Käfig-Kicker made in Berlin
Teams | 29. Oktober 2013, 17:50 Uhr

Käfig-Kicker made in Berlin

Käfig-Kicker made in Berlin

Änis Ben-Hatira über seinen Weg vom Straßenfußballer zum Profi und die Wiedersehen mit alten Freunden.

Berlin - Es sind ganz spezielle Wochen für Hertha-Profi Änis Ben-Hatira. Der gebürtige Berliner sorgt gerade nicht nur mit seiner Mannschaft für Furore in der Bundesliga, sondern trifft in zwei Spielen direkt hintereinander auch auf seine Jugendfreunde und Ex-Berliner Jerome und Kevin-Prince Boateng.

Im großen Interview auf www.herthabsc.de spricht die Nummer 10 der Herthaner über die Auswirkungen der Partie in München und die Begegnung mit seinem Kumpel Jerome Boateng. Außerdem blickt Ben-Hatira auf die gemeinsame Jugendzeit in den Berliner Fußball-Käfigen zurück und erklärt, warum es manchmal Ärger zu Hause gab und für was der Fußball zu Nebensache wurde.

Ebenfalls erläutert der Mittelfeldspieler die Bedeutung der kommenden Partie gegen Gelsenkirchen und schaut auf das Playoff-Rückspiel mit Tunesien in Kamerun Mitte November.

herthabsc.de: Änis, Ihr habt leider keine Punkte aus München mitnehmen können, aber für die Leistung viel Anerkennung bekommen. Tröstet das über die Niederlage hinweg?
Änis Ben-Hatira:
Es hört sich vielleicht blöd an, aber ein bisschen schon. Wir haben bei der besten Mannschaft der Welt richtig gut gespielt. Durch die Niederlage haben wir punktetechnisch vielleicht einen Schritt zurück, aber von der Aufmerksamkeit und vom Selbstvertrauen zwei Schritte nach vorne gemacht.

herthabsc.de: Was nehmt Ihr genau aus dem Spiel mit?
Ben-Hatira:
Es hat einfach Spaß gemacht, es steckt unendlich viel Potential in der Mannschaft. Die Leistung hat einfach Appetit auf mehr gemacht. Die Sehnsucht, die wir nach der Bundesliga hatten, macht uns so stark. Das bringen wir Woche für Woche auch auf den Platz. Man spürt bei jedem einzelnen den Ehrgeiz. Keiner ist zufrieden und lehnt sich zurück. Das lebt der Trainer auch vor.

herthabsc.de: Im Spiel gab es nicht nur das Wiedersehen mit deinem Freund Jerome Boateng, sondern sogar viele direkte Duelle. Wie war das für dich?
Ben-Hatira:
Irgendwie eine komische Situation (lacht). Aber jeder hat seine Aufgaben und gibt sein bestes für seine Mannschaft. Trotzdem ist es immer etwas besonderes, wenn wir aufeinander treffen.

herthabsc.de: Ihr seid beide in Berlin aufgewachsen, habt gemeinsam Fußball gespielt und eure Jugend zusammen verbracht. Was verbindet euch bis heute?
Ben-Hatira:
Viele Kindheitserinnerungen, viele schöne, aufregende und auch lustige Momente. Und mit der Initiative ‚Mitternachtssport’ engagieren wir uns für das gleiche Projekt in Berlin.

herthabsc.de: Die Initiative setzt sich für soziale Jugendarbeit ein, die es Jugendlichen ermöglicht, nachts, anstatt auf die Straße, in eine Sporthalle zu gehen. Wie bist Du dazu gekommen, dieses Projekt zu unterstützen?
Ben-Hatira:
Jerome hat mir davon erzählt, als ich zurück nach Berlin gekommen bin. Nach meinem ersten Besuch war für mich sofort klar, dass ich die Initiative unterstützen will. Ich habe eine sinnvolle Möglichkeit gesucht und gefunden, Jugendlichen zu helfen. Es ist eine Herzenzangelegenheit. Der Fußball und seine Eigenschaften sind weltweit die beste Sprache, um Jugendliche vor der ‚Straße’ zu bewahren.

