
Japanisches Doppel
Japanisches Doppel

Berlin - Die beiden Japaner finden sich nach dem Training im Medienraum von Hertha BSC ein. Zusammen kommen diese zur Tür herein - gemeinsam, so wie Neuzugang Genki Haraguchi und Hajime Hosogai in den letzten Wochen ständig zu sehen sind. Genki freut sich über die gute Integration durch Haji, dieser ist glücklich, dass ein bereits bekannter Landsmann nun in der Mannschaft der Blau-Weißen spielt - eine klassische "Win-win-Situation". Schon bei den Urawa Red Diamonds kickten die beiden zusammen, Hosogai als linker Verteidiger, Haraguchi direkt davor, im linken Mittelfeld. Nun stehen die beiden erneut zusammen auf dem Feld.
Im Medienraum Platz genommen, betrachtet Genki die Bilder der Hertha-Legenden und fragt nach den ruhmreichen Spielern an der Wand. Bei Manager Michael Preetz angekommen, kann sich der Japaner ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen. Zusammen mit Übersetzerin Takako Maruga beginnt das Gespräch. Schnell wird deutlich, dass Genki trotz seiner erst kurzen Zeit in Deutschland schon wirkt, als wäre er angekommen. Im ausführlichen Doppelinterview mit den beiden Japanern sprechen diese über die ersten Wochen in Berlin, die Umstellung und Unterschiede von Japan und Deutschland, die WM-Teilnahme von Japan in Brasilien sowie die persönliche und fußballerische Integration.

Genki Haraguchi: Tatsächlich trainieren wir aktuell sehr viel. Ich habe jetzt auch eine Wohnung gefunden, diese ist nicht weit entfernt von Haji...
Hajime Hosogai: Wir sind quasi Nachbarn, jedenfalls fast. Mit dem Auto sind es etwa fünf bis zehn Minuten. Je nach Verkehrslage - aber für Berliner Verhältnisse ist es wirklich dicht dran (lacht).
Da wir aktuell viel trainieren und bereits im ersten Trainingslager waren, bleibt momentan nicht viel Zeit. Es ist aber schon der Fall, dass wir zusammen Mittagessen gehen oder uns abends mal treffen. Aktuell sind wir auch beide alleine zu Hause, da unsere Frauen nicht da sind. Wir reden bei den Treffen aber fast nur über Fußball (lacht). Naja, zu 80 Prozent über Fußball - zu 20 Prozent über Privates (beide lachen).
herthabsc.de: Die Integration scheint gut zu funktionieren, wie sieht es denn mit den anderen Mitspielern im Team aus?
Haraguchi: In der Mannschaft gibt es wirklich viele nette Personen, ein tolles Team. Sie machen es mir wirklich einfach, ein Teil des Teams zu sein und mich dort auf Anhieb wohlzufühlen.
herthabsc.de: Wie muss man sich das denn vorstellen. Wie macht ihr das sprachlich - vor allem auf dem Platz sowie mit dem Coach und den Mitspielern?
Hosogai: Ich übersetze Genki zu großen Teilen, was gesprochen wird.
Haraguchi: Genau, Haji übersetzt mir die einfachen Regeln und die Ansagen vom Chef-Coach.
Hosogai: Aber auch ohne mich kommuniziert er schon ganz toll mit den Mitspielern. Er klatscht mit ihnen ab, schlägt mit ihnen ein - solche Dinge, die auch gut ohne die deutsche Sprache funktionieren (beide lachen).
herthabsc.de: Sehr gut - lernst du denn aktuell auch schon deutsch?
Haraguchi: Die einfachsten Sachen schon, klar. Der richtige Deutsch-Unterricht folgt dann nach dem zweiten Trainingslager in Österreich.
herthabsc.de: Haji, ist es denn auch für dich erfreulich, dass mit Genki ein Landsmann zum Team dazugekommen ist?
Hosogai: Natürlich ist es auch schön für mich, wenn ich mit jemandem japanisch sprechen kann, wenn wir beispielsweise mit der Mannschaft unterwegs sind. Aber ich spreche auch zu Hause japanisch. Genki ist auf jeden Fall ein neuer Bezugspunkt für mich. In erster Linie ist Deutsch die erste Sprache in der Mannschaft. Darum gilt es auch, sich damit auseinanderzusetzen.

