. Vom dritten Spieltag an ist er immer dabei, seit Runde 4 hat er in 27 Spielen bis zum geschafften Aufstieg keine Minute gefehlt, auf 28 Saisoneinsätze ist er für Hertha BSC noch nie gekommen.

Natürlich geht ihm das hinunter wie Öl. „Es ist schon ein bisschen Genugtuung dabei, es all jenen gezeigt zu haben, die mir abgesprochen haben, auf diesem Niveau zu spielen“, sagt er, „so viele Spiele am Stück für einen, der nicht fußball-tauglich ist, ist doch ganz gut.“ Es ist tatsächlich wie im Märchen. Das Happyend aber steht noch bevor. Es ist nicht auszudenken, wenn der Zauber dieses eigentlich ungleichen Paares auch in der Bundesliga anhält.

von Hertha BSC