
Teams | 22. Januar 2015, 16:05 Uhr
"Das ist immer Thomas Kraft!"
"Das ist immer Thomas Kraft!"

Herthas Nummer 1 spricht über die Torhüterwahrnehmung, seinen Ehrgeiz und eine bessere Rückrunde.
Belek - Zumindest öffentlich ist Thomas Kraft keiner, der für Heiterkeit oder Ausgelassenheit steht. Wohl aber für Konstanz, für Druckresistenz, für Konzentration. Woher kommt dieser Ruf? Ist er anstrengend? Und wie nimmt so einer sich und seine Position wahr? Wir haben uns in Belek mit ihm unterhalten.
herthabsc.de: Thomas! Peter Handke schlug in seiner Erzählung "Die Angst des Tormanns beim Elfmeter" vor, man solle den Blick während eines Fußballspiels mal nur auf den Torwart richten.
Thomas Kraft: Das wäre für viele mal interessant und wichtig. Aber viele Leute interessiert das eben nicht. Für die gibt es zwei Bewertungen: Hält er oder hält er nicht? Schmeißt der sich einen rein oder nicht?
herthabsc.de: Was sehen die, die nicht nur auf die Paraden schauen?
Kraft: Wie sich der Torwart über 90 Minuten bewegt, wie er sich präsentiert. Was er tut, wenn der Ball weg ist. Wie wichtig er für die Organisation der Mannschaft ist. Das Torwartspiel wirklich beurteilen können vielleicht 10 bis 15 Prozent derer, die es versuchen.
herthabsc.de: Nervt das?
Kraft: Ach. Überhaupt nicht. Die eine Woche wird so berichtet, die nächste so – was soll man sich darüber ärgern? Das macht keinen Sinn.
herthabsc.de: Ist die öffentliche Wahrnehmung und damit auch Wertschätzung mit der Nominierung Manuel Neuers für die Weltfußballerwahl gestiegen?
Kraft: Ich sage mal: Wenn die Wahrnehmung voll da wäre, hätte Manuel aus meiner Sicht Weltfußballer werden müssen. Trotzdem ist schon seine Nominierung ein Schritt nach vorn.
herthabsc.de: Warum spielst du eigentlich nicht auf einer wahrnehmungsstärkeren Position, im Sturm etwa?
Kraft: Ich wollte immer ins Tor. Diese Affinität war schon vorhanden als ich mit sieben Jahren mit dem Fußball begonnen habe. Nicht, dass ich der letzte gewesen wäre, der dann ins Tor musste. Ich wollte immer ins Tor.
herthabsc.de: Da bekommst du Bälle in den Bauch und ins Gesicht, wirfst dich mit dem Kopf voran ins Getümmel. Muss der Torwart ein Fanatiker, ein bisschen bekloppt sein?
Kraft: Verrückt will ich nicht sagen. Es gehört zum Job dazu. Aber man sieht eben auch wie wenige Torhüter es im Vergleich zu Feldspielern gibt. (lacht)
herthabsc.de: Ist man als Torwart deswegen ein Aussätziger?
Kraft: Wir empfinden uns nicht als anders oder außenstehend. Klar sind wir aufgrund der Trainingsinhalte oft vom Rest der Mannschaft getrennt, aber wir sind ein Team. Es gab immer ein gutes Miteinander. Zwischen Rune, den jungen Torhütern und mir, aber auch zwischen uns und den Feldspielern.
herthabsc.de: Kommst du als passionierter Ehrgeizling irgendwie, irgendwann dazu, den Fußball weniger ernst zu nehmen?
Kraft: Diesen grundsätzlichen Ehrgeiz werde ich nie verlieren.
herthabsc.de: Aber?
Kraft: Wenn du 17 Jahre alt bist, ist Fußball ungelogen alles für dich. Mit dem Älterwerden, der Entwicklung relativiert sich das aber. Wie bei mir jetzt, wenn dann eine Familie dazukommt. Ich kann Fußball und Privatleben zunehmend besser trennen, denke nicht mehr 20 Stunden am Tag über Fußball nach und merke auch, dass ich die Sommer- und Winterpausen einfach brauche, um mal komplett loszulassen.
herthabsc.de: Bist du noch du selbst, wenn du auf dem Rasen stehst?
Kraft: Was ich mache, ist immer bewusst getan. Klar versuche ich auf dem Platz mehr auszustrahlen und habe eine gewisse Emotionalität. Aber das ist immer Thomas Kraft.
herthabsc.de: Was denkst du, wenn du einen Ball aus dem Netz holst?
Kraft: Unterschiedlich und schwer zu beschreiben. Ärger, in seltenen Fällen auch die Analyse: Was war da gerade los?
herthabsc.de: Gibt es in der Mannschaft jemanden, dessen Defensivarbeit unterschätzt wird?
Kraft: Da kann ich keinen herausheben, weil alle gefordert und wichtig sind. Eine Defensive besteht nie nur aus Torhütern und Innenverteidigung, sondern im Idealfall aus einem Defensivverbund. Das geht von der Sturmspitze über die Flügel bis zu mir.
herthabsc.de: Das kann aber bei 35 Gegentoren in 17 Spielen nicht konstant funktioniert haben?!
Kraft: Jedem kann ein Fehler unterlaufen, Fußball ist ein Spiel der Fehler. Aber ganz klar: Wir haben in Hinrunde nicht abgerufen, was wir müssen. Und schon gar nicht, was wir können. Insbesondere die 35 Gegentore sind zu viel. Das müssen wir unbedingt abstellen!
herthabsc.de: Daran scheinst du zu glauben, du hast bei Hertha verlängert.
