"Dann kann man auch Real Madrid schlagen"
Akademie | 1. Oktober 2013, 12:52 Uhr

"Dann kann man auch Real Madrid schlagen"

"Dann kann man auch Real Madrid schlagen"

Herthas neuer U15-Trainer Pal Dardai im herthabsc.de-Interview.
Berlin - Seit Beginn der Spielzeit ist Pal Dardai Trainer von Herthas U15 und damit Nachfolger von Ante Covic, der im Sommer die U19-Junioren von Hertha BSC übernahm. Gemeinsam mit seinem Trainerteam Jochem Ziegert und Admir Hamzagic blicken die C-Junioren auf einen bemerkenswerten Saisonstart zurück. Drei Siege aus drei Spielen in der Talenteliga Mitteldeutschland mit einer Torausbeute von 22:0 stehen ebenso zu Buche wie zwei souverän gemeisterte Runden im Berliner Pokal.

Am vergangenen Wochenende stand das bisher größte Higlight der noch jungen Saison an: Die Truppe von Pal Dardai war zu einem U15-Turnier der englischen Premier League eingeladen und holte sich gegen Mannschaften wie Chelsea, Manchester City oder Real Madrid den Titel. Im Interview mit herthabsc.de sprach Herthas ungarisches Urgestein unter anderem über seine neue Mannschaft, das besondere Erlebnis in England und die weiteren Saisonziele.

herthabsc.de: Die ersten Wochen als neuer U15-Trainer liegen hinter dir. Wie sieht dein erstes Fazit aus?
Dardai: Die Jungs haben den ganzen Sommer über sehr gut gearbeitet - auch wenn ich hin und wieder mal streng sein musste. (lacht) Auch unser Saisonstart in der Talenteliga Mitteldeutschland war bisher sehr gut.
herthabsc: Am Wochenende ward ihr zu Gast im Mutterland des Fußballs. Was hatte es damit auf sich?
Dardai: Wir haben die Einladung zu dem Turnier sehr kurzfristig erhalten. Unser Ziel war es, Erfahrungen im Vergleich mit anderen großen Leistungszentren zu sammeln - nicht nur gegen die englischen Mannschaften, auch der holländische und belgische Nachwuchs ist momentan sehr gut. Und Real Madrid ist in Spanien auch im Nachwuchsbereich eine der besten Adressen. Wir hatten also eine sehr gute Chance, die Fußball-Akademie von Hertha BSC auf internationalem Parkett zu vertreten.

herthabsc.de: Wie war der Eindruck vor Ort?
Dardai: Die ganzen Bedingungen, die wir in England vorgefunden haben, waren eine riesige Überraschung: Hervorragende Plätze und eine sehr gute Organisation. Und als wir dann den Titelverteidiger Chelsea, Manchester City und Newcastle zugelost bekommen haben, hatte sich die Reise schon vor dem ersten Spiel gelohnt, denn wir haben gewusst, dass wir mindestens drei Mal 50 Minuten gegen ganz starke Gegner Erfahrungen sammeln konnten.

herthabsc.de: Wie habt ihr die Mannschaft auf so namhafte Gegner eingestellt?
Dardai: Wir haben der Mannschaft zwei Schwerpunkte für die Offensive und Defensive mit auf den Weg gegeben, die wir sehen wollten. Nach der Gruppenphase haben wir die Analyse der drei Spiele auf DVD bekommen und abends gab es auch die Statistiken - Zweikämpfe, Ballbesitz, Torschüsse und so weiter. Damit konnten wir sehr gut mit der Mannschaft weiter arbeiten.
herthabsc.de: Welchen Eindruck hattest du von den Spielen? Worin lag der Schlüssel zum Erfolg?
Dardai: Die Premier League richtet dieses Turnier jedes Jahr für Mannschaften dieses Jahrgangs. Die englischen Mannschaften müssen sich qualifizieren und die ausländischen Teams werden eingeladen. Die Veranstalter waren wahrscheinlich ein bisschen enttäuscht, denn nach dem ersten Tage waren alle englischen Mannschaften ausgeschieden. Aber das täuscht am Ende, es war gar nicht einfach gegen sie zu spielen. Die haben richtig Gas gegeben, aber auch versucht, eher läuferische und kämpferische Mittel zu nutzen. Wir haben das angenommen, aber mehr auf das Spielerische gesetzt. Chelsea hatte 60% Ballbesitz, hat aber viel hinten herum gespielt. Am Ende haben wir sie 4:0 geschlagen. Im Halbfinale war Genk aus Belgien unser Gegner - eine sehr gut organisierte Mannschaft, bei der wir wussten, das sie zwei sehr schnelle Flügelspieler hatten. Aber die Mannschaft hat es sehr diszipliniert gemacht und am Ende hieß es auch 4:0.

