"Punkte mit nach Berlin nehmen"
Teams | 20. März 2015, 01:50 Uhr

"Punkte mit nach Berlin nehmen"

"Punkte mit nach Berlin nehmen"

Änis Ben-Hatira im herthabsc.de-Interview über Vorbildfunktionen, Einfluss, Lehren und Siegeswillen.
Berlin - In der Winterpause plagte sich Änis Ben-Hatira mit einer Zehenverletzung herum, die ihn auch die Teilnahme am Afrika-Cup mit Tunesien kostete. Der offensive Mittelfeldspieler arbeitete sich zurück in die Mannschaft und durfte am vergangenen Spieltag erstmals wieder von Beginn an ran. Nicht nur sein Startelfcomeback inklusive Tor machten die Begegnung zu einer besonderen für Herthas Nummer 10 - auch für den kleinen Jannik war es ein außergewöhnlicher Tag: An der Hand von Änis Ben-Hatira lief er nach überstandener Krebserkrankung auf, den Treffer zum 1:0 feierte der Comebacker mit der Spiderman-Maske des Jungen.

Nun geht es für Hertha BSC und Änis Ben-Hatira in der Bundesliga weiter - wieder ein besonderes Spiel: Ben-Hatira trifft auf seinen Ex-Verein Hamburger SV. Im herthabsc.de-Interview sprach Änis Ben-Hatira über die Lehren aus dem Schalke-Spiel, Vorbildfunktionen, Motivation und natürlich die Ziele für das Duell mit dem ehemaligen Club.

herthabsc.de: Mit ein paar Tagen Abstand - ärgert man sich immer noch über den späten Ausgleich am letzten Wochenende?
Änis Ben-Hatira: Im ersten Moment wirkte es schon wie eine gefühlte Niederlage. Gerade auch, weil wir den Sieg verdient gehabt hätten. Wir haben über weite Strecken richtig guten Fußball gezeigt, stark dagegen gehalten haben und Schalke kaum zur Entfaltung haben kommen lassen. Dann ist so ein später Gegentreffer natürlich bitter.

herthabsc.de: Und inzwischen?
Ben-Hatira: Wenn man es ein bisschen sacken lassen kann, ist es schon ein wichtiger Punktgewinn, auch weil wir in den letzten Jahren selten gut gegen sie ausgesehen haben.

herthabsc.de: Welche Lehren habt ihr gezogen?
Ben-Hatira: Es wären schon Big Points gewesen, aber wichtiger ist, dass wir gezeigt haben, dass wir wieder besseren Fußball spielen können. Natürlich gibt es immer Dinge, die man besser machen kann. Wir müssen vor allem die kleinen Naivitäten abstellen. In den spielentscheidenden Szenen gegen so klasse Mannschafte müssen wir noch konsequenter sein. Daran arbeiten wir.

herthabsc.de: Für dich war es der erste Einsatz von Beginn an, gleich gekrönt mit einem Tor... Für Jannik, mit dem du aufgelaufen bist, war es auch ein besonderes Spiel. Wie kam es dazu?
Ben-Hatira: Der Kontakt lief über unsere Fanbetreuung. Sie haben mich gefragt, ob ich Jannik, der an Krebs erkrankt war, besuchen würde. Für mich war das keine Frage, so etwas mache ich gerne. Daraus ist eine Freundschaft entstanden und ich habe ihn dann regelmäßig besucht.

herthabsc.de:
Wie konntest du helfen?
Ben-Hatira: Natürlich sind die Eltern die wichtigsten Personen für den Jungen, aber ich glaube, ich habe als Fußballer auch einen gewissen Einfluss und auch die Möglichkeit, ihm noch ein bisschen mehr Kraft zu geben. Wir haben deshalb entschieden, dass ich ihn auf seinem Weg begleite und er mit mir aufläuft, wenn er den Krebs vorerst besiegt hat.

herthabsc.de: Wie hast du die Nachricht aufgenommen, dass er die erste Etappe überstanden hat?
Ben-Hatira: Ich habe mich riesig über die Nachricht gefreut, aber es ist noch nicht überstanden. Er muss noch lange weiter zur Behandlung und gilt erst nach fünf Jahren als wirklich geheilt.

herthabsc.de: Du engagierst dich viel abseits des Platzes. Was ist deine Motivation dahinter?
Ben-Hatira: In der Rolle als Fußballprofi hat man natürlich eine Vorbildfunktion und dadurch Einfluss auf die Jugend. Ich engagiere mich sehr gerne, gerade auch mit der Bundesliga und der DFL haben wir viele gute Projekte, mit denen wir versuchen, einiges zu erreichen.

herthabsc.de: Zurück zum Sportlichen... Du warst lange verletzt, durftest letzte Woche erstmals wieder von Beginn an ran. Wie schwer war die Zeit für dich?
Ben-Hatira: Natürlich will man so schnell es geht wieder zurück auf den Platz. Deshalb freue ich mich auch sehr, jetzt wieder vorbei sein zu dürfen. Jetzt zählt nur noch das Spiel in Hamburg und die nächsten Wochen.

herthabsc.de: Drei Spiele in Folge seid ihr inzwischen ungeschlagen. Welche Rolle spielt das Trainerteam dabei?
Ben-Hatira: Pál Dárdai und Rainer Widmayer bereiten uns sehr gut vor und motivieren uns. Man merkt, dass wir alle erfolgreich sein wollen. Dieses Ziel wollen wir erreichen und dafür müssen wir alle an einem Strang ziehen.

herthabsc.de: Was ist in dieser Phase das Wichtigste?
Ben-Hatira: Es zählen nur die Resultate. Natürlich stehen wir unter Druck, aber das ist für mich zusätzliche Motivation. Für mich als Berliner ist es wichtig, mit dem Verein erfolgreich zu sein.

herthabsc.de: Die Chance dazu gibt es am Freitagabend gegen deinen ehemaligen Verein in Hamburg. Ist es noch etwas besonderes für dich?
Ben-Hatira: Natürlich ist das Spiel ein besonderes für mich. Hertha ist mein Heimatverein, mein Jugendverein, aber ich bin mit 17 zum HSV in ein wirklich gutes Team gekommen und durfte dort mein erstes Bundesliga-Spiel bestreiten. Ich war fünfeinhalb Jahre dort, habe viel gelernt und bin erwachsen geworden. Da ist klar, dass mir der Verein auch am Herzen liegt.

herthabsc.de:
Wie gehst du in das Spiel?
Ben-Hatira: Natürlich werde ich im Spiel alles dafür geben, dass wir die drei Punkte mit nach Berlin nehmen, aber ich hoffe auch, dass der HSV mit uns in der Liga bleibt.

herthabsc.de: Besteht noch Kontakt in den hohen Norden?
Ben-Hatira: Ja, der ist nie abgerissen, auch wenn jetzt nicht mehr viele dort sind, mit denen ich zusammen gespielt habe. Zu meiner Zeit waren viele große Namen dort, von den ich viel gelernt habe - sei es Ruud van Nistelrooy, Nigel den Jong oder Vincent Kompany.

herthabsc.de: Was erwartest du von dem Spiel gegen den HSV?
Ben-Hatira: Wir brauchen uns nichts vormachen - das wird ein heißer Tanz. Ich erwarte eine sehr zweikampfbetonte Partie, gerade auch, weil Hamburg unter Zugzwang ist. Wir wollen definitiv auch gewinnen, deshalb wird es ein intensives, vielleicht auch hartes und umkämpftes Spiel werden.

(war/City-Press)

von Hertha BSC