
Halbvoll oder halbleer?
Halbvoll oder halbleer?

Berlin - Ist das Glas halbvoll oder halbleer? Klar - diese Grundsatzdiskussion zwischen den fußballerischen Optimisten und den ewigen Skeptikern kann man nach Frankfurt auch bei Hertha BSC wieder bis zum Exzess führen. Halbvoll, weil die Herthaner wieder eine enorme Effizienz im Torabschluss an den Tag legten. Halbvoll auch, weil der Gegner bei der blau-weißen Mannschaft niemals sicher sein kann, trotz spielerischer Überlegenheit dennoch Treffer zu kassieren. Halbvoll auch, weil der Bann gebrochen wurde, nach einem Sieg (zuletzt Dortmund) im darauf folgenden Spiel zu punkten. Halbleer natürlich, weil man ein 4:2 binnen 68 Sekunden am Ende der Partie nicht mehr herschenken darf. Dennoch: Hertha BSC sollte, bei allem Frust, die positiven Aspekte des Spiels mitnehmen.
Für die Herthaner fühlte es sich nach dem Abpfiff dennoch wie eine Niederlage an. In den letzten Minuten gab man den sicher geglaubten Auswärtssieg in Frankfurt durch zwei schnelle Gegentore doch noch ab und musste sich am Ende mit einem 4:4-Unentschieden begnügen. Die Enttäuschung stand den Spielern ins Gesicht geschrieben, nur wenige fanden Worte nach diesem kuriosen Spielverlauf. "Wenn du in der 90. Minute mit 4:2 führst und eigentlich mit den drei Punkten rechnest, ist es natürlich unheimlich bitter, wenn du dann noch zwei Gegentore bekommst", fasst Julian Schieber das Dilemma der Berliner zusammen. Dabei hatte das Spiel nach anfänglicher Drangphase der Hausherren sehr zu Gunsten der Blau-Weißen entwickelt."Die Anfangsphase war klar für die Eintracht, nach einer Viertelstunde hatten wir etwas mehr Griff", analysierte Trainer Jos Luhukay auf der anschließenden Pressekonferenz, "dann konnten wir unsere Chancen sehr effizient nutzen." Genauer waren es John Anthony Brooks und Änis Ben-Hatira, die jeweils nach einem Standard von Ronny ins Frankfurter Netz trafen sowie Julian Schieber, der bei seinem Tor noch Unterstützung von Alexander Madlung bekam. Vor dem Halbzeitpfiff konnten die Hessen noch auf 1:3 verkürzen. Bitter für Hertha ist die Verletzung von Roy Beerens, der nach einem brutalen Foul von Stefan Aigner verletzt ausgewechselt werden musste.
"Wenn man vier Auswärtstore macht, muss man eigentlich mit einem Sieg vom Platz gehen."
Infolge des Treffers von Seferovic in der zweiten Halbzeit zeigten die Berliner ihre beste Phase des Spiels. "Bei 3:2 Führung bekommen wir drei hundertprozentige Chancen, da hatten wir eben nicht die Effektivität", haderte Luhukay. Vor allem Julian Schieber und Änis-Ben-Hatira kamen mehrfach gefährlich vor das Frankfurter Gehäuse, konnten die Möglichkeiten aber nicht nutzen. Stattdessen erzielte Peter Niemeyer, wieder nach einem Freistoß, seinen ersten Saisontreffer. Jens Hegeler traf es nach dem Spiel auf den Punkt: "Mit dem 4:2 in der 81. muss das Spiel durch sein". Doch trotz Hereinnahme des wiedergenesenen Sebastian Langkamp kam der Toptorjäger der Liga, Alex Meier, innerhalb von 68 Sekunden zweimal zum erfolgreichen Abschluss. "Da müssen wir uns geschickter anstellen und dürfen die Punkte nicht mehr hergeben", gibt sich Hegeler selbstkritisch. Auch der Trainer hätte angesichts der guten Torausbeute gern mehr aus der Commerzbank-Arena mitgenommen. "Wenn man vier Auswärtstore macht, muss man eigentlich mit einem Sieg vom Platz gehen."
In Erinnerung wird das Spektakel von Frankfurt sicherlich noch bleiben, auch wenn die Berliner eine Verletzung zu viel und zwei Punkte zu wenig daraus mitnehmen. So groß der Ärger über den späten Ausgleich ist, schon am kommenden Sonntag (21.12.14) steht für die Herthaner die nächste Herausforderung an, wenn Hoffenheim zum letzten Spiel der Hinrunde im Berliner Olympiastadion zu Gast ist. Für diese Partie gilt es, die positiven Dinge, wie die Effektivität der ersten Halbzeit und die Gefährlichkeit bei Standartsituationen mitzunehmen und auf der anderen Seite die Konzentration bis zum Abpfiff des Schiedsrichters hochzuhalten. Auch Hoffenheim wird vor den "Effizienz-Spezialisten" von Hertha BSC am Sonntag auf der Hut sein müssen - und genau dies ist die Chance der Herthaner zum Hinrundenabschluß!
(jk,PeB/city-press)