Zurück im Abstiegskampf
Teams | 25. Februar 2014, 21:12 Uhr

Zurück im Abstiegskampf

Zurück im Abstiegskampf

Nach einer sportlich erfolgreichen Phase richtet der SC Freiburg den Blick wieder nach unten.

Berlin - Der SC Freiburg ist nach der 4:2-Heimniederlage am vergangenen Spieltag gegen den FC Augsburg auf den 17. Tabellenplatz abgerutscht. In der gesamten Spielzeit 2013/14 läuft es für das Überraschungs-Team der letzten Saison – Freiburg sicherte sich den fünften Tabellenplatz – bislang nicht rund. Die beste Platzierung seit Beginn der Spielzeit war der 14. Tabellenplatz. Als Erklärungsansatz kursiert die Doppelbelastung durch die Teilnahme am europäischen Wettbewerb sowie des Bundesliga-Alltags. Zudem mussten die Breisgauer vor der Saison viele Leistungsträger abgeben, welche nicht auf diesem Qualitätslevel ersetzt werden konnten. Doch obwohl alle Beteiligten die bedrohliche Lage erkannt haben, wird das gesamte Freiburger Umfeld nicht unruhig.

Beim SC Freiburg geht es im Allgemeinen entspannter zu als in anderen Klubs der Bundesliga. Starallüren der Spieler sind hier nicht zu finden, die Medienlandschaft ist im Vergleich zu anderen Standorten gemäßigter. Viele Verantwortliche und Spieler im Verein genießen die beschauliche und familiärere Atmosphäre des Klubs. Gekennzeichnet durch eine starke Einbindung der Nachwuchsspieler, aber einen schmalen Etat, hieß das Saisonziel vor den Spielzeiten zumeist den Abstieg zu verhindern. Mit der Entlassung von Cheftrainer Markus Sorg im Jahr 2011 wurde in Freiburg erstmals in dessen Bundesliga-Zugehörigkeit ein Trainer von seinem Job entbunden. Der Verein reagierte damit auf eine anhaltende sportliche Krise, welche die Breisgauern in der Winterpause auf dem 18. Tabellenplatz überwintern ließ.

Sportlicher Aufschwung mit Christian Streich

Während in der Stadt am Dreisam bei Einigen die Befürchtung aufkam, im kommenden Jahr wieder in der zweiten Bundesliga antreten zu müssen, übernahm mit dem bisherigen Co-Trainer Christian Streich ein neuer Trainer das Kommando an der Seitenlinie. Nach dem Abgang von Top-Torjäger Papiss Demba Cissé sahen selbst Optimisten schwarz und prophezeiten den Freiburgern den direkten Abstieg. Doch der Trainer-Novize im deutschen Profifußball schaffte die Wende zum Guten – durch die Integration vieler Jugendspieler schaffte der Klub einen sportlichen Aufschwung und konnte bereits am 32. Spieltag den Nicht-Abstieg besiegeln. Der vorherige Jugendtrainer Streich drückte dem Team mit seiner unkonventionellen und authentischen Art den Stempel auf und stand sinnbildlich für den sportlichen Erfolg.

Dieser sollte sich auch in der darauf folgenden Saison fortsetzen. Clevere Neuverpflichtungen wie Max Kruse sowie junge, talentierte Spieler wie Matthias Ginter etablierten sich zunehmend und stiegen zu Leistungsträgern auf. Nach einer starken Hinrunde ließ sich das Team nicht aus dem oberen Tabellendrittel verdrängen und sicherte sich mit dem fünften Platz die Teilnahme an der Europa League – ein riesiger Erfolg für den Freiburger Sportclub. Doch eben dieser Triumph war Segen und Fluch zugleich: Die Konkurrenz interessierte sich immer stärker für die Spieler der Breisgauer und beobachtete dessen modernen, schnellen sowie dynamischen Fußball. In der Folge wurden viele Leistungsträger von finanzstärkeren Klubs aufgekauft. Profis wie Johannes Flum, Max Kruse oder Daniel Caliguiri verließen den Verein und hinterließen eine klaffende Lücke im Freiburger Spielsystem. Trainer Streich monierte das Verhalten der anderen Klubs und sprach von einem 'Haifischbecken' – sagte aber ein Dreivierteljahr später: "Vielleicht hätten wir, als wir erfolgreich waren, noch mehr um unsere Spieler kämpfen müssen."

Der Blick geht nach unten

Spätestens seit der Winterpause der aktuellen Spielzeit 2013/14 ist in Freiburg Ernüchterung eingekehrt. In der Bundesliga überwinterte die Mannschaft auf dem Relegationsplatz, aus dem europäischen Pokal waren sie ebenso wie aus dem nationalen DFB-Pokal ausgeschieden. Bereits vor Saisonbeginn versuchte die Vereinsführung die Anhänger darauf vorzubereiten, dass aufgrund der vielen Abgänge sowie der Doppelbelastung von Europa League und Ligabetrieb wohl wieder der Abstiegskampf auf der Tagesordnung stehen würde. Dass dies nun tatsächlich eintritt, war keinesfalls geplant, muss aber akzeptiert werden. Trotz dessen wollen die Freiburger ihre Erfahrungen aus dem europäischen Abenteuer Europa League nicht missen: "Wir fliegen nach Sevilla, wir fliegen nach Lissabon zum Spiel gegen Estoril und reisen nicht in den Urlaub. Das war einmalig", fasste Streich die Gefühlslage eines ganzen Klubs zusammen. Doch der regional verwurzelte Trainer sieht auch, dass nun wieder mehr Zeit für den Liga-Alltag bleibt.

"Wir haben jetzt die Möglichkeit, so zu arbeiten, dass wir es dem Gegner schwerer machen als in der Vorrunde. Dass wir 90 Minuten voll marschieren können." Der Kader schien auf aufgrund von anhaltenden Verletzungsproblemen zu schmal besetzt für diese hohe Belastung. Auch die aufsehenerregendsten Neuverpflichtungen wie Mike Hanke oder Vladimir Darida stellten sich bisher nicht als nachhaltige Verstärkungen heraus. Somit ist der SC Freiburg nach einer sportlich erfolgreichen Phase wieder zurück im Abstiegskampf. Trotz dessen will sich der Klub, der sich häufig als Ausbildungsverein bezeichnet, weiterentwickeln. Aktuell steht die Errichtung eines gut 34.000 Personen fassenden Stadions zur Debatte. Der Klub aus dem Breisgau will die eigene Wettbewerbsfähigkeit erhöhen – dies formulierte auch der Chefcoach des Vereins in seiner gewohnt humorvollen Art und Weise: "Der Sportclub sitzt mit im Boot, rudert aber mit einem kleineren Paddel. Aber wir rudern auch, wir gehören dazu." Das Ziel für den Rest der Saison ist klar – in der nächsten Spielzeit soll weiter gerudert werden, wenn läuft wie gewünscht in Liga eins.

von Hertha BSC