Integration mit Spargel
Teams | 21. Januar 2015, 11:13 Uhr

Integration mit Spargel

Integration mit Spargel

Nach einem halben Jahr Genki Haraguchi bei Hertha BSC ist noch nicht alles gut – aber vieles in Arbeit.
Belek – Mit einem halben Jahr Abstand mag Genki Haraguchi es zugeben. Bei der bisher schwierigsten Entscheidung seines Lebens hat sich der Japaner einmal zu viel und einmal zu wenig einen Kopf gemacht.

Gar nicht so mühsam wie gedacht war das Einleben in seiner Wahlheimat Berlin. Einkaufen? Bestellungen? Großstadtorientierung? Mit etwas Hilfe des Vereins und der neuen Kollegen: recht unproblematisch, wirklich schnell. Der etwas raue Berliner Umgang verblüfft ihn zuweilen noch. Aber man gewöhnt sich an alles. Und wenn er dann doch mal Sorgen hat, kommt Spargel auf den Tisch. Allein der macht Deutschland lebenswert, findet Genki.

Ganz schön körperlich, die Bundesliga

Die Bundesliga, sein großes Ziel, anzunehmen aber, das fällt ihm schwerer, als gedacht. Schwieriger. als er vor seinem von großem Tohuwabohu und japanunüblichen Gefühlsschüben begleiteten Abschied von den Urawa Red Diamonds vermutet hätte. Ganz schön körperlich gehe es zu, beteuert Genki, und taktisch weitaus gescheiter als in der japanischen J-League.
Nun gehören die Japaner nicht grundlos zur wachsenden Spezies in der Bundesliga. Aus der ganzen Bundesrepublik klingen lobende Worte. Bedacht seien sie, uneitel, ungemein emsig und  – besonders – anpassungsfähig. Für Genki fängt das bei der Sprache an und hört auch dort auf. Dreimal die Woche geht er zu einem Deutschkurs. "Das ist eine schwierige Sprache“, sagt er, "aber ich gebe alles!" Bis das reicht, begleitet ihn erstmal ein dritter Japaner: Katsutoshi Takada. Der studierte Philosoph ist selbst Trainer, Übersetzer bei der Deutsch-Japanischen-Gesellschaft – und neuerdings auch Haraguchi-Dolmetscher für die Trainingseinheiten in Belek. "Ich bin froh, dass wir noch einen Landsmann dabei haben", sagt Haraguchi. "Katsutoshi ist mir eine große Hilfe."

Airbag für Hajime Hosogai

Takada ist nicht nur Genki-Vertrauter, sondern auch eine Art Airbag für Hajime Hosogai. Der andere Japaner in Herthas Profikader übersetzte bisher für seinen Landsmann, mit dem er nicht nur in der japanischen Nationalmannschaft, sondern auch bei Urawa zusammen spielte. Das war wohl mehr Belastung als Hosogai zugeben will – in der Hinrunde war er nicht mehr der Zweikampfpol, der Hertha in der vergangenen Spielzeit so stabilisierte. Hosogai will sich wieder mehr einbringen, Haraguchi will in der Bundesliga ankommen. Takada soll ihnen dabei helfen.

Man ist sicher, dass das funktioniert. "Hajime hat eine fantastische Mentalität", sagt Jos Luhukay. "Er wird wieder wichtig für uns werden." Das allerdings frühestens im Heimspiel gegen Leverkusen: Hosogai wird für den Rückrundenauftakt gesperrt fehlen. Haraguchi nicht. Luhukay testet ihn in Abwesenheit der angeschlagenen Änis Ben-Hatira und Roy Beerens beständig auf beiden Flügeln, lobt seine Mobilität und Gewandtheit. Man kann davon ausgehen, dass er für Bremen fest vorgesehen ist. Bis dahin wäre er gut beraten, sich lieber einmal weniger den Kopf zu zerbrechen, als einmal zu viel.

(ph/citypress)

von Hertha BSC