Das Fundament der Franken
Teams | 15. August 2013, 12:38 Uhr

Das Fundament der Franken

Das Fundament der Franken

Vom Aufsteiger zum etablierten Bundesligaverein. Das ist der 1. FC Nürnberg.

Berlin – Nach dem historischen Auftaktsieg gegen Eintracht Frankfurt (6:1), wartet am kommenden Spieltag der 1. FC Nürnberg auf den zumindest vorrübergehenden Spitzenreiter aus der Hauptstadt. Der FCN spielte am ersten Spieltag gegen die TSG 1899 Hoffenheim 2:2 unentschieden, allerdings lagen die Nürnberger zwischenzeitlich 0:2 zurück und konnten zumindest einen Punkt aus Sinsheim entführen. Zieht man die Vergangenheit zum Vergleich heran, dann steht die Fahrt nach Nürnberg unter keinem guten Stern. Die Auswärts-Bilanz gegen den 'Club' sieht für die Berliner nämlich alles andere als berauschend aus. In 20 Spielen konnten die Herthaner nur vier Spiele gewinnen, spielten fünf Mal unentschieden und verloren 11 Partien. Allerdings besagte die Vergangenheit bis zum letzten Samstag auch, dass Hertha BSC nach einem Aufstieg nie ein Auftaktspiel gewinnen konnte, was am Samstag gegen Frankfurt jedoch eindrucksvoll widerlegt wurde.

Bleiben wir zunächst einmal in der Vergangenheit. Der 1. FC Nürnberg wurde am 4. Mai 1900 von 18 Gymnasiasten zunächst als Rugby-Verein gegründet. Da die Nürnberger nicht die Mindestanzahl von 30 Spielern stellen konnten, beschloss man bereits im Juni des selben Jahres, nach den Regeln der englischen FA (Football Association), Fußball zu spielen. Das erste Spiel der Vereinsgeschichte wurde mit 2:0 gegen den 1. FC Bamberg gewonnen. Die erste Niederlage erlitten die Nürnberger ausgerechnet gegen den großen Rivalen FC Bayern München und verloren mit 0:6. Die Höhe der Niederlage veranlasste den leitenden Spieler Fritz Servas – aus Berlin – ein regelmäßiges und ernsthaftes Training einzuführen. Nürnberg gehörte 1905/06 zu den Gründungsmitgliedern der Bezirksliga Nordbayern und prägte den Fußball in Bayern in den Folgejahren. Durch den englischen Hintergrund des Fußballsports und der Dominanz der Nürnberger in Bayern, erhielt der Verein den einfachen Spitznamen 'Club', weil sie zu der damaligen Zeit der Klub schlechthin waren. Der FCN gewann in den 1920er Jahren insgesamt fünf Mal die deutsche Fußballmeisterschaft, welches auch immer noch das erfolgreichste Jahrzehnt der Vereinsgeschichte ist. Bis zum Jahr 1987 waren die Nürnberger mit neun Meisterschaften über 60 Jahre lang deutscher Rekordmeister, bevor der FC Bayern München den 'Club' ablöste.

Aufstieg und Etablierung in der Bundesliga

Betrachtet man hingegen die jüngere Vergangenheit der Nürnberger, dann stellt man seit dem Aufstieg in der Saison 2009/2010 eine kontinuierliche Entwicklung fest. Michael Oenning, der den 'Club' in die Bundesliga zurückführte, startete nicht wirklich gut in die höchste deutsche Spieklasse und musste den Verein nach einer sehr mäßigen Hinrunde verlassen. In der Winterpause übernahm Dieter Hecking den Trainerjob beim FCN und beendete die Saison auf dem Relegationsplatz. Das Duell gegen den FC Augsburg, mit ihrem damaligen Trainer Jos Luhukay, wurde mit zwei Siegen erfolgreich bestritten – Nürnberg blieb erstklassig.