herthabsc.de: Im Finale ging es gegen die 'Königlichen'. Wie seid ihr dieses Spiel angegangen?
Dardai: Da wir immer parallel zu unserem Finalgegner Real Madrid gespielt haben, hatte ich sie vorher nicht beobachten können. Wir hatten aber das Glück, dass beim PSV Einhoven zwei ungarische Jungs spielen. Nach deren Niederlage im Halbfinale gegen Real habe ich mit ihnen gesprochen. Die beiden haben mir gesagt, dass sie einen guten Spieler im Mittelfeld haben, der sehr gute Bälle in die Schnittstellen der Abwehr spielen kann - also haben wir dafür gesorgt, dass diese Schnittstellen nicht mehr existierten. In der Halbzeit habe ich mit Max Mulack einen schnellen Spieler vorne reingestellt, um mehr auf Konter zu setzen - beide Teams waren schon ein bisschen müde. Und ich war mir sicher, dass die Mannschaft gewinnt, die mehr Geduld hat und das erste Tor erzielt - und das waren wir. Die Jungs haben so gut gearbeitet - beim Sieg hatte ich eine Gänsehaut.
herthabsc.de: Wie ist deine Einordnung dieses Erfolges?
Dardai: Der Sieg ist nicht nur toll für uns, er ist auch eine Auszeichnung für die Arbeit in unserer Fußball-Akademie, denn es haben auch schon viele andere Trainer mit dieser Mannschaft gearbeitet. Die Jungs haben eine Aufgabe: Nicht zufrieden sein und immer weiter nach vorne schauen. Und das machen sie gut. In der Liga haben sie 6:0 gegen Halle gewonnen, aber in England war es schon ein ganz anderes Tempo. Ich hoffe, dass wir uns so gut präsentiert haben, dass wir wieder mal eine Einladung bekommen.

herthabsc.de: Du hast deine Mannschaft nun seit einigen Monaten unter deinen Fittichen. Wie schätzt du sie ein?
Dardai: Das ist schon ein wirklich sehr guter Jahrgang. Jeder einzelne Spieler besitzt ganz besondere individuelle Stärken. Jedem traue ich zu, einmal den Sprung in die Bundesliga zu schaffen, denn jeder hat eine Ausnahmefähigkeit. Aber das Turnier in England haben sie gewonnen, weil sie zusammen Fußball gespielt haben. Als Mannschaft haben sie die notwendige Handlungsschnelligkeit vom Kopf her, ein sehr gutes Umschaltspiel und sind auch läuferisch stark. Alles Faktoren, auf die es beim Fußball ankommt. Als Trainer kommt es darauf an, diese Automatismen zu schulen. Dann kann man auch Real Madrid schlagen.

herthabsc.de: Wie sieht jetzt die tagtägliche Trainingsarbeit aus?
Dardai: Bei der Umstellung vom Kleinfeld auf den großen Platz hat damals Taskin Aksoy sehr viele Automatismen einstudiert, letztes Jahr waren sie bei Stefan Meisel und dieses Jahr sind sie bei mir. Ziel ist es jetzt, als Mannschaft aufzutreten, weil sich nicht mehr alles durch individuelle Klasse lösen lässt. Ich möchte, dass meine Mannschaft vertikal spielt, nachschiebt und miteinander kombiniert. Das machen wir Tag und Nacht, und das sieht schon sehr gut aus. Wenn du Spiele gewinnen willst, musst du Zweikämpfe gewinnen und laufen und deinen Mitspieler absichern. Alleine kannst du vielleicht mal ein Spiel gewinnen, aber nur zusammen kannst du wirklich erfolgreich sein.
herthabsc.de: Welche Rolle spielt dabei dein Trainer- und Funktionsteam?
Dardai: Ich arbeite mit einem richtig guten Trainerstab zusammen. Alle - Jochem Ziegert, Admir Hamzagic oder auch Roswitha Pritzel - haben bisher auf höchstem Niveau gearbeitet. Wir schmeißen alles zusammen, was wir haben und das scheint sehr gut zu passen. Es kann sein, dass ich manchmal streng bin, aber das gehört dazu.

herthabsc.de: Wie siehst du deine Rolle als Trainer?
Dardai: Natürlich musst du als Trainer auch ein Vorbild sein. Ich bin immer ehrlich zu den Jungs. Sie müssen dann entscheiden, ob sie mitmachen, oder nicht. Ich rede mit jedem einzelnen Spieler wie mit meinen eigenen Kindern. Meine Erfahrung ist nicht gering, vielleicht gibt es auch andere Wege, doch in meinen Augen kann man es nur schaffen, wenn man fleißig ist, leidenschaftlich immer wieder übt und spielt und für den Fußball lebt.

herthabsc.de: Welche Ziele stehen für diese Saison noch auf der Agenda?
Dardai: Letztes Jahr wurden wir in der Talenteliga nur Zweiter - das wollen wir in diesem Jahr wieder gerade rücken und zeigen, dass wir im Nordosten die Besten sind. Dann gibt es noch den Nike Premier Cup, bei dem wir zumindest einmal wieder das Deutschlandfinale gewinnen wollen. Das findet schließlich auch auf unserem Trainingsgelände statt. Im Berliner Pokal sind wir Titelverteidiger. Den Sieg wollen wir natürlich wiederholen. Und als kleines Ziel daneben habe ich der Mannschaft gesagt, dass ich kein Gegentor kassieren will, denn man muss auch Spaß daran finden, defensiv zu arbeiten. In den ersten drei Spielen in der Liga haben sie es sehr gut mit 8:0, 8:0 und 6:0 hinbekommen. Wenn am Ende hinten die Null steht, ist das genauso schön wie viele Tore zu schießen.

von Hertha BSC