"Nichts ist älter als die Ergebnisse von gestern"
Akademie | 25. Dezember 2013, 10:35 Uhr

"Nichts ist älter als die Ergebnisse von gestern"

"Nichts ist älter als die Ergebnisse von gestern"

Herthas neuer U23-Trainer Ante Covic blickt im herthabsc.de-Interview auf eine ereignisreiche Hinrunde zurück.
Berlin - Als neuer U19-Trainer ging Ante Covic in die Saison 2013/14 und führte sein Team nach der durchwachsenen vergangenen Saison wieder in die gewohnten, oberen Tabellenregionen der A-Junioren Bundesliga zurück. Nachdem jedoch die U23 von Hertha BSC unter ihrem ebenfalls neuen Trainer Jörg Schwanke nicht in Tritt kommen wollte, übernahm Ante Covic die Verantwortung für die Regionalliga-Mannschaft der Blau-Weißen.

Im Interview mit herthabsc.de blickt der 38-Jährige auf eine ereignisreiche Hinrunde zurück und sprach unter anderem über seine junge Mannschaft, deren Charakter, Selbstvertrauen, die Leistung der Profis in der Bundesliga und einen weiteren Covic bei Hertha BSC.

herthabsc.de: Du hast die U23 von Hertha BSC übernommen und zwei Spiele vor der Winterpause absolviert. Die Ergebnisse waren sehr unterschiedlich – wie erklärst Du dir das?
Ante Covic: Ich bin überzeugt, dass wir gegen Babelsberg das wahre Gesicht der Mannschaft gesehen haben. Im Gegensatz zum Auswärtsspiel gegen Auerbach haben wir gegen Babelsberg bei regulären Bedingungen gespielt und gezeigt, wozu wir in der Lage sind. Das klappt allerdings auch nur, wenn jeder bereit ist, an die Schmerzgrenze zu gehen. Beim zweiten Spiel in Auerbach haben wir auf fast zehn Zentimeter Schnee gespielt – ein bisschen ist es auch unsere eigene Schuld, dass unsere Spieler sich bei diesen Bedingungen schwer tun, denn sie sind es einfach nicht gewohnt. Wir haben herausragende Bedingungen bei Hertha BSC, wie zum Beispiel unseren beheizten Kunstrasen.
herthabsc.de: Wie sehr hat das Ergebnis geschmerzt?
Covic: Mit dem Ergebnis sollten wir uns gar nicht lange aufhalten, das ist für mich ein Spiel zum Vergessen. Wir sollten unsere Konzentration auf die Vorbereitung richten und alles dafür tun, uns optimal für die Rückrunde zu präparieren. In der Vergangenheit waren wir in der zweiten Hälfte der Saison oft stärker als in der ersten. Das macht uns auch in dieser Spielzeit Mut.

herthabsc.de: Hat es dich sehr geärgert, dass ihr nach dem Sieg gegen Babelsberg wegen den Spielausfalls nicht gleich gegen Leipzig nachlegen durftet?
Covic: Das war bestimmt nicht vorteilhaft für uns. Wir hätten gerne den Schwung durch den Sieg mitgenommen, doch der Ausfall hat auch ein wenig unsere Rhythmus unterbrochen, weil wir so erst einmal zwei Wochen Pause machen mussten. Durch das schwere Spiel in Auerbach mussten wir nun mit einer Niederlage in die Winterpause gehen.

herthabsc.de: Du hast einige Wochen mit deinem neuen Team gearbeitet. Wie schätzt Du deine Spieler ein?
Covic: Die Mannschaft hat den Willen, das umzusetzen, was man ihr an die Hand gibt. Das Problem ist, dass man die Jungs vom Kopf her wieder auf Vordermann bringen muss, damit sie wieder an sich glauben. Wenn man in 15 Spielen nur neun Punkte holt, können wir absolut nicht zufrieden sein. Ich bin überzeugt, dass die Spieler von Sieg zu Sieg in der Rückrunde – wenn wir das schaffen – mehr an Glauben an sich gewinnen werden. Auch wenn es schwere Aufgaben sein werden, bin ich mir sicher, dass wir uns da unten freispielen werden.

herthabsc.de: Hertha BSC war in den letzten Jahren zumeist in der Rückrunde erfolgreicher als in der Hinserie. Was gibt dir Hoffnung, dass es 2014 wieder so wird?
Covic: Man darf nicht vergessen, dass wir eine sehr, sehr junge Mannschaft haben – vielleicht sogar eine der jüngsten, mit der Hertha BSC bisher in der Regionalliga gespielt hat. Wir haben in Auerbach mit vier A-Jugendlichen gespielt, davon drei in unserer Abwehrkette und das gegen eine erfahrene, erprobte Regionalliga-Mannschaft. Dass es in solchen Teams zu Schwankungen kommt, ist normal. Man darf nicht vergessen, dass unsere zweite Mannschaft zu Zeiten der Boatengs, von Ashkan Dejagah oder Patrick Ebert sogar abgestiegen ist. Das zeigt, dass eben dieser Sprung vom Nachwuchs- zum Männerbereich nicht so einfach ist und dass die Jungs die Zeit brauchen. Ich denke, dass das erste halbe Jahr eine gute Eingewöhnungszeit ist, aber in der Rückrunde geht es darum, Ergebnisse vorzuweisen.
herthabsc.de: Wie wirkst Du darauf ein, dass deine Spieler sich von den bisherigen Ergebnissen nicht beeinflussen lassen?
Covic: Im Fußball ist nichts älter als die Ergebnisse von gestern. Dass müssen die Spieler begreifen. In unserer Lage geht es darum, die Tabelle komplett auszublenden und von Spiel zu Spiel und von Gegner zu Gegner zu denken. Die Jungs müssen bereit sein, etwas von sich für das Team zu investieren, denn dann werden alle davon profitieren.

