
Der Perfektionist
Der Perfektionist

Berlin – Nello di Martino zögert kurz. Er braucht ein paar Sekunden, bis er auf die Antwort kommt. Als er seine Gedanken sortiert hat, grinst er. Die Hände hält er gefaltet. „Ich glaube, dass ich inzwischen um die 100 Trainingslager organisiert haben dürfte“, sagt er. Seit 1971 ist di Martino nun schon Herthaner. Er ist das Urgestein der Berliner, die treue Seele, die jeden Quadratmeter auf dem Vereinsgelände kennt. Jemand, den die Leute gerne fragen, wenn sie Rat suchen.
Seit 2009 ist di Martino Teamleiter. In dieser Funktion plant der 64-Jährige An- und Abreise zu den Auswärtsspielen, koordiniert Termine und kümmert sich um alle anderen organisatorischen Dinge im Hintergrund einer Bundesliga-Mannschaft. Dazu gehört auch die Planung von Trainingslagern. In diesen Vorbereitungsphasen soll zweimal in der Saison der Grundstein für sportlichen Erfolg gelegt werden. Umso wichtiger ist, dass alles reibungslos funktioniert. Es ist eine Aufgabe, die an den Nerven zehren kann, die strapaziös ist und viele Unwägbarkeiten mit sich bringt. Doch der ehemalige Torwarttrainer löst sie mit einem Mix aus italienischer Gelassenheit und deutscher Ordnung. „Ich bin nicht mehr so angespannt vor einem Trainingslager, aber wie heißt es so schön: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, sagt er schmunzelnd.
Vor dem Winter-Trainingslager in Belek hat herthabsc.de mit Nello di Martino über die Herausforderungen einer solchen Reise, die Wahl der Testspielgegner und die Zimmerverteilung gesprochen.

herthabsc.de: Nello, auch in diesem Jahr geht es wieder in die Türkei nach Belek. Diesmal übernachtet und trainiert ihr auf der Anlage des Gloria-Golf-Resorts. Warum habt ihr euch für dieses Hotel entschieden?
Nello di Martino: Wir waren jetzt vier Jahre hintereinander im Cornelia Diamond. Dort haben wir uns sehr wohl gefühlt. Es hat einfach gepasst. Aber wir wollten diesmal etwas ändern, einfach etwas Neues machen. Auch um neue Erfahrungswerte zu sammeln. Das Gloria-Golf-Resort ist eines der Top-Hotels in Belek. Dort haben vor uns Mannschaften mit einem gewissen Kaliber residiert, zum Beispiel Ajax Amsterdam oder Dynamo Kiew.
herthabsc.de: Was zeichnet das Hotel aus?
di Martino: Vor Ort herrscht eine sehr familiäre Atmosphäre, die Angestellten und alle anderen Mitarbeiter sind aufeinander eingespielt. Zu der Hotelanlage gehört ein eigenes Sportzentrum mit zweieinhalb Fußballplätzen, von denen uns anderthalb zur Verfügung stehen. Dazu ein riesiger Fitnessbereich und eine Eiskammer. Dort herrschen einfach überragende Voraussetzungen. Ich hoffe nicht, dass wir darauf zurückgreifen müssen, aber auch die medizinische Abteilung ist auf dem neusten Stand. In der Türkei haben wir nie Probleme gehabt, Belek ist als Ziel für Bundesligisten bekannt.
herthabsc.de: Worauf musst du achten, wenn du auf der Suche nach der passenden Unterkunft bist?
di Martino: Da gibt es viele Dinge, ich muss immer nach dem richtigen Gesamtpaket schauen, in dem ein Rad in das andere greift. Das Hotel generell, die Zimmergröße und die Räumlichkeiten vor Ort. Der Tourist und der Fußballer sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Der Tourist ist fast nur zum Schlafen in seinem Zimmer, die Spieler verbringen dort sehr viel Zeit. Hinzu kommt, dass wir Platz für unser ganzes Zubehör brauchen, das die Physiotherapeuten und die Zeugwarte dabei haben. Die Wäscherei muss in der Lage sein, die Trainingsklamotten zu waschen. Das Trainerteam wünscht sich einen Besprechungsraum. Ganz wichtig sind natürlich auch die Trainingsbedingungen vor Ort. Deshalb war ich auch zweimal in Belek, denn zwischen September und Oktober verändern sich die Rasenplätze, die Entwicklung musste ich im Auge behalten.
herthabsc.de: Und wie sieht es mit dem Essen aus?
di Martino: Als ich vor Ort war, habe ich nicht faul in der Sonne gelegen. Ich habe dafür dann das Essen getestet (lacht). Aber Spaß beiseite: Die Ernährung ist ein wichtiges Thema. Das Essen in unserem Hotel schmeckt und erfüllt alle Anforderungen. Aber wir behalten die Spieler ein wenig im Auge. Wenn einer zu viel isst, gibt es was auf die Finger (lacht)!
herthabsc.de: Wer kümmert sich um die Zimmeraufteilung?
di Martino: Das mache ich in Absprache mit Fabian Lustenberger und Pál Dárdai. Viele Spieler gehen schon seit Jahren zusammen auf ein Zimmer. Einige Spieler sind aber auch im Einzelzimmer, zum Beispiel welche, die schnarchen (lacht). Wir wollen keine Unruhe in die Familie bringen, deswegen versuchen wir, auf Wünsche oder Besonderheiten Rücksicht zu nehmen. Es ist wichtig bei einer solchen Trainingsbelastung in Ruhe regenerieren zu können.
herthabsc.de: In der Türkei bestreitet Hertha BSC vier Vorbereitungsspiele. Wie seid ihr auf die Testspielgegner Hannover 96, Borussia Mönchengladbach, VfL Bochum und FC Vaduz gekommen?
di Martino: Ein Trainingslager, und damit auch die Testspielgegner, organisiert jeder Verein zusammen mit einer Agentur, die Angebote für Spiele und Vorbereitungsturniere macht. Wir hatten vorher geprüft, gegen welche Mannschaften mit welchem Spielsystem wir spielen wollen. Dann müssen wir von Gegner zu Gegner abwägen, ob alles passt. Wir hätten zum Beispiel gegen Werder Bremen testen können, aber wir treffen schon in der Liga Ende Januar aufeinander. Das wäre nicht ideal gewesen. Wir müssen aber auch auf andere Faktoren achten: Der Spielort darf nicht zu weit weg sein, damit die Strapazen für die Spieler möglichst gering sind.
herthabsc.de: In welchem Austausch stehst du mit dem Trainerteam, wenn du ein Trainingslager planst?
di Martino: Egal was ich mache, Pál Dárdai hat immer Kenntnis davon. Ein Trainingslager beginne ich Monate im Voraus zu planen, eigentlich dann, wenn der Rahmenspielplan der Saison feststellt. Aber da hat der Trainer andere Gedanken im Kopf, deshalb arbeite ich vor. Er vertraut auf meine Erfahrung, besonders bei der Wahl des Hotels. Wenn die Planungen konkreter werden, tauschen wir uns natürlich noch einmal intensiv aus. In diesem Jahr ist er auf mich zugekommen und hat sich vier Testspiele gewünscht, das haben wir dann so organisiert. Ich bin guter Dinge, dass wir uns auch in diesem Jahr wieder wohl fühlen in Belek und alles klappt.
(fw/City-Press)
Gesagt...
[>]Wir behalten die Spieler im Auge. Wenn einer zu viel isst, gibt es was auf die Finger![<]