
Felsenfestes Vertrauen
Felsenfestes Vertrauen

Berlin - Am siebten Spieltag empfängt Hertha BSC den FSV Mainz 05 im Berliner Olympiastadion. Die Mannschaft von Trainer Thomas Tuchel rangiert momentan auf dem siebten Tabellenplatz und konnte die gute Form der ersten drei Spieltage (drei Siege) zuletzt nicht halten. Die letzten drei Bundesliga-Begegnungen gingen allesamt verloren und auch im Pokal schieden die Mainzer gegen den 1. FC Köln aus.
Der 1. Fußball- und Sportverein Mainz 05 e.V. wurde im März 1905 gegründet und entstand aus einigen Vorgängervereinen. Das exakte Gründungsdatum ist nicht überliefert. Während Nachkriegsquellen vom 16. März berichten, ist in Festschriften vom 20. und 25. Jubiläum vom 27. März die Rede. Die Vereinsfarben der Rheinhessen sind Rot-Weiß und das Stadion der Mainzer ist die 2011 eröffnete Coface Arena, in der knapp 34.000 Zuschauer Platz finden. Die größten sportlichen Erfolge der '05er' sind unter anderem die Aufstiege in die Bundesliga, die Teilnahme am UEFA-Cup 2005/06 und das Erreichen des Halbfinals des DFB-Pokals.
Die Ära Klopp
Eine der wohl wichtigsten Entscheidungen des Vereins ereignete sich in der Fastnacht im Jahr 2001. Mainz war akut abstiegsbedroht und entließ am Rosenmontag den damaligen Trainer Eckhard Krautzun. Nachfolger wurde Abwehrspieler Jürgen Klopp, der bereits unter Krautzun der verlängerte Arm des Trainers war. Klopp verfügte zwar nicht über einen Trainerschein, absolvierte aber erfolgreich ein Sportstudium. Mainz gewann sechs der verbleibenden sieben Pflichtspiele und schaffte den Klassenerhalt in der zweiten Liga. Die folgenden Spielzeiten unter 'Kloppo' und der zwei dramatisch verpassten Aufstiegen, brachten dem Verein über die Stadtgrenzen hinweg Sympathien ein. 2003/04 war es dann endlich so weit. Obwohl Mainz gegen Ende der Saison fast nicht mehr in Schlagdistanz war, startete die Mannschaft in den letzten fünf Spielen eine Serie. Die '05er' gewannen vier der fünf Spiele und holten ein Remis. Durch den 3:0-Sieg der Mainzer am letzten Spieltag und die gleichzeitige 0:1-Niederlage des Aufstiegskonkurrenten Alemannia Aachen beim Karlsruher SC, stiegen die Rheinhessen am letzten Spieltag endlich auf. Dies geschah erneut mit einem Rekord - nie zuvor reichten 54 Punkte in der zweiten Liga für den Aufstieg.
In der Bundesliga galten die Mainzer zunächst als sicherer Abstiegskandidat, konnten die Saison aber auf einem guten 11. Tabellenplatz abschließen und erreichten über die Fair-Play-Wertung sogar einen Platz im UEFA-Cup. Dort scheiterten die Rheinhessen letztendlich am späteren Sieger FC Sevilla. In der Folgesaison erreichten die Mainzer erneut den 11. Tabellenplatz und konnten den Nicht-Abstieg bereits am vorletzten Spieltag feiern. In der dritten Bundesliga-Spielzeit konnten die Mainzer sich nicht mehr in der Bundesliga halten und landeten am Ende auf Platz 16. Jürgen Klopp blieb der Mannschaft treu und trat den Gang in die zweite Liga an. Im Unterhaus spielten die Mainzer bis zum Ende der Saison um den Aufstieg mit, landeten aber letztendlich nur auf dem vierten Platz und verpassten den Aufstieg mal wieder knapp. Publikumsliebling Jürgen Klopp gab nach dem Nicht-Aufstieg bekannt, dass er den Verein verlassen wird und schloss sich aber der Saison 2008/09 Borussia Dortmund an. Bei seinem Abschied auf dem Gutenbergplatz kamen schätzungsweise 15.000 Fans, um sich von 'Kloppo' gebührend zu verabschieden.
