"Aus einer Idee wurde ein Weg"
Profis | 10. September 2016, 10:49 Uhr

"Aus einer Idee wurde ein Weg"

"Aus einer Idee wurde ein Weg"

Ingolstadt-Trainer Markus Kauczinski über Sebastian Langkamp, Ex-Klub KSC und die kommende Partie gegen Hertha BSC.

Berlin - Markus Kauczinski hat ein neues Kapitel aufgeschlagen. Im Sommer verließ der 46-Jährige den Karlsruher SC, für den er 15 Jahre im Jugend- und Profibereich an der Seitenlinie stand. Mit dem Wechsel zum FC Ingolstadt 04 stellt er sich der Herausforderung als Trainer in Deutschlands höchster Spielklasse. Sein Einstand in der Bundesliga verlief durchaus zufriedenstellend, konnte sein Team doch am ersten Spieltag beim HSV einen Punkt erbeuten (1:1). Am Samstag (10.09.16) um 15.30 Uhr trifft Kauczinski - erstmals in seiner Karriere - auf Hertha BSC. Es wird sein Heimdebüt als Coach vom FCI. Im Interview mit herthabsc.de sprach er unter anderem über die Fanfreundschaft zwischen Hertha und dem KSC, einen ehemaligen Schützling und natürlich die kommende Partie.

herthabsc.de: Sie waren über ein Jahrzehnt in Karlsruhe, was war ausschlaggebend für den Wechsel nach Ingolstadt?
Markus Kauczinski: Ich habe beim KSC frühzeitig erklärt, meinen Vertrag nicht zu verlängern. Nach so einer langen Zeit bei einem Verein ist einfach das Gefühl gewachsen, dass etwas Neues kommen muss, ich eine neue Herausforderung brauche. Das kam alles Stück für Stück. Aus einer Idee ist irgendwann ein Weg geworden, der mich nun nach Ingolstadt geführt hat.

herthabsc.de: Von einem Zweitligisten, mit dem Sie 2014/15 in der Relegation gegen den HSV den Aufstieg in die Bundesliga verpassten, zu einem Bundesligisten, bei dem das Ziel der Klassenerhalt ist – Inwiefern hat sich die Ausgangssituation und Ihre Arbeit dementsprechend verändert?
Kauczinski: Die Grundvoraussetzungen sind bei beiden Vereinen relativ ähnlich. Auch beim KSC hatten wir im Ligavergleich einen geringen Etat. Alle dachten, der fünfte Platz im ersten Jahr wäre nicht zu toppen, doch danach sind wir Dritter geworden. Es ging auch beim KSC darum, keine großen Töne zu spucken, sondern aus wenigen Mitteln, viel herauszuholen. Die Voraussetzungen in Ingolstadt sind ähnlich. Mit unserem Etat reihen wir uns in der Liga sicherlich in den unteren Regionen ein, aber auch hier müssen wir aus diesen Mitteln das Optimale machen. Es gilt monetäre Defizite mit anderen Tugenden auszugleichen.

herthabsc.de: Inwiefern unterscheiden sich ihre fußballerischen Vorstellungen von denen ihres Vorgängers Ralph Hasenhüttl?
Kauczinski: Ich klammere mich nicht an irgendein System. Als Trainer ist es wichtig, dass man nicht nur ein System spielen kann und die Mannschaft dann da hineinpresst, sondern dass man schaut, was die Mannschaft kann und welche Spielweise zu ihr passt. Diese Dinge muss man ihr dann vermitteln. Wir wollen das Pressingspiel, das die Jungs im vergangenen Jahr schon gut umgesetzt haben, weiterführen, aber es ist auch sehr wichtig, dass wir andere taktische Mittel anwenden können. Für mich ist es auch von Bedeutung, dass wir flexibel und variabel sind, sodass der Gegner nie weiß, was auf ihn zukommt. Wir wollen auch im Spiel unseren Plan ändern können.

herthabsc.de: Wie schätzen Sie als neuer Trainer ihre Mannschaft ein?
Kauczinski: Wir haben ein Team, das nicht nur kampf- und laufstark ist, so wie es von außen gerne dargestellt wird. Wir haben sehr gute Fußballer in unseren Reihen und eine gesunde Mischung aus erfahrenen und jungen Spielern. Diese Ausgewogenheit wird uns helfen.

