Kirche und Sport miteinander verbinden
Club | 13. Oktober 2013, 20:00 Uhr

Kirche und Sport miteinander verbinden

Kirche und Sport miteinander verbinden

Dr. Bernhard Felmberg betreut ehrenamtlich als Pfarrer die Kapelle im Berliner Olympiastadion.
Berlin - „Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele?“ Weithin sichtbar strahlt der Bibelvers aus dem sechszehnten Kapitel des Matthäusevangeliums golden auf kardinalrotem Untergrund. Jeder, der aus den Katakomben des Olympiastadions den Weg zum Spielfeld antritt, streift mit seinen Blicken den Glanz der Worte. Die Kapelle im Olympiastadion ist nicht nur optisch ein besonderer Ort. So nahe am sportlichen Wettkampf stellen sich hier die existenziellen Fragen: Was ist ein Sieg wert? Wie weit gehen wir dafür? Würden wir alles aufs Spiel setzen?

Dieser Ort regt zum Nachdenken an in all dem Trubel der Welt - im Kosmos des Fußballspiels. Es ist ein Platz der Andacht, der Hoffnung und der Besinnung. Und es ist ein Raum für die Welt. Das goldene Oval- dem Olympiastadion nachempfunden - beherbergt Bibelverse, die übersetzt in 18 Sprachen an den Wänden zu lesen sind. Die Bibelverse spenden denen, die verlieren, Trost und Hoffnung und verweisen die Gewinner auf Gottes Gnade.

Von Anfang an Herthaner

„Ich bin froh, dass ich im Jahr 2002 die Kraft hatte, dieses Projekt anzustoßen - denn das Ergebnis ist einfach wunderbar“, erzählt Pfarrer Dr. Bernhard Felmberg. Gemeinsam mit dem katholischen Geistlichen Diakon Gregor Bellin betreut er ehrenamtlich die Kapelle im Olympiastadion.

Herthaner ist Dr. Felmberg von Kindesbeinen an. Geboren im Berliner Westen gab es für ihn von Anfang an nur einen Verein. Er selbst spielte während seiner Schulzeit in Wilmersdorf aktiv Fußball und blieb auch während seines Theologie-Studiums am Ball. „Die Kirche und Sport miteinander zu verbinden, war von Anfang an mein Ziel.“, berichtet der Pfarrer. 1999 wurde er von der Evangelischen Kirche in Berlin Brandenburg zum Sportbeauftragten ernannt und war damit für die rund 2500  Menschen verantwortlich, die im Rahmen der Evangelischen Sportarbeit Berlin-Brandenburg in den verschiedensten Sportligen als Protestanten sich sportlich betätigen. Seit 2010 hat er dieses Amt für die gesamte Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) inne. 2002 wurde die Idee, in das Olympiastadion eine Kapelle zu integrieren, geboren und schließlich 2006 nach einem langen bürokratischen und finanziellen Kampf im Zuge der Sanierung des Stadions realisiert.  Seitdem steht der ökumenische Andachtsraum Sportlern, Fans und Besuchern zur Verfügung.

Rehhagel überrascht Dr. Felmberg

Am Spieltag wird die Kapelle 90 Minuten vor Spielbeginn geöffnet. 45 Minuten vor Anpfiff der Partie beginnt die Andacht. 20 Minuten sportliche Verkündigung des Evangeliums. Das ist der Anspruch! Interessierte treffen sich am Spieltag am Eingang zum Block C vor dem Zugang zur Ehrenhalle. Hertha-Volunteers führen die Gruppen dann zur Kapelle. Diese Zusammenarbeit und reibungslose Organisation zwischen Kirche, Stadion und Fußballverein ist einmalig in Deutschland. „Die Kooperation mit Hertha BSC ist klasse und das Vertrauen sehr groß“, sagt Pfarrer Dr. Felmberg. Fans, Mitarbeiter von Hertha BSC, Verantwortliche und Mitglieder der Fanclubs, Fans der gegnerischen Mannschaften oder auch die Spieler finden hier Ruhe und schöpfen Kraft.

Bei der Frage nach besonderen Anekdoten in der nunmehr siebenjährigen Geschichte der Kapelle muss Dr. Felmberg schmunzeln. „Da gibt es einige, die erzählt werden können. Hier treffen – alleine schon durch die Führungen - täglich mehr Menschen aufeinander als in manch einer Kirche Berlins“, berichtet Dr. Felmberg. Da gab es z.B. den deutschen Jungen, der mit seinen Eltern in Asien lebt. Sein größter Wunsch: die Konfirmation in der Kapelle im Olympiastadion zu begehen. Oder die Jungs aus dem Hertha-Internat, die aufgrund der Entfernung zu ihren Heimatkirchen, sowohl den Konfirmanden-Unterricht als auch die Konfirmation in der Kapelle absolvierten. Nicht vergessen wird Dr. Felmberg auch die Begegnung mit Otto Rehhagel, Trainer von Hertha BSC in der Saison 2011/12: „Er kam in die Kapelle und zitierte auswendig Psalm 23: Der HERR ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf grüner Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele; er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen. Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und dein Stab trösten mich. Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.“ „Ich war baff“, sagt Dr. Felmberg, „Rehhagel hatte anscheinend einen guten Konfirmandenunterricht“.

Die Menschen, die hier Besinnung, Hoffnung, Kraft und Unterstützung suchen, bestimmen die Geschichten, die hier geschrieben werden. Dabei versuchen Pfarrer Dr. Bernhard Felmberg und Diakon Gregor Bellin, möglichst alle Wünsche und Ideen zu realisieren. „Wir haben hier Hertha-Fans getraut, getauft und um sie getrauert - respektvoll und voller Hingabe für ihren Glauben und ihren Verein. Wir verstehen uns als wichtiger Ansprechpartner in allen diakonisch-karitativen Belangen“, so Dr. Felmberg.

von Hertha BSC