
Zwischen gut und gut genug
Zwischen gut und gut genug

Berlin - Als das Spiel bereits einige Minuten vorüber und allen Beteiligten die Zeit vergönnt war, eine knappe 0:1-Niederlage gegen den FC Bayern München im Olympiastadion einzuordnen, bekam Gäste-Trainer Pep Guardiola seine vielleicht schwierigste Prüfung an diesem Samstagnachmittag. Wie er denn als gegnerischer Trainer gegen seine an Dominanz und Ballsicherheit derzeit kaum zu bezwingenden Bayern agieren lassen würde, wollte man auf der Pressekonferenz von ihm wissen. Wie also er, Pep Guardiola, die Rolle von Herthas Cheftrainer Jos Luhukay an diesem Tag angegangen wäre?
Bayerns Trainer zögerte – und antwortete ausweichend. Dabei hatte ihm ja Hertha BSC soeben eine gute Antwort geliefert. Mit Biss muss man das machen, mit vier gelaufenen Kilometern mehr, mit kühlem Kopf, trotzdem aber auch mutig. Das Optimalherangehen ist so gesehen kein Geheimnis. Cheftrainer Jos Luhukay war trotzdem voll des Lobes darüber, was seine Mannschaft ihm gezeigt hatte. Dass am Ende nichts Zählbares stand, gestand er den Bayern hernach gern zu, wollte sich aber nicht darüber ärgern. „Wir müssen uns daran erinnern, gegen wen wir da heute gespielt haben“, mahnte er.
Die Abwesenheit des Glücks
Sein Spieler Jens Hegeler, der die Abwehr weitgehend schadlos zusammenhielt, sah das frisch vom Rasen gekommen naturgemäß ein wenig anders. Nämlich durchaus als Niederlage. „Wir haben erst im Nachhinein gemerkt, was da noch drin gewesen wäre“, sagte er. Nico Schulz stimmte ein: „Da fehlte einfach ein bisschen das Glück.“ In Köln noch sei der Freistoß von Marcel Ndjeng halt reingegangen. Aus einem guten Auftritt wurde mit der letzten Portion Fortüne ein perfekter. Die Abwesenheit dieses Glücks entschied am Samstag auf dem schmalen Grat zwischen gut und gut genug gegen den Branchenprimus.
Schulz und Hegeler, zwei Bestandteile einer Abwehrkette, die gegen den deutschen Rekordmeister erst das zweite Mal in dieser personellen Besetzung zusammenspielte, sich dafür aber auch dank Torhüter Thomas Kraft erstaunlich gut schlug. „Wir wollten allgemein ein bisschen weiter vorn stehen“, sagte Nico Schulz zur Herangehensweise. Das funktionierte vor allem in der zweiten Halbzeit. Im ersten Durchgang noch hatte man ein „bisschen zu viel Respekt gezeigt“ wie Hegeler befand – Hertha ließ sich zu tief reindrängen von Bayerns Ballmaschinerie, das Führungstor der Gäste durch Arjen Robben war so kaum zu verhindern.
Gut 20 Minuten das überlegene Team
Die Führung der Münchener hielt bis zum Schlusspfiff. Was an diesem Tag auch das einzige war, das Jos Luhukay ernsthaft bemängeln wollte. „Ärgerlich war, dass wir nach vorn zwei bis drei Mal die falsche Entscheidung treffen.“ Denn seine Mannschaft bekam ihre Gelegenheiten über Konter. Luhukay hatte noch in der Pause gesagt, dass da was drin sei. Sogleich war sie nach der Pause gute 20 Minuten das überlegene Team, nur versandeten die Angriffe zu oft in unpräzisen Abspielen, ganzen zehn Abseitsstellungen – einer davon beim vermeintlichen Ausgleich von Hajime Hosogai – und in den Armen von Bayerns Torhüter Manuel Neuer. Der Nationaltorhüter musste sich bei einem Schuss und einer Flanke des eingewechselten Ronny auszeichnen, kurz vor Schluss zielte John Anthony Brooks frei vor ihm zu hoch.
Hertha also bleibt vorerst auf Tabellenrang 13. „Wir wissen, dass unsere 14 Punkte nicht genügen, um beruhigt in die Winterpause zu gehen“, sagte Jens Hegeler mit Blick auf die Spiele gegen Gladbach, Dortmund, Hoffenheim und Frankfurt in den kommenden Wochen. Was er aus dem couragierten Auftritt gegen die Bayern mitnehme? „Ganz klar: Wenn wir mit Mut und Bereitschaft in die Spiele gehen, können wir jeden schlagen.“
(ph/citypress)