Fernweh nach Europa
Teams | 12. Februar 2014, 18:37 Uhr

Fernweh nach Europa

Fernweh nach Europa

Mit dem Führungsduo Allofs und Hecking will der VfL Wolfsburg nachhaltigen sportlichen Erfolg.

Berlin – Für den Gegner am kommenden Sonntag (16.02.14), den VfL Wolfsburg, lief der Start in die Rückrunde ähnlich wie bei Hertha BSC. Nach zwei Niederlagen, gegen den Nord-Konkurrenten Hannover 96 sowie den Champions League Aspiranten Schalke 04, konnten die Niedersachsen zuletzt mit 3:0 gegen den 1. FSV Mainz 05 gewinnen. Der Klub aus Wolfsburg feierte in dieser Spielzeit bereits zehn Siege, genau so viele Dreier waren es in der letzten Saison nach 34 Spieltagen. Diese erfolgreiche sportliche Momentaufnahme ist auch die Folge eines Kurswechsels in der Vereinsführung, welcher sich auf mehreren Ebenen zeigt.

Zuletzt war der Klub durch starke sportliche Schwankungen gekennzeichnet. Ebenso standen die finanzstarken Wolfsburger für eine hohe Fluktuation im Personal auf und neben dem Platz. Viele betrachten die überraschende Meisterschaft im Jahr 2009 als Segen und Fluch zugleich. Den großartigen sportlichen Erfolg wird den Niedersachsen keiner mehr nehmen können, doch die Folge-Jahre waren äußerst unruhig. Die einst erfolgreiche Meister-Mannschaft um das Angriffstrio Edin Dzeko, Zvjezdan Misimović und Grafite bröckelte zunehmend auseinander – mit ihnen ging auch der Erfolg. In der Spielzeit 2010/11 konnte sich der VfL erst am letzten Spieltag durch einen Sieg in Hoffenheim vor dem drohenden Abstieg retten. Die folgenden Spielzeiten verbrachten die Grün-Weißen im Niemandsland der Tabelle. Auch die Rückkehr des Meistermachers Felix Magath, der nach seinem Coup mit den Wolfsburgern überraschend nach Schalke gewechselt war, konnte keinen Erfolg bringen. Dabei wurde so oft der europäische Wettbewerb als Ziel ausgerufen, doch mindestens genauso oft scheiterte die Mannschaft an den hohen Erwartungen und sich selbst.

Allofs und Hecking mit Kurswechsel

Erst durch die Verpflichtung von Dieter Hecking als Chefcoach stellte sich eine gewisse sportliche Kontinuität ein. In der Saison 2012/13 folgte er dem mehrfach als Interimstrainer eingesprungenen und bei den Fans beliebten Lorenz-Günther Köstner. Folglich hatte Hecking bei einigen Wolfsburg-Anhängern einen schweren Stand – überzeugte aber durch Resultate auf dem Platz. Er führte die Profis aus der VW-Stadt vom 15. Tabellenplatz auf einen ungefährdeten elften Rang am Ende der Saison. Nach Wolfsburg lotste ihn der seit November 2012 tätige Klaus Allofs. Mit der Installation von Allofs als Geschäftsführer Sport wurde auch eine neue Philosophie erkennbar. Weg von dem Zwang des kurzfristigen Erfolgs mit allen Mitteln, hin zu einer langfristigeren Perspektive mit dem Hintergrund von gezielten Verstärkungen und der Integration der eigenen Jugend. Zudem setzte sich der Manager als Ziel, den Verein sympathischer darzustellen und eine klarere Kontur zu verleihen.

Personell übernahm Klaus Allofs von seinem Vorgänger Magath einen Kader von knapp 40 Spielern. Die Hauptaufgabe bestand erst einmal darin, diesen zu verkleinern und punktuell zu verstärken. Zur Spielzeit 2013/14 war dies bereits weit fortgeschritten, der Kader schien zu stehen. Dann setzt der VfL mit der Verpflichtung von Luiz Gustavo, der im Vorjahr des Triple mit dem Bayern München geholt hatte, ein Ausrufezeichen. Auch durch diese Maßnahme hatte der heutige Herthaner Tolga Cigerci keine Zukunft mehr im Wolfsburger Team und wurde kurz vor Transferschluss nach Berlin verliehen. Eine für beide Seiten sinnvolle Maßnahme, wie sich im Nachhinein herausstellte. Die Wolfsburger spielten eine erfolgreiche Hinrunde und haben Aussicht auf die Teilnahme am europäischen Geschäft. Auch Hertha-Cheftrainer Jos Luhukay schätzt die Niedersachsen stark ein: "Die Mannschaft von Dieter Hecking hat eine extreme Qualität, sie können es in dieser Saison in die Europa League oder gar in die Champions League schaffen."

Personell stark besetzt

Die personell gut besetzte Mannschaft der Grün-Weißen wurde im Winter mit Kevin de Bruyne (FC Chelsea) und Junior Malanda (SV Zulte-Wagerem) weiter verstärkt. Abgegeben wurden hingegen Spielmacher Diego (Atlético Madrid) und Ja-Cheol Koo (Mainz 05). Ob sich der Abgang des jahrelangen Spielmachers Diego ohne Qualitätsverlust kompensieren lässt, wird sich zeigen. Zuletzt war Youngster Maximilian Arnold, der im Fachmagazin Kicker von den Liga-Kollegen zum Aufsteiger der Saison gewählt wurde, auf der Position des Spielmachers gesetzt. Durch den Transfer von de Bruyne wird wohl der Belgier diese Aufgabe übernehmen. Besonders diese beiden Spieler machen die aktuelle Strategie der Wolfsburger deutlich. Arnold – der aus der Jugend der Niedersachsen erfolgreich in die erste Elf integriert wurde und zusammen mit Jugendspieler Robin Knoche immer wieder eingesetzt wird. Zudem macht der kostenintensive Wechsel von Mittelfeld-Talent de Bruyne klar, dass der VfL auch stets auf der Suche nach qualitativ hochwertigen Spielern ist, die den Verein auf lange Sicht wieder in den internationalen Wettbewerb führen sollen.

Einige Experten gehen sogar so weit, die Wolfsburger als künftigen Bayern-Jäger zu bezeichnen. Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke nennt zwei wichtige Komponenten: "Sie haben die gigantische VW-Macht im Rücken. Und seit Allofs und Hecking das Sagen haben, wird ja auch sportlich ordentliche Arbeit abgeliefert." Frankfurts Sportdirektor Bruno Hübner geht davon aus, dass Wolfsburg in Zukunft "ein Anwärter für ganz vorn werden kann." Die sportliche Führung wiegelt allerdings ab und spricht von vielen kleinen Schritten: "Vor einem Jahr hat der VfL noch gegen den Abstieg gespielt, jetzt sollen wir Bayern und Dortmund angreifen - genau diese Sprünge zwischen den Extremen wollen wir nicht. Wir wollen eine solide Basis," äußerte sich Allofs in Bezug auf diese Aussagen der sportlichen Konkurrenz. Eine klare Ausrichtung, eine funktionierende sportliche Führung, dazu die finanzielle Rückendeckung durch den Volkswagen Konzern – in Wolfsburg wird erneut Großes geplant…

von Hertha BSC