Kraft: Weil mir in keinsterweise Bange vor der Rückrunde ist. Zu zeigen, was wir als Mannschaft draufhaben – da liegt die Motivation. Dann wird die Rückrunde ganz automatisch besser.
(ph/citypress)
herthabsc.de: Thomas! Peter Handke schlug in seiner Erzählung "Die Angst des Tormanns beim Elfmeter" vor, man solle den Blick während eines Fußballspiels mal nur auf den Torwart richten.
Thomas Kraft: Das wäre für viele mal interessant und wichtig. Aber viele Leute interessiert das eben nicht. Für die gibt es zwei Bewertungen: Hält er oder hält er nicht? Schmeißt der sich einen rein oder nicht?
herthabsc.de: Was sehen die, die nicht nur auf die Paraden schauen?
Kraft: Wie sich der Torwart über 90 Minuten bewegt, wie er sich präsentiert. Was er tut, wenn der Ball weg ist. Wie wichtig er für die Organisation der Mannschaft ist. Das Torwartspiel wirklich beurteilen können vielleicht 10 bis 15 Prozent derer, die es versuchen.
herthabsc.de: Nervt das?
Kraft: Ach. Überhaupt nicht. Die eine Woche wird so berichtet, die nächste so – was soll man sich darüber ärgern? Das macht keinen Sinn.
herthabsc.de: Ist die öffentliche Wahrnehmung und damit auch Wertschätzung mit der Nominierung Manuel Neuers für die Weltfußballerwahl gestiegen?
Kraft: Ich sage mal: Wenn die Wahrnehmung voll da wäre, hätte Manuel aus meiner Sicht Weltfußballer werden müssen. Trotzdem ist schon seine Nominierung ein Schritt nach vorn.
herthabsc.de: Warum spielst du eigentlich nicht auf einer wahrnehmungsstärkeren Position, im Sturm etwa?
Kraft: Ich wollte immer ins Tor. Diese Affinität war schon vorhanden als ich mit sieben Jahren mit dem Fußball begonnen habe. Nicht, dass ich der letzte gewesen wäre, der dann ins Tor musste. Ich wollte immer ins Tor.
herthabsc.de: Da bekommst du Bälle in den Bauch und ins Gesicht, wirfst dich mit dem Kopf voran ins Getümmel. Muss der Torwart ein Fanatiker, ein bisschen bekloppt sein?
Kraft: Verrückt will ich nicht sagen. Es gehört zum Job dazu. Aber man sieht eben auch wie wenige Torhüter es im Vergleich zu Feldspielern gibt. (lacht)
herthabsc.de: Ist man als Torwart deswegen ein Aussätziger?
Kraft: Wir empfinden uns nicht als anders oder außenstehend. Klar sind wir aufgrund der Trainingsinhalte oft vom Rest der Mannschaft getrennt, aber wir sind ein Team. Es gab immer ein gutes Miteinander. Zwischen Rune, den jungen Torhütern und mir, aber auch zwischen uns und den Feldspielern.
herthabsc.de: Kommst du als passionierter Ehrgeizling irgendwie, irgendwann dazu, den Fußball weniger ernst zu nehmen?
Kraft: Diesen grundsätzlichen Ehrgeiz werde ich nie verlieren.
herthabsc.de: Aber?
Kraft: Wenn du 17 Jahre alt bist, ist Fußball ungelogen alles für dich. Mit dem Älterwerden, der Entwicklung relativiert sich das aber. Wie bei mir jetzt, wenn dann eine Familie dazukommt. Ich kann Fußball und Privatleben zunehmend besser trennen, denke nicht mehr 20 Stunden am Tag über Fußball nach und merke auch, dass ich die Sommer- und Winterpausen einfach brauche, um mal komplett loszulassen.
herthabsc.de: Bist du noch du selbst, wenn du auf dem Rasen stehst?
Kraft: Was ich mache, ist immer bewusst getan. Klar versuche ich auf dem Platz mehr auszustrahlen und habe eine gewisse Emotionalität. Aber das ist immer Thomas Kraft.
herthabsc.de: Was denkst du, wenn du einen Ball aus dem Netz holst?
Kraft: Unterschiedlich und schwer zu beschreiben. Ärger, in seltenen Fällen auch die Analyse: Was war da gerade los?
herthabsc.de: Gibt es in der Mannschaft jemanden, dessen Defensivarbeit unterschätzt wird?
Kraft: Da kann ich keinen herausheben, weil alle gefordert und wichtig sind. Eine Defensive besteht nie nur aus Torhütern und Innenverteidigung, sondern im Idealfall aus einem Defensivverbund. Das geht von der Sturmspitze über die Flügel bis zu mir.
herthabsc.de: Das kann aber bei 35 Gegentoren in 17 Spielen nicht konstant funktioniert haben?!
Kraft: Jedem kann ein Fehler unterlaufen, Fußball ist ein Spiel der Fehler. Aber ganz klar: Wir haben in Hinrunde nicht abgerufen, was wir müssen. Und schon gar nicht, was wir können. Insbesondere die 35 Gegentore sind zu viel. Das müssen wir unbedingt abstellen!
herthabsc.de: Daran scheinst du zu glauben, du hast bei Hertha verlängert.
Kraft: Weil mir in keinsterweise Bange vor der Rückrunde ist. Zu zeigen, was wir als Mannschaft draufhaben – da liegt die Motivation. Dann wird die Rückrunde ganz automatisch besser.
(ph/citypress)