„Es war unerträglich“
Teams | 3. März 2014, 19:05 Uhr

„Es war unerträglich“

„Es war unerträglich“

Der verletzte Fabian Lustenberger über Qualen am TV, seine Verletzung, Familie und die Nationalmannschaft.

Berlin - Montagmorgen, es ist kurz nach 11 Uhr. Wir treffen Kapitän Fabian Lustenberger beim Frühstück zwischen Arztterminen und seinem Reha-Programm zum Interview. Der Schweizer trinkt einen Saft und isst Spiegeleier. Der frischgebackene zweifache Familienvater lächelt und begrüßt uns in seiner gewohnt fröhlichen Art. Er wirkt ausgeschlafen, obwohl sein zweites Kind gerade einmal ein paar Wochen alt ist.

Dennoch: Eine Sache plagt Herthas Kapitän im Moment - Lustenberger muss aufgrund einer Muskelverletzung pausieren und wird erst in paar Wochen wieder zur Mannschaft stoßen können. Im Interview spricht die Nummer 28 der Herthaner über seine persönliche Situation, die Konstellation in der Bundesliga, die Erwartungshaltung, die Nationalmannschaft und natürlich über die neue vierköpfige Familie.

herthabsc.de: Lusti, wie geht’s dir?
Fabian Lustenberger: Mir geht’s gut. Danke. Der Muskelfaserriss ist verheilt, aber dadurch, dass auch eine Sehne angegriffen war, braucht es noch ein bisschen Geduld und Zeit. Gleich muss ich auch weiter in die Reha.

herthabsc.de: Wie sieht dein Alltag im Moment aus?
Lustenberger: Ich bin täglich rund vier Stunden in der Reha. Behandlungen, Massagen, Training. Man hat einen anderen Rhythmus, als wenn man am normalen Trainingsbetrieb teilnimmt.

herthabsc.de: Du hast vor deiner Verletzung über 50 Spiele am Stück für Hertha BSC absolviert. Wie gehst Du mit der jetzigen Situation um, plötzlich zuschauen zu müssen?
Lustenberger
: Natürlich ist es nicht leicht zuzuschauen, am schlimmsten ist es vorm TV. Im Stadion bekommt man wenigstens noch die Stimmung mit. Beim Auswärtsspiel gegen Hamburg war ich zu Hause um das Spiel herum nicht ansprechbar, habe nix gegessen. Es war unerträglich. Aber wenn es einen guten Zeitpunkt für eine Verletzung gibt, dann jetzt. Ich habe so natürlich mehr Zeit für meine Familie und die Kinder.

herthabsc.de: Apropos Kinder. Du bist vor kurzem zum zweiten Mal Vater geworden. Herzlichen Glückwunsch! Inwiefern haben sich die Schlafgewohnheiten in letzter Zeit verändert?
Lustenberger
: Gar nicht großartig (lacht). Es ist alles sehr, sehr angenehm. Ich bekomme genügend Schlaf, alles hat sich gut eingependelt und ist auf einem guten Weg, nur der ‚Kleine’ (Jonas) ist jetzt auf einmal der ‚Große’.

herthabsc.de: In der Bundesliga marschiert der ‚Große’ (FC Bayern) vorneweg, dahinter ist es ein enges Rennen. Wie schätzt Du die Lage in der Bundesliga momentan ein?
Lustenberger
: Hinter Bayern kann jeder gegen jeden gewinnen, das hat man in dieser Saison bereits gesehen. Das macht die Bundesliga aber auch aus. Zuletzt schwächelten Gladbach und Wolfsburg und auch Leverkusen hat zu Hause gegen Mainz verloren.

herthabsc.de: Welche Chancen entstehen so für Hertha BSC?
Lustenberger
: Zum jetzigen Zeitpunkt ist das für uns völlig uninteressant. Wir tun gut daran, uns damit nicht zu beschäftigen.

herthabsc.de: Dennoch könnte man am nächsten Spieltag mit einem Sieg in Mainz an den 05ern vorbeiziehen...
Lustenberger
: Mainz hat einen guten Lauf und sie haben nicht umsonst in Leverkusen gewonnen. Sie haben die Gunst der Stunde genutzt. Wir haben aber - gerade in den bisherigen Auswärtsspielen - bewiesen, dass wir auch Spiele gegen Topmannschaften gewinnen können. Aktuell tun wir uns offensichtlich auswärts sowieso leichter als zu Hause.

herthabsc.de: Hast Du eine Erklärung dafür?
Lustenberger
: Wir können auswärts vielleicht befreiter aufspielen. Aber auch in den Heimspielen haben wir ja nicht schlecht gespielt und waren zum Teil sogar die bessere Mannschaft. Wir müssen uns das Quäntchen Glück - was wir in den Auswärtsspielen offenbar haben - in den Heimspielen wieder erarbeiten.

herthabsc.de: In den ersten sechs Spielen der Hinrunde habt ihr einen Punkt mehr geholt (8 Punkte) als in diesen Partien in der Rückrunde (7). Damals hat man von einem richtig guten Saisonstart gesprochen...
Lustenberger
: Die Erwartungshaltung ist deutlich größer geworden, das geht gerade in einer Stadt wie Berlin sehr schnell. Wir werden an den Leistungen der Hinrunde gemessen. Wir sind aber voll im Soll und können uns auf die nächsten Wochen freuen.

herthabsc.de: Auf die nächsten Wochen freut sich sicherlich auch dein Vertreter Levan Kobiashvili, der dich sowohl als Kapitän als auch als Innenverteidiger vorbildlich ersetzt oder?
Lustenberger
: Dazu braucht man nicht viel sagen. Kobi ist ein Vorbild, auf und neben dem Platz. Er spielt als Innenverteidiger so gut, als wenn er nie woanders gespielt hätte. Ich bin froh, dass er mein Vertreter ist.

herthabsc.de: In dieser Woche finden auch die ersten Test-Länderspiele im WM-Jahr statt. Hattest Du Kontakt zu ‚Nati’-Trainer Ottmar Hitzfeld?
Lustenberger: Ja, ich wäre gegen Kroatien dabei gewesen, schade. Das ist ein schönes Gefühl. Aber jetzt muss ich mich eben nach der Verletzung über Hertha mit guten Leistungen wieder empfehlen. 

herthabsc.de: Adrian Ramos ist nach mehreren Jahren endlich wieder für die kolumbianische Nationalelf berufen worden. Pierre-Michel Lasogga wurde erstmals für die deutsche A-Nationalmannschaft nominiert. Kommen die Nominierungen überraschend für dich?
Lustenberger
: Bei Adrian war es nur eine Frage der Zeit. Wer so viele Tore in der Bundesliga schießt und konstant gute Leistungen zeigt, der hat es einfach verdient für sein Land aufzulaufen. Pierre’s Nominierung hat mich zwar ein bisschen überrascht, aber auch er hat es sich verdient. Er hat in wenigen Einsätzen viele Tore geschossen, das ist nicht selbstverständlich. Ich kenne Pierre gut und weiß wie ehrgeizig er ist. Ich würde mich für ihn freuen, wenn er auf den WM-Zug aufspringen kann.

von Hertha BSC