
Glück liegt auf dem Rasen
Glück liegt auf dem Rasen

Berlin - Damit hatte er nicht gerechnet. Dass er in diesem Sommer als einer von drei Youngsters einen Profi-Vertrag unterzeichnen würde, kam für Florian Kohls überraschend. Er hatte schon einen Plan B: Nachdem er letztes Jahr Abitur gemacht hat, wollte er erst ein Jahr ins Ausland gehen und dann auf Lehramt studieren – so wie seine Eltern. Es kam für ihn nie in Frage, neben dem Fußball keine Alternative zu haben. Dann kam es aber doch anders. Er bekam eine Chance und setzte auf den Fußball.
Seine Karriere startete der Sechser als Fünfjähriger beim Mariendorfer SV, inspiriert von seinem Vater, der auch Fußball spielte. Beim BFC Preussen entdeckte ihn Hertha BSC und machte ihm 2008 das erste Angebot zu wechseln. Damals sagte Florian Kohls ab, da er dem BFC Preussen bereits versprochen hatte, noch ein Jahr zu bleiben. Er stand zu seinem Wort. Als dann ein Jahr später nochmal ein Angebot aus der Hertha Fußball-Akademie kam, wagte er den nächsten Schritt.
herthabsc.de: Mit Yanni Regäsel und Marius Gersbeck spielst du schon lange zusammen, 2012 seid ihr deutscher B-Jugend-Meister geworden. Jetzt trainiert ihr gemeinsam bei den Profis. Was bedeutet das für dich?
Florian Kohls: Es ist immer schön, in seiner Trainingsgruppe jemanden zu haben, den man schon länger kennt. Das ist auch etwas, das uns zusammenhält und Selbstvertrauen gibt. Man wusste immer, dass sich nur wenige bis nach ganz oben arbeiten. Deswegen ist es umso schöner, dass es zwei weitere aus meiner Mannschaft geschafft haben.

herthabsc.de: Im Training arbeitet ihr auch oft zusammen und seid immer die letzten, die vom Platz kommen. Was macht ihr da immer noch so lange?
Kohls: Ist das jetzt ein Kritikpunkt (lacht )? Für mich ist es jetzt das erste Jahr bei den Profis und es ist immer noch ein besonderes Gefühl auf dem Schenckendorffplatz zu stehen. Dann nimmt man sich doch nochmal Zeit und spielt kleine Fußballspielchen mit den Jungs und genießt es auf dem "Profi-Rasen" zu sein.
herthabsc.de: Du bist nach Maxi Mittelstädt und Nils Körber der dritte Jugendspieler, der in dieser Saison einen Profi-Vertrag unterschrieben hat. Du warst auch in den beiden Trainingslagern und in der kompletten Vorbereitung dabei. Wie hat sich das angefühlt, seinen ersten Profi-Vertrag in der Hand zu halten?
Kohls: Als die Nachricht kam, war ich schon sehr aufgeregt, hatte ein richtig glückliches Gefühl. Meine Eltern haben sich auch tierisch gefreut. Bei mir ging es jetzt auch relativ schnell, es gab nie die Anzeichen dafür, dass ich mal einen Profi-Vertrag unterschreiben würde. Hätte man mir Anfang Juni gesagt, dass ich einen Profi-Vertrag bekommen würde, hätte ich gedacht "Guter Witz, aber nee."
herthabsc.de: Herthas Fußball-Akademie hat ja schon sehr viele, gute Fußballer herausgebracht. In den letzten Jahren hatte man aber den Eindruck, dass die Jungs es schwer hatten, sich nach oben durch zu beißen.
Kohls: Das ist ja auch immer eine Frage, wie der die Trainer das bewerten. Gefördert wurden wir hier ja schon immer erstklassig. Durch unseren Chef-Trainer Pál Dárdai wurde jetzt auch wieder viel mehr auf die Jugend gesetzt – das ist für viele von uns natürlich perfekt. Dank Pál Dárdai und Rainer Widmeyer habe ich die Chance bekommen – dafür bin ich sehr dankbar. Aber ich glaube, ich habe meine Chance auch genutzt. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so zufrieden war wie als ich den Vertrag bei unserem Manager Michael Preetz dann unterschrieben habe. Das war einfach das, wovon ich als Kind, als kleiner Kicker, immer geträumt habe.
herthabsc.de: Wer ist im Training ein besonders unangenehmer Gegner?
Kohls: Vladimir Darida. Er hat einfach so ein hohes Laufpensum, das ist unglaublich. Er spielt ja meine Position, da spielt man in den Trainingsspielen öfter mal gegeneinander. Er läuft wirklich sehr, sehr viel, da kommt man dann schon mal aus der Puste. Aber privat, also sozusagen neben dem Platz, ist er ein super Typ. Wie im Übrigen alle im Team – die Art und Weise wie wir Jungen aufgenommen wurden, war schon echt bemerkenswert.
herthabsc.de: Quasi direkt nach den zwei Trainingslagern im Sommer hast du dich verletzt und bist drei Wochen ausgefallen. Wie schwer war es, wieder einzusteigen und mitzuhalten?
Kohls: Auch wenn es "nur" drei Wochen waren, hat mir dann trotzdem noch Kondition gefehlt. In den Spielformen ist es dann immer nochmal was anderes als wenn man bei der Physiotherapie Ausdauerübungen macht. Dann musste ich mich erst mal wieder zurückarbeiten, aber mit der Zeit findet man dann seine Automatismen wieder.
herthabsc.de: Pál Dárdai lobt dich besonders für dein "peripheres Sehen". Gemeint ist damit, dass du immer alles gleichzeitig im Blick hast. Würdest du selber auch sagen, dass das deine Stärke ist oder siehst du die woanders?
Kohls: Der Trainer hat ja immer recht... Aber ja, ich denke auch, dass das eine meiner Stärken ist, wenn nicht sogar meine größte Stärke. Ich war nie der Sprinter oder der Dribbler. Es ging halt immer darum, dass wenn ich angespielt werde, sehe, wo der freie Mitspieler ist. Ansonsten muss ich als Sechser auch ein gutes Passspiel haben und viel laufen. Das kann ich – glaube ich - auch ganz gut.
herthabsc.de: Wie war das zu Schulzeiten – Wie war die Zeiteinteilung von Schule und Fußball? Wo lagen deine Prioritäten?
Kohls: Ich habe letztes Jahr an der Poelchau- Oberschule Abi gemacht. Meine Eltern sind auch beide Lehrer, deswegen haben sie immer sehr viel Wert auf die Schule gelegt und für mich war es dann auch selbstverständlich, dass ich trotz des Fußballs mein Abitur mache. Ich habe nie überlegt, schon früher abzugehen, weil ich immer wusste, dass das schiefgehen kann. Auch wenn man ein ganz großes Talent ist, kann immer eine Verletzung dazwischen kommen. Und was machst du dann? Im Fußball kann es ganz schnell gehen, du bist ganz schnell ganz oben oder auch ganz unten. Deswegen habe ich das Abitur als Rückversicherung.
herthabsc.de: Wie hast du dich dann entschieden, Fußballprofi zu werden und nicht eine "normale" Karriere anzutreten? Wann hat sich herauskristallisiert, dass es mit einer Profi-Karriere klappen könnte?
Kohls: Fußballprofi zu werden, ist ja schon immer so ein kleiner Kindheitstraum. Als ich in die U23 kam, dachte ich schon "Okay, vielleicht könnte das was werden". Aber ich habe nie so wirklich damit gerechnet, weil es ja dann doch noch ein ziemlich großer Schritt in den Profi-Bereich ist. Realistisch wurde es ja dann erst, als ich diesen Sommer die erste Woche bei den Profis war und dann auch noch mit in die Trainingslager durfte.
[>]Im Fußball kann es ganz schnell gehen, du bist ganz schnell ganz oben oder auch ganz unten. Deswegen habe ich das Abitur als Rückversicherung.[<]