Mainzer Tugenden: Vertrauen und Kontinuität
Viele Vereine reden von Vertrauen und Kontinuität, aber setzen es letztendlich nicht um. Mainz unterscheidet sich in diesem Punkt von den anderen Vereinen. Klub-Präsident Harald Strutz, dessen Vater bereits 05-Boss war, feierte kürzlich sein 25. Amtsjubiläum, während Manager Michael Heidel inzwischen auch seit über 21 Jahren fest im Sattel sitzt. Auch Trainer Thomas Tuchel, der Aufstiegstrainer Jörn Andersen zum Bundesliga-Start 2009/10 ersetzte, ist inzwischen seit über vier Jahren im Amt. "Es geht um Vertrauen, um Verständnis, Respekt und fairen Umgang. Wenn das alles da ist, kann man auf allen Ebenen viel Sicherheit geben", erklärte Präsident Harald Strutz und fügte hinzu: "Das ist unser Erfolgsgeheimnis". Zusammen kommt das Führungs-Trio auf über bemerkenswerte 50 Jahre Erfahrung - der Topwert in der Bundesliga. Mainz hat eine klare Philosophie und sucht sein Personal nach eben dieser akribisch aus. Auch Niederlagen oder ein Abstieg, wie im Fall Jürgen Klopp, ändern nichts an dem Vertrauen, dass die Führungsebene dem Trainer entgegebenbringt.
Thomas Tuchel zahlt dieses Vertrauen zurück und etabliert Mainz inzwischen seit seiner Amtsantritt kontinuierlich in der Bundesliga. Die Platzierungen seit seiner Übernahme sind: Neunter, Fünfter, Dreizehnter und Dreizehnter. Dabei muss der Trainer immer wieder hochwertige Abgänge kompensieren, die sich nach starken Leistungen in den Fokus der größeren Vereine gespielt haben. Beispiele dafür sind Andre Schürrle, der erst zu Leverkusen wechselte und jetzt für den FC Chelsea aufläuft oder Adam Szalai, den Schalke 04 vor der Saison für viel Geld verpflichtete. Auch Lewis Holtby, den Tuchel damals vom Schalke lieh, blühte in Mainz auf, avancierte zum Nationalspieler und kehrte letztendlich nach Gelsenkirchen zurück, konnte dort aber nicht an die Leistungen anknüpfen. Die Rheinhessen können nicht viel Geld ausgeben und setzen deshalb unter anderem auf die durchaus erfolgreiche Jugendarbeit. Vor der Saison gab Mainz zwölf Spieler ab, unter anderem Säulen des Teams wie Jan Kirchhoff (FC Bayern), Adam Szalai (Schalke 04) oder Andreas Ivanschitz (UD Levante). Acht Neuzugänge stehen auf der Haben-Seite. Shinji Okazaki (VfB Stuttgart) und Joo-Ho Park (FC Basel) sind mit 27 und 26 Jahren die erfahrensten Zugänge, während mit Christoph Moritz (Schalke 04), Sebastian Polter (VfL Wolfsburg), Julian Koch (Borussia Dortmund), Johannes Geis (SpVgg Greuther Fürth), Dani Schahin (Fortuna Düsseldorf) und Todor Nedelev (Botev Plovdiv) junge und entwicklungsfähige Talente kamen, von denen keiner über 23 Jahre alt ist. Nach drei Siegen aus den ersten drei Bundesliga-Spielen erhielten die Mainzer mit drei Niederlagen aus den nächsten drei Bundesliga-Begegnungen vorerst einen Dämpfer, der nach dem Pokal-Aus gegen den 1. FC Köln gipfelte. Die Mainzer stehen momentan dennoch auf einem guten siebten Tabellenplatz und wollen in Berlin zurück in die Erfolgsspur. Doch selbst bei einer Niederlage würde die Führungsetage hinter Trainer Thomas Tuchel stehen, denn das Vertrauen wird nirgendwo größer geschrieben, als in Mainz.