Die Spielzeit 2010/11 wurde deutlich erfolgreicher und die Handschrift des Trainers wurde sichtbar. Hecking führte den 1. FC Nürnberg mit einer sehr guten Rückrunde auf den sechsten Tabellenplatz und verpasste nur knapp das internationale Geschäft. In der nachfolgenden Saison erreichte Nürnberg nicht die Höhen des vorherigen Jahres, allerdings bestätigte man indirekt die Vorjahresleistung und landete auf einem soliden 10. Platz der Abschlusstabelle. In der vergangenen Spielzeit (2012/13) verließ mit Trainer Dieter Hecking die wohl wichtigste Personalie den 'Club' in der Winterpause und wechselte zum VfL Wolfsburg. Mit Michael Wiesinger, der vorher die zweite Mannschaft der Nürnberger leitete und bereits mit den FC Ingolstadt 04 in der zweiten Liga Erfahrung sammelte, übernahm ein junger, aber in der Bundesliga unerfahrener Trainer den 'Club'. Der FCN befand sich zum Zeitpunkt des Trainerwechsels auf Tabellenplatz 14, konnte unter Wiesinger allerdings bis zum Saisonende wieder auf Platz zehn vordringen.

Sportlich und wirtschaftlich solide

Der zehnte Tabellenplatz schreit zunächst nach ‚grauem Mittelmaß‘, ist aber eigentlich genau das Gegenteil für eine Mannschaft, die vor vier Jahren aufgestiegen ist und seit Mitte der 1980er Jahren als Fahrstuhlmannschaft galt. Der Verein hat sich in der Bundesliga etabliert, ist sportlich und wirtschaftlich solide und schafft eine Basis für die Zukunft. Dieter Hecking war der Architekt dieses Fundaments in Nürnberg, auf welches Michael Wiesinger aufzubauen versucht. Die getätigten Transfers der letzten Jahre standen meistens unter dem Aspekt „ gut und günstig“. Der FCN agierte desöfteren mit talentierten jungen Leihspielern, wie Mehmet Ekici, Julian Schieber oder Daniel Didavi. Nebenbei verpflichtete Nürnberg immer wieder vielversprechende Talente, wie beispielsweise Ilkay Gündogan, Phillip Wollscheid oder Timm Klose, die dann mit einem deutlichen Gewinn wieder verkauft wurden und dem Verein den sportlichen Verlust durch finanziellen Zuwachs erleichterten.  

Mit Daniel Ginczek (22) von Borussia Dortmund und Josip Drmic (21) vom FC Zürich, verpflichteten die Franken in dieser Saison zwei junge Offensiv-Talente. Mit Emanuel Pogatetz kam vom VfL Wolfsburg ein Abwehr-Routinier, der den in die andere Richtung gewechselten Timm Klose ersetzen soll. Almog Cohen (FC Ingolstadt) und Timmy Simons (FC Brügge) verließen die Nürnberger ebenfalls diesen Sommer. Das dadurch hinterlassene Loch in der Zentrale, soll mitunter von Nikas Stark gefüllt werden. Club-Trainer Michael Wiesinger traut dem 18-jährigen Talent aus Nürnbergs eigenem Nachwuchsleistungszentrum für die kommende Saison einiges zu. Dass die 'Clubberer' allerdings noch nicht das volle Leistungsvermögen ausgeschöpft haben, zeigt die Niederlage und das damit verbundene Ausscheiden im Elfmeterschießen gegen den SV Sandhausen. Zwar zeigte die Mannschaft gegen Hoffenheim eine Reaktion und  eine sehr starke Phase in der zweiten Hälfte, hatte bei Kevin Vollands zu Unrecht aberkanntem Tor in der ersten Halbzeit dennoch ein wenig Glück. Das Trainerteam um Michael Wiesinger, zu dem unter anderem auch Ex-Club Legende Marek Mintal (einziger Torschützenkönig der Vereinsgeschichte) gehört, hat zu Saisonbeginn noch einiges an Arbeit vor sich, um das durchaus vorhandene Fundament um eine Ebene zu erweitern und auszubauen.

von Hertha BSC