herthabsc.de: Absolut. Du kannst Genki aber auch bei der persönlichen Umstellung auf Deutschland helfen. Genki, wie lief es denn bisher für dich, kommst du gut im neuen Land zurecht?
Haraguchi: Bisher habe ich gar keine Probleme bei der Umstellung. Ich war sogar einmal schon im Urlaub in Deutschland, deshalb wusste ich, was mich erwartet. Das war im Winter 2013, ich war in München, unter anderem auf dem Weihnachtsmarkt. Als in Japan die Spielpause war, bin ich ein bisschen herumgereist.
herthabsc.de: Falls doch mal Schwierigkeiten auftreten sollten, ist ja auch Haji für dich da...
Hosogai: Genau. Ich bin seit mittlerweile einem Jahr hier in Berlin und schon deutlich länger in Deutschland. Natürlich versuche ich Genki behilflich zu sein und ihm bei der Integration auf und neben dem Platz zu helfen, damit er vor allem erfolgreich Fußball spielen kann. Ich werde alle meine Kräfte darauf einsetzen, dass er hier erfolgreich ist sowie ein wichtiger Teil der Mannschaft wird und aufblüht.
herthabsc.de: Wie ist es denn in Bezug auf den Fußball - kannst du dort Unterschiede feststellen?
Haraguchi: Die Art und Weise wie der Fußball gespielt wird ist irgendwie anders. Dies betrifft nicht nur die Gegenspieler, auch meine Mitspieler verhalten sich anders. Die Laufwege, die Verteidigung - einige Dinge sind in Japan unterschiedlich. Schon häufiger habe ich mir bei Aktionen auf dem Feld gedacht, dass die Gegenspieler sich anders verhalten werden, speziell in der Verteidigung - das haben sie aber nicht getan. Das war schon überraschend für mich, aber darauf kann und werde ich mich einstellen. Ich bin gespannt, ob dies in der Bundesliga auch so sein wird.
herthabsc.de: Haji, wir alle hatten dich bei der WM in Brasilien erwartet. Warst du enttäuscht, nicht mit dabei zu sein?
Hosogai: Ich war wirklich schade, dass ich nicht zur Nationalmannschaft eingeladen wurde. Aber der Trainer des Teams hat die besten 23 Spieler für das Turnier nominiert. Ich persönlich ziehe auch viel Positives daraus. Ich konnte mich gut erholen und bin von Beginn an in der Vorbereitung dabei, das war im letzten Jahr nicht der Fall (Hajime spielte letzten Sommer beim Confederations Cup in Brasilien für die Nationalmannschaft, Anm. d. Red.). Das ist sowohl für mich als auch für Hertha BSC gut. Ich bin seit dem Auftakt hier, mache auch beide Trainingslager mit.

herthabsc.de: Wie hast du denn die WM wahrgenommen - gar nicht mal als Nationalspieler, sondern aus Fan-Sicht?
Hosogai: In den drei Spielen ist vieles sicher nicht optimal gelaufen. Ich denke und weiß auch, dass die Spieler die dabei waren stark an dem Ausscheiden in der Vorrunde zu knabbern haben. Ich persönlich sollte mich aber nicht mit dieser Nicht-Nominierung belasten. Obwohl ich vorher die ganz Zeit dabei war, wurde ich letztendlich nicht mitgenommen...
herthabsc.de: Okay, abgehakt. Nun richtet sich der Blick ohnehin auf Hertha BSC. Genki, was hast du dir in Berlin vorgenommen?
Haraguchi: Ich möchte in dieser neuen Liga gerne meine dynamische Spielweise zeigen und meine Dribblings ansetzen. In dem einen oder anderen Vorbereitungsspiel ist mir dies schon gut gelungen. Dabei greife ich am liebsten über die linke Seite an.
herthabsc.de: Genki, hat der Trainer bereits mit dir gesprochen und gesagt, was er von dir erwartet?
Hosogai: Da greife ich mal kurz ein. Vor ein paar Tagen hat ihn Jos Luhukay zur Seite genommen, da war ich auch dabei und habe bei der Verständigung geholfen. Wir haben zu dritt gesprochen. Sicher geht das auch alleine, aber sicherheitshalber war ich mit dabei, damit die wichtigen Informationen auch sicher ankommen. Dort hat der Trainer erklärt, was genau er sich von Genki erhofft und worauf es ihm ankommt.
herthabsc.de: Eine letzte Frage. Genki, worauf freust du dich am meisten. Auf dein erstes Spiel im Olympiastadion? Darauf die Stadt genauer zu erkunden? Oder vielleicht auf etwas ganz anderes?
Haraguchi: Momentan ist mein einziger Wunsch, dass die Liga bald anfängt und ich in diesem großartigen Stadion spielen kann.