Der lange Marsch
Teams | 6. August 2014, 19:54 Uhr

Der lange Marsch

Der lange Marsch

Herthas Kapitän Fabian Lustenberger hat sein Comeback auf dem Platz in Schladming hinter sich – Der Schweizer beginnt im Trainingslager in der Steiermark, sich wieder Stück für Stück in das Team zurückzuspielen

Michael Preetz, Geschäftsführer Sport bei Hertha ­BSC, brachte die allgemeine Stimmungslage im Trainingslager in Schladming auf den Punkt. Auf die Frage, wie er denn den Stand der blau-weißen Dinge zehn Tage vor dem Pflichtspielstart einschätze, antwortete er in der Steiermark mit klaren Worten: "Wir sind auf einem guten Weg, im Besonderen freut mich die Entwicklung, dass unser Kapitän Fabian ­Lustenberger wieder komplett trainieren kann und auch schon sein erstes Spiel (45 Minuten gegen Austria Salzburg, Anm. d. Red.) absolviert hat."

Tatsächlich geht - nach zuletzt fast sechs Monaten Zwangspause wegen einer immer wieder aufbrechenden Muskelverletzung - ein gewisses Aufatmen durch die Reihen der Beteiligten. Kein Geheimnis, das Cheftrainer Jos Luhukay seinen Kapitän nicht nur sehr schätzt und für extrem wichtig erachtet. Keine Frage auch, dass sich das Team den Schweizer als vielseitigen, technisch enorm beschlagenen und stets Spielsituationen klug antizipierenden Leader sehnlich zurückwünscht.

Die Zeit der Leiden ist vorbei

Nein, auch er selbst ist hochzufrieden mit seiner Entwicklung. Der lange Marsch zurück auf den Platz war extrem ­schwer und erforderte immense Geduld. Aber: "Ich merke einfach, dass jetzt die Zeit der Leiden vorbei ist. Endlich, denn diese Geschichte war schon enorm belastend", sagt Fabian ­Lustenberger. "Ich konnte es am Ende kaum noch selbst ertragen, permanent in mich hinein zu horchen, ob denn alles wird, ob denn alles in Ordnung ist."

Dieses Horchen, diese Selbstbeobachtung war nach allem, was passiert ist, menschlich. "Die Verletzung war eben nicht ohne. Vielleicht war es auch ein Muskelbündelriss mit Sehnenbeteiligung. Die Hüfte hat ein bisschen abgekommen. Das hat einfach gedauert. Ob ich zu früh angefangen habe, oder nicht, ist schwierig zu sagen. Ich wurde ja nicht ins kalte Wasser geworfen. Sondern ich war im Training und es hat alles gehalten. Und vor Augsburg damals brach es wieder auf. Dann begann alles wieder von vorn, beim ersten Training nach der Sommerpause wollte ich wieder einsteigen und es klappte wieder nicht. Jetzt hoffe ich, dass der Punkt da ist, dass es hält", erklärt er seine teilweise frustrierende Leidenszeit.

"Glücklich, permanent bei der Mannschaft zu sein"


Der Nationalspieler der Eidgenossen, der wegen dieser extrem langwierigen Verletzung sogar seinen großen Traum von der WM-Teilnahme im Sommer in Brasilien zu den Akten legen musste, ist dabei, seinen Rhythmus wieder zu finden - seelisch wie körperlich. "Ich bin glücklich, wieder permanent bei der Mannschaft zu sein und nicht nur einmal die Woche in der Kabine vorbeizuschauen. Im Spiel war ich natürlich noch vorsichtig, habe mehr mit dem linken Bein geschlagen als mit dem rechten. Dennoch, ich habe auch mit rechts alles probiert, Zweikämpfe, lange Bälle, Schüsse. Und es geht Stück für Stück."

"Was er jetzt braucht sind Spiele", weiß sein Manager, "damit er schnellstens die alte Sicherheit, das Zutrauen zurückgewinnt." Eine Sicht der Dinge, die der zweifache Familienvater teilt. "Natürlich ist so eine Verletzung dann irgendwann auch eine Kopfsache. Und je mehr ich jetzt spieltechnisch tue, desto schneller kommen die Automatismen zurück und man denkt nicht mehr so viel nach." Oder horcht, ob im eigenen Körper irgendwo immer noch der Beelzebub Schindluder treibt­.

"Kann meinen Körper gut einschätzen"

Dennoch bleibt Fabian ­Lustenberger, der rein physisch laut Traineraussage schon wieder in einem sehr, sehr guten Zustand ist, vorsichtig:
"Klar will ich so schnell wie möglich fit werden. Aber es bringt auch nichts, wenn ich jede Einheit 200 Prozent gehe und dann wieder etwas kaputt geht. Ich kann meinen Körper inzwischen gut einschätzen. Ich werde vielleicht noch etwas brauchen, um die komplette Sicherheit zu bekommen. Über alles andere mache ich mir keinen Kopf. Ich hatte lange genug Probleme, von denen ich nicht genau wusste, wo sie herkommen."

Trotzdem, aus Fabian ­Lustenbergers Worten spricht inzwischen viel, viel Erleichterung.
"Ich versuche jetzt von Tag zu Tag ein besseres Gefühl zu kriegen, sodass ich gesund bleibe." Es gibt niemanden im gesamten Hertha-Umfeld, der dem sympathischen Schweizer dies nicht von Herzen gönnt!

von Hertha BSC