Kohls: Das ganze Umfeld, es ist alles extrem professionell. Das ist es bei Hertha BSC ja schon in der Akademie, aber wenn man dann „oben“ ist noch einmal eine Stufe mehr. Die Vorbereitung, die tägliche Arbeit, das Umfeld der Mannschaft. In so vielen Dingen gibt es da natürlich noch Unterschiede, zum Beispiel auch, dass man von so vielen Spezialisten betreut wird. Im Aufbaubereich, in der Regeneration, bei allem was so dazu gehört. Zum Beispiel auch, dass man durch unseren Pressesprecher darauf vorbereitet wird, was so medial auf einen zukommen kann. Das ist schon alles sehr, sehr hilfreich und macht einem das Einleben oder die Umgewöhnung sehr viel leichter.
herthabsc.de: Wie bist du Hertha-Fan geworden?
Kohls: Seit ich angefangen habe, selbst Fußball zu spielen, bin ich auch Hertha-Fan und fiebere bei jedem Spiel mit. Früher bin ich dann immer mit meinem Papa ins Stadion gegangen.
herthabsc.de: Du bist in Berlin geboren und aufgewachsen, kennst die Stadt also gut. Was fasziniert dich an Berlin?
Kohls: Mich fasziniert die Offenheit der Leute. Ich mag auch die verschiedenen Kulturen, ich habe viele Freunde, die aus anderen Ländern kommen. Berlin ist eine grüne Stadt, das gefällt mir auch sehr gut, da sieht im Sommer alles superschön aus. Man ist auch etwas anonymer und hat seine Freiheiten.
herthabsc.de: Welcher ist dein Kiez?
Kohls: Ich komme aus Tempelhof und bin immer Sommer gerne auf dem Tempelhofer Feld. Aber ich mag auch die Gegend um den Potsdamer Platz ganz gerne.
herthabsc.de: Was sind deine Ziele für die Saison – für dich persönlich und für das Team?
Kohls: Für mich persönlich natürlich, dass ich in der U23 kontinuierlich Spielpraxis sammle und ich möchte mich auch für die erste Mannschaft empfehlen. Es ist auch immer schön, in den Kader zu kommen und vielleicht auch mal zu einem Kurzeinsatz zu kommen. Und ich möchte verletzungsfrei bleiben. Für die Mannschaft wünsche ich mir, dass wir eine gute Saison spielen, fern von allen Abstiegssorgen. Dass wir schon früh gesichert sind und einfach frei aufspielen können und dann mal schauen, was noch geht.