Wenn aus Freunden Rivalen werden
Profis | 30. September 2016, 02:14 Uhr

Wenn aus Freunden Rivalen werden

Wenn aus Freunden Rivalen werden

John Anthony Brooks und Bobby Wood verbindet eine enge Freundschaft. Am Samstag treffen sie als Gegner aufeinander. Das Doppel-Interview.

Berlin/Hamburg - Man kennt sich, man schätzt sich, man weiß um die Stärken und Schwächen des anderen. Innenverteidiger John Anthony Brooks von Hertha BSC und Bobby Woods vom Hamburger SV sind gute Freunde. Im US-Nationalteam laufen sie im gleichen Trikot auf, bei der Partie am Samstag (01.10.16) wird es etwas ungewohnt für sie: Dann stehen sie sich sich beim Duell zwischen Hertha BSC und dem Hamburger SV das ersten Mal gegenüber.

herthabsc.de und HSV.de haben die beiden US-Nationalspieler John Anthony Brooks und Bobby Wood per Telefon zusammengebracht und mit ihnen über das anstehende Bundesliga-Spiel, ihre Freundschaft und das Leben in der Stadt gesprochen.

herthabsc.de: Bobby, wenn es am Samstag gegen Hertha BSC geht, ist es für dich auch eine Art Rückkehr – zumindest in die Hauptstadt. Du bist im Sommer von Union Berlin zum Hamburger SV gewechselt. Warum hast du dich für den HSV entschieden?
Bobby Wood: Ich hatte von Anfang an ein gutes Gefühl, dass dies der richtige Schritt und der richtige Verein für mich ist. Jeder weiß, wie schwer die vergangenen beiden Jahre für den HSV waren und auch aktuell sind wir nicht super gestartet, aber der Verein hat ein großes Potenzial. Ich möchte helfen, diesen Weg mitzugehen und freue mich, wenn ich mich hier ebenso entwickeln kann.

HSV.de: John, du bist gebürtiger Berliner, stammst aus der Hertha-Jugend und spielst schon seit neun Jahren für den Club. Was macht den Reiz des Hauptstadtvereins aus?
John Anthony Brooks: Ich bin hier in Berlin zu Hause, meine ganze Familie lebt hier. Für mich war es schon immer ein Traum, zu Hause zu spielen. Deswegen ist es schön für mich, das Trikot von Hertha BSC zu tragen.

herthabsc.de: Der HSV ist nicht gerade optimal in die Saison gestartet, holte erst einen Punkt aus fünf Spielen. Warum tat sich der Club so schwer?
Wood: Im Fußball entscheiden manchmal Kleinigkeiten. Wir hatten gegen jeden Gegner auch die Möglichkeit, das Spiel für uns zu entscheiden. Insgesamt müssen wir uns aber mehr Torchancen erspielen. Generell müssen wir auf das Positive aufbauen und uns das Selbstvertrauen wieder hart erarbeiten.
herthabsc.de: Hertha ist gut in die Saison gestartet, konnte schon zehn Punkte mitnehmen. Wie schätzt du die Blau-Weißen und ihren Saisonstart ein?
Wood: Nach fünf Spielen sind zehn Punkte definitiv ein guter Start, wir haben, wie ihr gesagt habt, ja nur einen. Was soll ich da groß sagen.
HSV.de: Hättest du das nach dem Ausscheiden in der Europa League denn gedacht?
Wood: Das war vor der Saison. Das ist bestimmt nicht leicht. Da fängt man früh an, hat keine richtige Vorbereitung und muss schon richtig da sein. Wie stabil sie wirklich sind, zeigen sie durch ihre Leistungen jetzt.

HSV.de: John, was macht nach deiner Meinung eure Stabilität aus?
Brooks: Ich denke, dass wir ein gesundes Klima in der Mannschaft haben, dass wir nicht von außen beeinflussen lassen und uns nur auf unsere tägliche Arbeit konzentrieren. Wie man sieht, klappt das bisher gut und ist sehr erfolgreich.

HSV.de: Der HSV ist mit nur einem Punkt nicht gerade erfolgreich in die Saison gestartet, dazu haben wir diese Woche den Trainer gewechselt. Wie schätzt du den HSV aktuell ein?
Brooks: Man sollte sich auf jeden Fall nicht von der Tabelle blenden lassen. Die Spiele gegen Hamburg waren immer sehr intensiv, sehr reizvoll, aber auch sehr schwierig. Jetzt mit dem neuen Trainer ist die Situation noch schwerer, weil wir nicht einschätzen können, was genau uns erwartet. Aber ich glaube, wenn wir unser Spiel durchziehen und uns weiterhin so gut vorbereiten, können wir auf jeden Fall Punkte hierbehalten.

herthabsc.de: Ihr seid beide in der US- Nationalmannschaft und habt kürzlich zusammen die Copa America gespielt. Seit wann kennt ihr euch eigentlich?
Brooks: Ich kannte Bobby schon davor, als er noch bei 1860 München gespielt hat. Wir haben auch schon früher in den U-Nationalmannschaften zusammengespielt.
Wood: Das stimmt, wir haben ein paar Mal in der Jugend gespielt. Von daher kenne ich ihn. Seit ungefähr einem Jahr sind wir richtig gute Freunde geworden.