herthabsc.de: Du warst in der Hinrunde lange für Herthas U19 zuständig. Wie intensiv verfolgst Du die Spiele noch?
Covic: Wenn man eine Mannschaft eine ganze Hinserie begleitet, mal von den letzten drei Spielen abgesehen, dann fühlt es sich auch ein bisschen wie deine Mannschaft an. Wenn es sich eirichten ließ, habe ich mir die Spiele natürlich angesehen, so wie den Sieg gegen den Tabellenführer Wolfsburg. Ich schaue mir auch immer mal wieder die Trainingseinheit an – das ist ganz normal, wenn man so lange eine Mannschaft betreut hat.

herthabsc.de: Du hast erwähnt, dass einige U19-Spieler auch bei dir in der U23 eingesetzt werden. Wie stimmst Du dich da mit Michael Hartmann ab?
Covic: Das Gute ist ja, dass wir unsere Büros nebeneinander haben und auch zu ganz ähnlichen Zeiten trainieren. Wir sprechen viel miteinander, sodass wir immer ganz genaue Absprachen haben, wer wo gebraucht wird und wo zum Einsatz kommt. Wir haben darüber hinaus auch einmal in der Woche unsere Trainersitzung, wo wir uns in der großen Runde austauschen. Ein großer Vorteil ist in jedem Fall, dass wir uns alle gut kennen.

herthabsc.de: Es kommen auch Profis in deiner Mannschaft zum Einsatz. Wie läuft da der Austausch mit der Lizenzspielerabeteilung?
Covic: Jos Luhukay und ich sprechen mindestens zwei- oder dreimal pro Woche miteinander. Je näher das Wochenende rückt umso klarer ist es, wie die Kader fürs Wochenende aussehen können. Spätestens am Freitag sitzen wir zusammen und sprechen ab, wer von den jungen Profis Spielpraxis sammeln darf oder muss, wo aber auch Bedarf bei der U23 besteht.
herthabsc.de: Welche Rolle spielen die Spieler, die von den Profis kommen und in der U23 spielen?
Covic: Ich kann aus eigener Erfahrung sprechen, denn ich habe ja sechs, sieben Jahre als erfahrener Spieler in der U23 gespielt, um die jungen Spieler zu führen. Ich halte es für ungemein wichtig, dass es jemanden in der Kabine gibt, der den Takt vorgibt. Es sollte jemand geben, der älter und erfahrener ist, der vorne weg geht und dem die jüngeren Spieler folgen. Gegen Babelsberg hatten wir mit John Anthony Brooks zwar einen noch jungen Spieler dabei, aber für diese Mannschaft hat er eine wichtige Bedeutung, denn er vermittelt viel Sicherheit.

herthabsc.de: Wie hast Du das Abschneiden der Profis in dieser Hinrunde wahrgenommen?
Covic: Aus meiner Sicht haben wir bisher eine Punkteausbeute, die so nicht zu erwarten war. Aber aufgrund der Spielweise, die die Mannschaft von Jos Luhukay an den Tag gelegt hat, hätten wir vielleicht sogar auch noch den einen oder anderen Punkt mehr holen können. Nichtsdestotrotz finde ich die bisherigen Leistungen herausragend. Wir wissen aber natürlich alle, dass wir mit der bisherigen Punkteausbeute den Klassenerhalt noch nicht sicher haben.

herthabsc.de: Wie schätzt Du die Arbeit von Jos Luhukay unter Trainer-Kollegen ein?
Covic: Man hat ja in seiner Karriere eine ganze Reihe von Trainern erlebt. Bei Jos Luhukay fällt mir auf, dass er zu jeder Zeit ganz genau weiß, was er macht und dass er zu 100 Prozent durchsetzt, was er möchte. Manche Ideen oder Entscheidungen erschließen sich nicht jedem sofort, doch im Rückblick machen sie immer Sinn. Und vor allem kann er dir jede Entscheidung plausibel begründen. Bei Jos Luhukay und seinem Trainerteam greift jedes Rädchen ins andere.

herthabsc.de: Zum Abschluss noch einmal zurück zum Nachwuchs. Dein Sohn Maurice spielt für Herthas U16...
Covic: Mich als alten Herthaner und als Vater macht es unglaublich stolz, wenn dein Sohn die Farben trägt, die das eigene Leben auch geprägt haben. Es ist etwas ganz besonderes, wenn mein Sohn den Trainingsanzug von Hertha BSC anzieht und ich ihn zum Spiel fahren darf, denn Hertha BSC ist für mich mehr als ein normaler Arbeitgeber. Ich bin sehr glücklich, dass er meine Leidenschaft zu diesem Verein teilt.

von Hertha BSC