"Du grünst nicht nur zur Sommerszeit" - Teil 2
Club | 3. Januar 2015, 01:00 Uhr

"Du grünst nicht nur zur Sommerszeit" - Teil 2

"Du grünst nicht nur zur Sommerszeit" - Teil 2

Beim Trainingsauftakt muss der Schenckendorffplatz wieder bereit sein. Alan Cairncross kümmert sich darum.

Berlin - "Das Olympiastadion ist der Keller und der Trainingsplatz das Penthouse." - So beschrieb Herthas Greenkeeper Alan Cairncross den Unterschied zwischen dem Rasen der Arena und dem des Schenckendorffplatzes. Im ersten Teil unserer Geschichte haben wir uns damit beschäftigt, wie der Rasen im 'Keller' überwintert, nun soll es um das 'Penthouse', den Schenckendorffplatz, gehen. Dieser muss, anders als das Stadion, schon beim Trainingsstart am 5. Januar wieder einsatzbereit sein.

'Du grünst nicht nur zur Sommerszeit' - Diese Passage aus einem bekannten Weihnachtslied passt auch zum Trainingsplatz der Herthaner, angesichts des Anblickes, den die Grünfläche auch noch bis tief in den Dezember bot. Hätten rund um das Gelände die kahlen Bäume nicht auf die Jahreszeit hingewiesen, allein dem Platz war es nicht anzumerken. "Viele Leute staunen, dass der Rasen auch im Winter noch so gut aussieht", so Alan Cairncross "schaut man sich aber die Temperaturen an, wundert einen das gar nicht so sehr." Dank des warmen Wetters ist das Gras bis in den November hinein gewachsen, erst nach den Weihnachtsfeiertagen bedeckte eine Schneeschicht das Geläuf.

Die Winter werden deutlich milder

In den letzten Jahren machte der Greenkeeper öfter diese Beobachtung. "Das Wetter hat sich gewandelt. Als ich noch mit der britischen Armee hier war, hatten wir jeden Jahr schon Anfang Dezember einen tiefen Winter, der dann bis in den März anhielt. Meist auch mit viel Schnee. Seit etwa 15 Jahren werden die Winter aber zunehmend milder." Zwar bleibt das Grün so länger erhalten, ausbleibender Frost hat aber auch seine Nachteile. Kleine Tiere und Käfer nisten sich im Laufe des Jahres im Erdreich ein und legen ihre Eier darin ab. Normalerweise sterben diese im Winter ab, doch bei höheren Temperaturen bleiben sie am Leben und schaden dem Platz langfristig. Auch die Regenwürmer fühlen sich dann wesentlich wohler, durchwühlen den Boden und sorgen für Unebenheiten. „Eigentlich sind Regenwümer super für einen Rasen, weil sie den Boden gut durchlüften. Aber auf einem Fußballplatz kann man sie gar nicht gebrauchen", erklärt der Engländer. Durch das Walzen entstehen so überall kleine Löcher im grünen Teppich. Nun ist es doch richtig kalt geworden und das Getier wird im kommenden Jahr keine größeren Probleme machen.

Wenn kein Schnee liegt und man einmal genauer hinschaut, fällt dennoch auf, dass sich die beiden zusammenhängenden Trainingsplätze etwas unterscheiden. Eines der Spielfelder ist etwas grüner, während das andere eine leichte winterlich-gelbe Färbung nicht verheimlichen kann. "Eine gute Beobachtung", lacht der Greenkeeper, "einer der Plätze ist beheizt und sieht deswegen noch besser aus. Der Zweite ist komplett naturbelassen." Es werden jedoch, egal ob Winter oder Sommer, beide Seiten regelmäßig benutzt. Dafür gibt der Cairncross dem Hertha-Coach immer eine Empfehlung ab. "Eine gleichmäßige Nutzung ist wichtig, denn es gibt zwei schlimme Dinge, die einem Fußballplatz passieren können: Wenn zu viel darauf gespielt wird und wenn zu wenig darauf gespielt wird." Dabei hatten einige Übungsleiter der Herthaner schon ihre speziellen Vorlieben. "Manche Trainer wollten immer nur auf dem Platz ohne Heizung trainieren lassen, weil die Bodenvoraussetzungen etwas anders sind", erinnert sich der 58-Jährige. Jos Luhukay vertraue da aber ganz auf seinen 'Rasenmeister'. Nur einmal kam der Coach vor der Traingseinheit im Dezember zu ihm und meinte scherzhaft aber anerkennend: "Alan, wir können heute nicht auf dem Platz trainieren. Er sieht einfach viel zu gut aus, das wäre schade drum."

Hohe Anforderungen an das Grün des Schenckendorffplatzes

So etwas hört Alan Cairncross natürlich gern, denn die Pflege des Platzes bedarf einem großen Aufwand, egal ob im Sommer oder im Winter. In einer normalen Trainingswoche wird der Platz fast jeden Tag gemäht und nach jeder Benutzung gewalzt. Die Halmlänge richtet sich dabei nach den Vorlieben des Trainers. "Oft kann der Rasen gar nicht kurz genug sein, damit der Ball schneller rollt. Doch gesünder wäre es natürlich, ihn manchmal etwas länger wachsen zu lassen. Das geht in der Winterpause natürlich nicht", bedauert Cairncross, "ein Trainingsplatz muss sehr viel aushalten können. Er muss immer bespielbar sein und optimale Bedingungen bieten."

Eine Generalüberholung ist nur in der Sommerpause möglich, dann greift der Greenkeeper zu radikalen Maßnahmen. Das sorgt bei Laien auch schon mal für Entsetzen. Wenn der ganze Platz durchlöchert wird und aussieht wie ein Schlachtfeld, kann man schon mal erschrecken. Doch nur so kann der Boden aufgelockert werden und wird anschließend mit neuem Sand wieder verfüllt. Das Ergebnis kann sich seit Jahren mehr als sehen lassen. Im Winter sind stattdessen nur leichte Korrekturen und die Bewahrung des momentanen Zustandes möglich. "Mit diesem sind wir völlig zufrieden und auch die Spieler haben sich noch nie beschwert", schließt Herthas Mann mit dem grünen Daumen. In diesem Moment verlässt ein Hertha-Profi den Schenckendorffplatz und ruft im Vorbeigehen: "Alan, Du bist ein Zauberer, der Rasen ist fantastisch!" Ein Lob, dem wirklich niemand widersprechen kann.

(jk/jk)

von Hertha BSC