herthabsc.de: Welche Tipps gibst Du den Jugendlichen, die dort noch immer für ihren Traum spielen, Profifußballer zu werden?
Ben-Hatira:
‚In dem, was du tust, sollst du der beste sein!’ Damit ist alles gesagt. Dieser Spruch hat mir geholfen und ich hoffe, er hilft anderen auch.

herthabsc.de: Im Wedding ist eine Hauswand von Hertha-Ausrüster Nike mit den Gesichtern der Boateng-Brüder bemalt worden. Das Motto: ‚Straßenfußballer made in Berlin’. Hat eure Vergangenheit dazu beigetragen, euren Traum nicht aus den Augen zu verlieren?
Ben-Hatira
: Absolut. Wir hatten alle diesen Traum. Die Zeit in den Käfigen hat uns geprägt. Auch das erste gemeinsame Spiel live im Olympiastadion werde ich nie vergessen. Das war schon beeindruckend.

herthabsc.de: Welche Erinnerungen hast Du an die ‚Panke’, der Fußballkäfig deiner Jugend?
Ben-Hatira
: Wir haben ja nicht nur in dem einen Käfig gekickt, es waren bestimmt sechs oder sieben. Wir haben dort täglich stundenlang gespielt. Wir hatten eine Menge Spaß und keiner wollte verlieren. Ich erinnere mich gerne an die Zeit zurück. Manchmal gabs auch richtig Ärger, wenn wir zu spät nach Hause kamen. Dann hat mir meine Mutter auch schon mal den Hintern versohlt (lacht). Wir haben einfach so lange gespielt, bis wir den Ball nicht mehr gesehen haben. Nur wenn ‚Knight Rider’ im Fernsehen lief, bin ich nach Hause gesprintet...

herthabsc.de: Kommen wir wieder zur Gegenwart - am kommenden Samstag (2.11.13) gastiert der FC Schalke 04 im Olympiastadion. Mit Kevin-Prince Boateng... Wie groß ist die Vorfreude?
Ben-Hatira
: Sehr groß. Ich habe noch nie gegen Kevin gespielt. Ich hoffe, dass er am Samstag fit ist. Aber er wird alles daran setzen, das weiß ich. Er will unbedingt in seiner Heimat auflaufen.

herthabsc.de: Du hast mehrfach im Zusammenhang mit dem Spiel gegen Gelsenkirchen das Wort „Derby“ benutzt. Warum?
Ben-Hatira
: Das stimmt. Auch wenn es kein ‚richtiges’ Derby ist, es fühlt sich trotzdem so an. Es ist ein besonderes, ein spezielles Spiel, auch für unsere Fans. Als Berliner kennt man die Bedeutung dieser Begegnung. Das Stadion wird voll sein und wir sind einfach geil auf die Partie.

herthabsc.de: Was für ein Spiel erwartest Du?
Ben-Hatira
: Puh. Das ist schwer zu sagen. Wir wollen an die Leistungen der letzten Wochen anknüpfen und mit Elan, Freude und Mut nach vorne spielen. Schalke hat den größeren Druck, wir können befreit und selbstbewusst aufspielen. Wir wollen das Spiel gewinnen.

herthabsc.de: In zwei Wochen steht das Rückspiel mit der tunesischen Nationalelf gegen Kamerun auf dem Programm. Wie siehst Du eure Chancen auf die WM?
Ben-Hatira
: Wir müssen so wie im Hinspiel auftreten, dann haben wir gute Chancen zu gewinnen. Es wird aber kein Selbstläufer, gerade auswärts. Es wird ein Hexenkessel in Kamerun. Aber die WM ist für uns alle, und vor allem auch für das Land, der größte Traum.

von Hertha BSC