Teamplayer
Teams | 4. März 2014, 18:54 Uhr

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Sandro Wagner spricht über seine persönliche Entwicklung, die Rolle im Team und die Kritik an ihm.

Berlin - Hinter Sandro Wagner liegt ein Wechselbad der Gefühle. Nachdem der Angreifer im Spiel gegen den VfB Stuttgart in der 80. Minute eingewechselt wurde, erzielte er nur sieben Minuten später den viel umjubelten Siegtreffer seiner Mannschaft. Doch wenige Momente später wurde Wagner aufgrund einer Gelb-Roten Karte vorzeitig in die Kabine geschickt, sein Team brachte den knappen Sieg über die Zeit - es blieb eine Mischung aus Freude über den Sieg und Enttäuschung über die eigene Aktion am Ende der Begegnung zurück. Doch der 1,94-Meter große Stürmer ist ein Teamspieler und stellt das Wohl der Mannschaft über persönliche Befindlichkeiten. Im Spiel gegen den SC Freiburg musste Wagner dann trotzdem von der Tribüne aus zuschauen, dabei sprach der Angreifer von einer "eigenartigen Situation, da die Leute über Spielzüge und deine Mannschaftskollegen sprechen und du danebensitzt und dem Team nicht weiterhelfen kannst."

Sandro Wagner im Gespräch mit herthabsc.de über ... 

... seinen Traum, bereits als Kind Profi-Fußballer werden zu wollen:

"Mein Traum als Kind war es immer Fußball-Profi zu werden, daran habe ich alles gesetzt. Wenn man sich unbedingt etwas vornimmt, dass man schaffen will und dies gewissenhaft verfolgt und alles daran setzt, dann kann man dies auch alles erreichen. Zudem braucht es auch Glück und eine Menge Fleiß und man muss persönlich viel entbehren. Es gibt auch bestimmte Tage, an denen dies wirklich schwerfällt, wenn deine Freunde in den Urlaub fahren oder abends einfach mal weggehen. Das kannst du als Profi dann nicht machen, da du den nächsten Tag wieder beim Training sein musst. Trotz dessen hat sich das Verfolgen des "Traums Profifußballer" absolut gelohnt und ich bin froh, dass es heute so ist, wie es ist."

... seinen Trainer Jos Luhukay:

"Ich komme mit Jos Luhukay sehr gut zurecht. Jedem, der mich fragt, sage ich auch, es ist der beste Trainer in meiner Karriere, den ich hatte. Zudem sage ich den jungen Spielern, dass sie wirklich Glück haben, Jos Luhukay direkt am Anfang ihrer Karriere erleben zu dürfen. Nur weil ich sehr gut mit ihm zurecht komme, bekomme ich aber trotzdem keinen Bonus. Wenn man nicht hart arbeitet, gute Spiele abliefert oder den Fleiß hat, dann bekommst du natürlich auch auf die Mütze. Ich bin froh, dass er hier Trainer ist und ich denke, das kann jeder Hertha-Fan auch sein."

... seine Familie und persönliche Entwicklung:

"Privat unternehme ich am meisten mit meiner Familie, also mit meiner Frau und den beiden Kindern. Wir gehen viel an die frische Luft, gehen mal in den Zoo oder schauen uns interessante Ecken in Berlin an. Ganz viel meiner Zeit geht tatsächlich für meine Kinder drauf – für mich gibt es aber nicht nichts Schöneres. Menschlich hat mich das ungemein weitergebracht. Ich kann und will es mir wiederum nicht anders vorstellen, keine Kinder mehr zu haben. Ich akzeptiere jede andere Lebensweise – für mich ist das Leben ohne Kinder allerdings nicht mehr vorstellbar, weil es einfach das Schönste ist, was es gibt. Es bedeutet viel Arbeit, teilweise auch schlaflose Nächte, aber du bekommst dies 100-mal zurückgegeben."

... seine Rolle in der Mannschaft:

"Alles andere als Adrian Ramos als Stürmer Nummer eins wäre aktuell verrückt. Er ist für mich einer der besten Stürmer der Liga, er macht es super und arbeitet viel für die Mannschaft. Wenn man zurückdenkt, hatte ich in der letzten Saison auch eine Phase, wo ich gespielt habe und Adrian auf die Bank musste. Ich akzeptiere meine Rolle. Ich bin ein positiver Mensch, auch außerhalb des Platzes, deswegen bin ich keiner, der den Kopf in den Sand steckt oder schlecht gelaunt zum Training erscheint. Ich weiß, dass ich auf dem Platz und auch in der Kabine wichtig bin. Ein Team braucht auch mal Leute, die ein Machtwort sprechen, wenn mal etwas ist. Da haben wir mehrere Spieler, zu denen zähle ich mich auch. Wir haben einen tollen Teamgeist und eine tolle Mannschaft, deswegen macht es auch einen solchen Spaß, deswegen sind wir auch erfolgreich, weil wir eine gute Einheit sind."

... die Kritik an seiner Person:

"Viele Personen haben mich bereits gefragt, ob es mich stört, wenn ich Kritik oder Pfiffe bekomme. Aber ich bin wirklich tiefenentspannt, was so etwas angeht. Ich habe mittlerweile schon eine Menge mitbekommen, bin bereits seit gut acht Jahren im Profifußball, da kann ich diese Sachen sehr gut einschätzen. Ich bin privat und als Mensch so gefestigt, habe so viel Selbstvertrauen, das mich nichts umhaut. Deswegen stört mich das überhaupt nicht. Wenn ich dann allerdings merke, dass sich junge Spieler von Pfiffen oder der Presse beeinflussen lassen, nehme ich mir die auch zur Seite, dann gebe ich ihnen auch weiter, dass man sich dies alles nicht zu sehr zu Herzen nehmen darf. Es gibt immer Personen, die schlecht über dich reden, das muss man akzeptieren. Es gibt Neider und Leute, die nicht darüber nachdenken, was genau sie tun. Der harte Kern, denen Hertha richtig am Herzen liegt, die pfeifen eine Mannschaft nach einem 0:0 gegen Freiburg auch nicht aus. Man muss diese Pfiffe auch einschätzen können."

... die Aussage, Stürmer werden zu sehr an Toren gemessen:

"Das ist ein schwieriges Thema. Wenn ein Stürmer lediglich vorne im Zentrum steht und auf Tore lauert und nichts für die Mannschaft macht, kann er trotzdem häufig treffen. Für mich ist der mannschaftliche Erfolg wichtiger, dann lieber ein paar Tore weniger, aber wir stehen als Hertha besser da. Was bringt es mir, wenn ich 20 Tore auf dem Konto hätte und wir uns aber auf einem Abstiegsplatz wiederfinden. Das können gerne auch die Leute hinterfragen. Was bringt es mir als Fan, wenn ein Stürmer 20 Mal trifft und die Mannschaft trotzdem absteigt?

Dem entgegen steht ein anderer Typ, der für die Mannschaft auf und auch neben dem Feld Gas gibt, aber vielleicht nicht so viele Tore schießt. Natürlich hebt sich der andere Spieler mit mehr Toren mehr aus der Mannschaft hervor. Fußball ist und bleibt für mich aber ein Mannschaftssport, diese Starkultur und das öffentliche Interesse haben sich aber nun mal stark weiterentwickelt. Ich ordne mich lieber in die Struktur der Mannschaft ein und werde auch weiterhin alles für das Team geben. Dazu zählen dann eben auch Läufe mit nach hinten, auch wenn ich weiß, dass dies Kraft kostet."

von Hertha BSC