HSV.de: Was unternehmt ihr denn zusammen?
Brooks: Als er in Berlin gespielt hat, waren wir ein paar Mal zusammen frühstücken. Aber er hat natürlich viel Training und wir trainieren auch öfter mal (lacht). Von daher haben wir uns nicht so oft gesehen.
Wood: Es stimmt, wir haben uns nur ein paar Mal getroffen. Es war immer ein bisschen schwer mit der Zeit. Dafür haben wir mehr Zeit bei der Nationalmannschaft miteinander verbracht. Dort sind wir jeden Tag zusammen. Mit Deandre Yedlin nennen wir uns die drei Musketiere, wir sind die ganze Zeit zusammen. Egal ob Essen, in die Stadt gehen oder einfach nur chillen.
Brooks: Wenn Basketball läuft, schauen wir auch Basketball zusammen.
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Ich spiele auf jeden Fall lieber mit ihm als gegen ihn – jetzt am Samstag laufen wir leider auf verschiedenen Seiten auf
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-Brooks über Spiele mit und gegen Woods

 

herthabsc.de: Hattet ihr vor unserem Telefonat schon Kontakt und habt über das Spiel gesprochen?
Brooks: Vor der Partie hatten wir keinen Kontakt, da ist jeder auf sich selbst konzentriert. Aber danach werden wir dann wieder miteinander reden, dann geht es ja auch zur Nationalmannschaft.
Wood: Wir fliegen danach auch wieder zusammen. Da haben wir genug Zeit. Wichtig wäre, dass wir ein gutes Spiel machen und aus Berlin etwas mitnehmen, ansonsten wird der Flug noch länger (lacht).

herthabsc.de: Was schätzt ihr am jeweils anderen persönlich am meisten?
Brooks: Bobby ist sehr bescheiden, sehr ruhig und angenehm. Und ein guter Kumpel.
HSV.de: Und andersherum?
Wood: Das kann ich nur zurückgeben. Jay ist echt ein guter Junge, angenehm und tickt wie ich. Deshalb verstehen wir uns auch so gut.

herthabsc.de: Wie schätzt du John denn sportlich ein? Wo liegen seine Stärken?
Wood: Als Innenverteidiger hat er schon eine brutal gute Technik. Sein Passspiel ist super, dazu hat er ein gutes Stellungsspiel. Ich finde, er ist ein richtig starker Innenverteidiger. Im Training bei der Nationalmannschaft ist es immer sehr schwer gegen ihn.
HSV.de: Und John, wie schätzt du Bobby Wood ein? Wo liegen seine Stärken?
Brooks: Ich schätze ihn sehr stark ein. Ich spiele auf jeden Fall lieber mit ihm als gegen ihn – jetzt am Samstag laufen wir leider auf verschiedenen Seiten auf (lacht). Seine Stärken liegen definitiv in seiner Robustheit und Schnelligkeit. Er weiß einfach wo das Tor steht – das macht ihn so gefährlich.

herthabsc.de: Ihr seid beide US-Nationalspieler, kennt beide Berlin. Bobby, du wohnst jetzt in Hamburg. Was ist jeweils das Schönste an den beiden Städten?
Wood: Ich bin noch nicht so lange in Hamburg, es ist schwer zu sagen. Es gibt hier aber definitiv ein paar sehr schöne Ecken.
HSV.de: John, warst du auch schon einmal in Hamburg, der Stadt, die sich als schönste Stadt Deutschlands bezeichnet?
Brooks: Ja, ich war schon einmal in Hamburg. Es ist schon ganz schön da, aber nicht die schönste Stadt, würde ich sagen. Nichts ist schöner als Berlin (lacht).
Wood: Berlin liegt im Vergleich zu Hamburg bei mir schon jetzt bei 50 zu 50. Wenn er vorbeikommt, zeige ich ihm ein paar schöne Ecken.

herthabsc.de: Und was vermisst ihr an den USA?
Wood: Ich bin in den USA aufgewachsen. Ich vermisse natürlich ein paar Freunde und die Familie.
Brooks: Da fällt mir jetzt eigentlich nichts Besonderes ein.

herthabsc.de: Als Ex-Berliner: Hertha BSC und Union Berlin sind die größten Clubs der Hauptstadt. Ihr habt in eurer Berliner Zeit nie ein Stadtderby gespielt – hast du in dem einen Jahr bei Union trotzdem etwas von der 'Rivalität' mitbekommen?
Wood: Die Rivalität bekommt man nicht großartig mit. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass es zwei verschiedene Ligen sind. Die größte Rivalität bei Union herrscht nach meinem Empfinden eher gegen BFC Dynamo. Ich habe einen Anzug, der eine ähnliche Farbe wie die BFC-Trikotfarben hat. Den konnte ich bei Union auf dem Gelände nicht tragen.
HSV.de: Und wie nimmt man als Ur-Herthaner die Rivalität zu Union Berlin wahr?
Brooks: Ich bekomme davon eigentlich auch gar nicht so wirklich was mit. Wenn man die Jungs in der Stadt sieht, dann grüßt man sich auch. Auf dem Spielfeld ist ein Unioner dann halt auch nur ein Gegenspieler – so wie jeder andere von jeder anderen Mannschaft auch.

herthabsc.de: Samstag seid ihr Gegenspieler. Seht ihr ein Duell unter Freunden als Motivationsschub oder zieht man im direkten Zweikampf sogar eher zurück?
Wood: Auf dem Platz ist es anders. Da muss man es ausblenden. Das wird schon gehen, ein Tor gegen ihn zu schießen (lacht).
Brooks: Das glaube ich nicht. Auf dem Spielfeld gibt’s keine Freunde (grinst).

(HSV, HerthaBSC/dpa)

von Hertha BSC