herthabsc.de: Weitergekommen im Elfmeterschießen gegen Aue, ein Punkt gegen ambitionierte Hamburger am ersten Spieltag. Wie zufrieden sind Sie mit dem Saisonstart?
Kauczinski: Der Saisonstart war sehr erfolgreich. Aue hat man angemerkt, dass sie bereits in die Saison gestartet waren, dazu konnte lange niemand mehr dort gewinnen. Dementsprechend selbstbewusst war ihr Auftritt. Vor diesem Hintergrund haben wir ein sehr gutes Spiel gezeigt und uns im Elfmeterschießen durchgesetzt. Für uns ist der Einzug in die zweite Pokalrunde ein echter Erfolg. Gegen den HSV hatten wir sogar Chancen das Spiel zu gewinnen. Neben ein, zwei Schwächen haben wir in dieser Begegnung auch sehr viele Stärken gezeigt. Mit dem Auftritt in Hamburg bin ich sehr zufrieden, diesen Punkt haben wir uns verdient.

herthabsc.de: Wie haben Sie ihr Trainerdebüt in der ersten Liga erlebt, was war anders?
Kauczinski: Es war ein Spiel und ein Moment mit besonderer Bedeutung, doch ich finde, dass das erste Spiel einer Saison immer besonders ist. Ansonsten gab es nicht viel, was ich nicht schon kannte. Die Relegationsspiele waren außergewöhnlich und ich habe bereits vor 50.000 Zuschauern Spiele als Trainer erlebt. Letztendlich hat man an der Seitenlinie aber immer eine Verantwortung für seine Mannschaft, egal, ob man eine U19 oder ein Bundesliga-Team trainiert. Das Drumherum ist natürlich anders, aber das interessiert einen nicht mehr, sobald das Spiel läuft. Da liegt der Fokus auf der Mannschaft, und das war beim Auftakt in Hamburg bei mir nicht anders.

herthabsc.de: Wie bewertet man als Trainer die Länderspielpause nach dem ersten Spieltag?
Kauczinski: Ich persönlich hätte diese Länderspielpause nicht gebraucht. Wir sind gut in die Saison gestartet und haben unseren Rhythmus gefunden. Jetzt ist man wieder etwas raus. Manchmal, wenn man mitten in der Saison ist, sehnt man eine solche Pause herbei, doch nicht nach dem ersten Spieltag.

herthabsc.de: Sie waren zuvor Trainer in Karlsruhe. Hertha- und KSC-Fans verstehen sich ausgesprochen gut. Inwiefern ist die Partie am Samstag dadurch für Sie auch eine besondere?
Kauczinski: Nein, für mich ist das Spiel deshalb nicht anders als andere Spiele. Die Fanfreundschaft zwischen den Anhängern des KSC und den Hertha-Fans habe ich allerdings als etwas sehr Besonderes erlebt. Sie wird von beiden Lagern sehr gepflegt, so etwas ist in der heutigen Zeit ja nicht mehr unbedingt üblich. Oftmals überwiegen die Rivalitäten ja den Freundschaften.

herthabsc.de: Mit Sebastian Langkamp treffen Sie auf ihren ehemaligen Spieler. Wie schätzen Sie dessen Entwicklung ein?
Kauczinski: Ich freue mich sehr darauf, ihn wiederzusehen. Er ist ein sehr besonderer Spieler und Mensch. Es freut mich sehr, dass er bei Hertha BSC einen so guten Weg gegangen ist.

herthabsc.de: Wie Pál Dárdai haben auch Sie ihre ersten Erfahrungen als Trainer im Jugendbereich gesammelt. Inwiefern haben einem diese Erfahrungen rückblickend geholfen?
Kauczinski: Ich habe meine Zeit im Jugendbereich als Lernzeit wahrgenommen. Ich konnte dort sehr viel ausprobieren, habe beinahe jedes System schon einmal spielen lassen, denn der Druck in diesem Bereich, immer gewinnen zu müssen, ist nicht so hoch. Das hilft mir jetzt zu erkennen, worauf es ankommt, man findet Schlüssel- und Knotenpunkte in den Systemen, die man ohne diese Erfahrungen vielleicht nicht so einfach erkennen würde. Insofern war es im Nachhinein betrachtet, eine sehr wichtige Lernzeit.

herthabsc.de: Hertha BSC ist mit Siegen im Pokal und der Liga gestartet. Wo sehen Sie die größten Stärken ihres Konkurrenten?
Kauczinski: Hertha BSC ist individuell sehr stark besetzt. Jeder Spieler hat die nötige Ruhe und Geduld am Ball, um auch brenzlige Situationen kontrolliert zu lösen. Die gute Saison im vergangenen Jahr hat bei ihnen für viel Selbstvertrauen gesorgt, das merkt man noch immer. Sie agieren sehr kontrolliert auf dem Platz und warten auf ihre Chancen.

herthabsc.de: Worauf wird es am Samstag ankommen?
Kauczinski: Wir müssen vor dem Tor konsequenter sein. Bereits in der Vorbereitung hatten wir viele Spiele, in denen uns die nötige Konsequenz im Torabschluss abging. Hertha ist bekannt dafür, auch aus wenigen Chancen Tore zu machen, und das muss auch unser Ziel sein.

(jr/dpa)

von Hertha BSC