Ein besonderer Tag - Mit Kruse und Herzog
Club | 3. November 2014, 17:25 Uhr

Ein besonderer Tag - Mit Kruse und Herzog

Ein besonderer Tag - Mit Axel Kruse und Hendrik Herzog

Am Sonntag (09.11.14) jährt sich der Mauerfall zum 25. Mal. Wir blicken zurück!
Berlin - Am Sonntag (09.11.14) jährt sich der Mauerfall zum 25. Mal. Ein Vierteljahrhundert nach dem wohl historischsten Tag der jüngeren deutschen Geschichte blicken wir bis zum Jubiläum auf diesen Tag und die Bedeutung seitdem zurück. Den Auftakt machen Axel Kruse und Hendrik Herzog, die in der DDR aufwuchsen und die Wende ganz unterschiedlich erlebten. Auf herthabsc.de blickten sie auf die Zeit der Wende und Wiedervereinigung, die Unterschiede zwischen Ober- und Bundesliga zurück und sprachen über die historische Bedeutung.

herthabsc.de: Sie haben viele Jahre zusammen gespielt. Wie war es gegeneinander zu spielen?
Kruse: Ich erinnere mich noch an ein Spiel, wo wir gegeneinander gespielt haben. Ich mit Eintracht Frankfurt gegen 'Herze' und Schalke 04. Endergebnis 5:0 für die Eintracht, zweifacher Torschütze Kruse. Mein persönlicher Gegenspieler war: Hendrik Herzog...
Herzog: ...bis dahin hat es gestimmt. (lacht) Der Axel war ja schon immer ein schlauer Spieler. Er hat schnell gemerkt, dass der zweite Innenverteidiger langsam war, den hat er dann ein paar Mal eingedreht. Man muss dazu sagen, dass wir damals Aufsteiger waren und Frankfurt eine wirklich Top-Mannschaft hatte und um die Meisterschaft gespielt hat.
Kruse: Das lass ich mal so stehen... (lacht)

herthabsc.de: Aufgewachsen sind Sie in der DDR. Wo haben sich ihre Wege das erste Mal gekreuzt?
Kruse: Wir sind 1986 in Jugoslawien zusammen U19-Europameister geworden. Man kennt sich durch die Länderspiele. Inzwischen kennen wir uns über 30 Jahre. Ich glaube, in der DDR-Oberliga haben wie nie gegeneinander gespielt.

herthabsc.de: Sie haben in ihrer Karriere den Schritt von der Oberliga in die Bundesliga gewagt. Einmal spektakuläre, einmal weniger...
Kruse: Wenn jemand nicht in die DDR gepasst hat mit dem ganzen Anpassen und Vorschriften, dann war ich das. Ich habe irgendwann festgestellt, dass das für mich nicht mehr lange gut geht, weil ich ja auch ein bisschen eigen bin. Deshalb musste ich die nächstbeste Gelegenheit nutzen, in den Westen zu gehen. Es war zwar nur ein halbes Jahr vor dem Mauerfall, aber für mich war es wichtig, weil ich dann auch gleich zu Hertha gehen konnte. Nach der Sperre habe ich im Januar 1990 mein erstes Spiel gemacht. So konnte ich die Rückrunde der zweiten Liga gleich spielen und am Ende sind wir dann ja auch aufgestiegen.

herthabsc.de: Sie haben es angesprochen, ein halbes Jahr später fiel die Mauer. Ging Ihnen da durch den Kopf, dass Sie nur ein wenig länger hätten warten müssen?
Kruse: Nein, ich bin stolz darauf, dass ich das nicht geschenkt bekommen habe, sondern etwas dafür getan habe. Und auf der anderen Seite gab es nach dem Mauerfall viele Spieler aus der DDR, die den Preis gedrückt haben. Da war es gut für mich, dass ich meinen Vertrag schon hatte, auch weil ich mich bis dahin schon eingewöhnt hatte.

herthabsc.de: Hendrik Herzog, wie war ihre Reaktion auf Kruses Schritt?
Herzog: Ich fand das schon sehr mutig von ihm. Es sind ja auch andere Spieler erwischt worden und mussten ins Gefängnis. Da muss man schon den Hut vor so einer Entscheidung ziehen. Wir waren ja als Fußballer schon viel in Westdeutschland unterwegs. Da haben wir schon gesehen, dass da etwas nicht stimmt, wenn einem sonst immer erzählt wurde, wie toll das System in der DDR eigentlich gewesen sein soll.

herthabsc.de: Sie machten den Schritt erst 1991...
Herzog: Als die Wende dann kam, war das schon eine unglaublich spannende Zeit. Der BFC Dynamo war ja im Osten eine große Nummer mit zehn Meisterschaften. Ich habe das eine Jahr noch dort gespielt, als es darum ging, sich für die gemeinsame Bundesliga zu qualifizieren. Wir hatten das Ziel in die erste Liga zu kommen, aber Spieler wie Andreas Thom, Thomas Doll oder Frank Rohde waren da schon gar nicht mehr bei uns. Am Ende hatten wir so viel Unruhe im Verein, dass wir es nichtmal in die zweite Liga geschafft haben.

herthabsc.de: Wie groß waren die Unterschiede zwischen Oberliga und Bundesliga?
Kruse: Man muss ja sehen, dass es viele Spieler aus der DDR im Westen geschafft haben. Die fußballerische Ausbildung, die wir bekommen haben, war top. In der Bundesliga war dann deutlich mehr drumrum los. Im Osten wurde mehr im Kollektiv gedacht, im Westen stand das Individuum mehr im Mittelpunkt.
Herzog: Bei uns gab's ja die Kinder- und Jugendsportschulen, also quasi schon die Akademien, die es jetzt auch überall gibt.
Kruse: Diese Idee von Vereinbarkeit von Schule und Fußball gab es schon der DDR und die wurde in etwas abgewandelter Form auch auf die Konzepte der Nachwuchsleistungszentren übertragen. Das hat und damals schon geholfen.

herthabsc.de: Vor ihrem persönlichen Hintergrund, wie außergewöhnlich ist der Mauerfall und die Wiedervereinigung?
Kruse: Für mich ist das etwas ganz Besonderes. Mit dem Mauerfall konnte ich meine Familie wiedersehen, mit dem 3. Oktober gehörten wir auch wieder offiziell zusammen. Meistens unternehmen wir an diesem Tag auch etwas mit der Familie, was zum 3. Oktober passt. Was mich manchmal ein bisschen nervt ist, dass dieser Feiertag für manche Leute einfach nur ein Tag ist, wo sie frei haben. Für mich ist dieser Tag der großartigste Tag der letzten Jahrzehnte. Wir können das manchmal gar nicht würdigen, auch wenn man sich die ganzen Entwicklungen in Europa anschaut. Wir wissen noch wie das war, immer und überall die Pässe vorzeigen zu müssen.
Herzog: Ich seh das ganz genauso. Ich führe eine 'Ost-West-Beziehung'. Meine Frau ist Spandauerin. Wenn es den Tag nicht gegeben hätte, würden wir uns nicht kennen. Dass es nach der langen Zeit immer noch Sprüche hörst, dass früher alles besser war, kann ich nicht verstehen.
Kruse: Diese Leute würde ich gerne mal 25 Jahre zurückversetzen. Die würden ganz schnell sagen: 'Bitte, bitte, lasst mich wieder zurück!' Schaut euch Berlin an. Die Stadt ist so großartig - beide Teile zusammen.

(war,jb/City-Press)

von Hertha BSC