Zwischen Selbstfindung und Neuausrichtung
Teams | 12. März 2014, 15:14 Uhr

Zwischen Selbstfindung und Neuausrichtung

Zwischen Selbstfindung und Neuausrichtung

Der kommende Gegner Hannover 96 befindet sich aktuell im Wandel.

Berlin - Am Samstag (15.03.14) trifft Hertha BSC um 15.30 Uhr auf Hannover 96. Die Gäste aus der Landeshauptstadt Niedersachsens werden dabei versuchen, den Abstand auf die noch entfernten Abstiegsränge weiter auszubauen. Das Team von Cheftrainer Tayfun Korkut steht aktuell mit 26 Punkten auf dem 12. Tabellenrang und muss anstatt des zu Saisonbeginn angestrebten Ziels, die Qualifikation für den europäischen Wettbewerb, den Blick nach unten richten, um nicht mit in den Abstiegsstrudel gezogen zu werden. Zuletzt taten sich die 96er mit dem Sammeln von drei Punkten schwer, in den letzten beiden Begegnungen gegen Augsburg und Leverkusen gab es jeweils ein 1:1-Unentschieden, der letzte Sieg wurde am 1. Februar 2014 gegen Borussia Mönchengladbach gefeiert.

Im Verein aus der Leinestadt herrschte in den letzten Wochen und Monaten einiges an Aufregung. Sowohl der Geschäftsführer Sport, Jörg Schmadtke, als auch Trainer Mirko Slomka mussten mit zeitlicher Versetzung ihren Hut nehmen. Nachdem das Duo knapp drei Jahre lang erfolgreich zusammengearbeitet hatte und Leistungsträger wie Didier Ya Konan oder Mame Diouf für den Verein begeistern konnte, war für Schmadtke im April 2013 Schluss. Der Funktionär bat um eine Vertragsauflösung, sein Nachfolger wurde der aus Freiburg bekannte Dirk Dufner. Auch für den Erfolgstrainer Mirko Slomka wurde die Luft nach schwachen Leistungen in der Hinrunde 2013/14 immer dünner. Als die Niedersachsen in Richtung Abstiegszone taumelten, zog der Klub kurz vor dem Jahreswechsel die Reißleine und entband den bei den Fans beliebten Coach. "Die Entscheidung zur Trennung von Mirko Slomka ist uns außergewöhnlich schwergefallen. Ich kenne Slomka mehr als zehn Jahre, und es steht außer Frage, dass sein Name insbesondere für zwei sehr erfolgreiche Jahre bei Hannover 96 mit der Teilnahme an der Europa League steht," erläuterte der mächtige Präsident Martin Kind.

Klassenerhalt mit neuem Trainer

Sein Nachfolger wurde der in Deutschland weitestgehend unbekannte Tayfun Korkut, der zuvor als Co-Trainer der türkischen Nationalmannschaft aktiv war. Noch nie zuvor in seiner Trainer-Laufbahn hatte der Übungsleiter eine Profimannschaft als Chefcoach betreut - eine durchaus mutige Wahl der Hannoveraner. "Der Trainer ist die wichtigste Person im Klub. Und diese Entscheidung war ein Risiko. Aber wir sind von der Lösung voll überzeugt - und dann muss man auch mögliche Kritik in Kauf nehmen", beschrieb Sportdirektor Dirk Dufner die Entscheidung für Korkut. Die Aufgabe des Trainers ist klar, die Roten sollen zum einen wieder stabilisiert werden, zum anderen war es das Ziel, "so schnell wie möglich nichts mehr mit dem Abstiegskampf zu tun zu haben. Schön wäre es, wenn wir bis zum Saisonende einen Platz um Rang 10 erreichen könnten", sagte Präsident Kind.

In Hannover werden nach sportlich erfolgreichen Jahren aktuell wieder kleinere Brötchen gebacken. Nach dem "Beinahe-Abstieg" in der Spielzeit 2009/10 stürmte die Mannschaft in der folgenden Saison mit furiosem Tempofußball auf den vierten Tabellenplatz und qualifizierte sich für die Europa League. Der Verein wurde von einer Welle der Euphorie getragen, zeigte weiterhin starke Leistungen in der Liga und sorgte für Aufsehen im europäischen Wettbewerb. Erneut stand am Ende der Bundesliga-Spielzeit die Qualifikation für das europäische Geschäft (7. Platz). Der Verein und das gesamte Umfeld genossen die sportlichen Erfolge, mussten jedoch auch miterleben, wie die Mannschaft nach und nach an Leistungsstärke einbüßte. In der Europa League war im Sechzehntel-Finale gegen Anschi Machatschkala Schluss, in der Bundesliga erreichte der Klub den neunten Tabellenplatz.

Bildergalerie: Hannover 96 - Hertha BSC

Personelle Umgestaltung des Vereins

Die Vereinsführung reagierte auf den einsetzenden Abwärtstrend und leitete einen personellen Umbruch ein. Etablierte und erfahrene Spieler wie Sergio Pinto und Mario Eggimann wurden abgegeben, jüngere Profis wie Edgar Prib oder Leonardo Bittencourt kamen neu hinzu. "Es war schnell zu sehen, dass da eine Mannschaft war, die zwar erfolgreichen Fußball gespielt hat, in ihrer Struktur aber über ihren Zenit hinaus war", erklärte Dufner diese Maßnahmen. "Wir mussten Dinge verändern", ergänzte der Manager, "auch wenn es bei einigen Entscheidungen sehr weh tat und wir durchaus unpopuläre Maßnahmen ergreifen mussten. Dadurch entstand natürlich ein Vakuum innerhalb der Mannschaft, zudem war das Verhältnis zwischen Trainer und Mannschaft nach vier Jahren auch nicht mehr so, wie es noch zu den besten Zeiten war."

Aktuell befindet sich der Klub in einer Phase aus Selbstfindung und Neuausrichtung. "In der Kabine kommunizieren wir mehr, auf dem Feld unterstützen wir uns besser. Aber wir haben in der Hinrunde zu viele Punkte liegen gelassen", analysiert Torhüter Ron-Robert Zieler die Lage in der Leinestadt. Die Automatismen müssen sich sowohl in der sportlichen Führung als auch auf dem Platz erst entwickeln - dies braucht Zeit. Zudem soll die eigene Nachwuchsabteilung weiterentwickelt werden, damit die Integration junger und talentierter Spieler in die Bundesliga-Mannschaft häufiger gelingt als zuletzt. Doch die europäischen Abenteuer haben in Hannover Lust auf mehr gemacht. Obwohl allen Beteiligten klar ist, dass die aktuelle Spielzeit dabei eine Art Übergangssaison darstellen soll, verfolgen die Niedersachsen bereits wieder europäische Träume. "Wir haben schon bewiesen, dass internationaler Fußball in Hannover möglich ist", so Zieler. "Aber dafür muss jeder an die absolute Leistungsgrenze gehen. Das sollte langfristig wieder das Ziel für den Verein sein."

von Hertha BSC