
"Ein kleiner Teil von mir ist immer noch Herthaner"
"Ein kleiner Teil von mir ist immer noch Herthaner"

Berlin - "Ein bisschen fehlt mir das Stadtleben schon", gesteht Nico Schulz, der gebürtige Berliner, der rund 15 Jahre für Hertha BSC spielte. Im Sommer 2000, im Alter von sieben Jahren, schloss sich Schulz dem Hauptstadtclub an. Schon vorher – aber auch in seiner Zeit als Nachwuchsspieler in der Fußball-Akademie der Blau-Weißen – feuerte er die Herthaner im Olympiastadion an. Umso schwerer war für ihn 2015 der Schritt, 'seinen' Verein und seine Heimat zu verlassen. Den Linksfuß zog es weiter zu Borussia Mönchengladbach. Die Stadt am Niederrhein, in der die Borussen beheimatet sind, hat weniger als 300.000 Einwohner. Ein Vergleich mit der Hauptstadt hinkt ein wenig. Nichtsdestotrotz hat sich der 23-Jährige im Westen der Republik gut eingelebt. "Ich fühle mich absolut wohl hier", versichert er glaubhaft – auch ohne Großstadtflair.
Am Freitag (04.11.16) kehrt Schulz nun mit seiner neuen Mannschaft nach Berlin zurück und spielt mit Borussia Mönchengladbach das erste Mal gegen seine 'alte Liebe'. Vor dem Duell spricht er über seine Verbundenheit mit Hertha BSC, Freunde im Fußball und seine Entwicklung in Gladbach.
herthabsc.de: Nico, du hast Hertha BSC als 'deinen' Verein bezeichnet, bist als kleiner Junge Zuschauer im Olympiastadion gewesen, Berlin ist deine Geburtsstadt. Wie viel Hertha-Fan steckt noch in dir?
Schulz: Ein kleiner Teil von mir ist immer noch Herthaner und ich bin auch noch ein bisschen Hertha-Fan. Das hat sich nach meinem Wechsel nicht verändert. Ich habe 15 Jahre für Hertha BSC gespielt, die Zuneigung für den Verein verschwindet nicht einfach. Am Freitag ruht die Freundschaft allerdings. Da blende ich die Vergangenheit aus. Denn jetzt bin ich Borusse und möchte mit meiner Mannschaft gewinnen.
herthabsc.de: Von 2000 bis 2015 hast du die Fahne auf der Brust getragen. Wie schwer ist dir der Abschied gefallen?
Schulz: Es war schon schwierig, mein gewohntes Umfeld hinter mir zu lassen. Der Draht zu Hertha ist aber nicht ganz abgebrochen. Mit Marvin Plattenhardt bin ich noch immer gut befreundet, wir schreiben viel und sehen uns eigentlich immer, wenn ich in Berlin bin. Auch zu anderen Jungs halte ich noch den Kontakt. Und die Spiele verfolge ich auch im Fernsehen, wenn ich es zeitlich schaffe. Den Wechsel habe ich mir damals allerdings gut überlegt. Jetzt bin ich froh, dass ich mich vor einem Jahr dazu entschieden habe.
herthabsc.de: Am Freitag (04.11.16) kehrst du erstmals als gegnerischer Spieler ins Olympiastadion zurück. Mit Borussia Mönchengladbach trittst du bei den Herthanern an. Fieberst du dieser Partie besonders entgegen?
Schulz: Wir müssen nicht lange darüber reden. Für mich ist das Spiel am Freitag ein besonderes, auf das ich mich sehr freue. Meine Familie und viele Freunde werden im Stadion sein. Ich habe auch die eine oder andere Kartenanfrage bekommen, mal sehen, wie viele Wünsche ich erfüllen kann (lacht). Wahrscheinlich wird es ein wenig ungewohnt sein, in die Gästekabine zu gehen, aber schlimm finde ich das nicht. Ich bin jetzt mit meiner neuen Mannschaft da, für die ich mittlerweile auch schon länger als ein Jahr spiele.

herthabsc.de: Deine erste Saison bei der Fohlenelf war überschattet von einem Kreuzbandriss. Wie hast du diesen Rückschlag und schwierigen Start bei deinem neuen Verein weggesteckt?
Schulz: Ich habe vergangene Saison eigentlich gar nicht gespielt. In dieser Zeit waren meine Partnerin und meine Tochter eine große Hilfe für mich. Beide haben mich zu Hause abgelenkt und aufgemuntert, wenn es nötig war. Der Tag, an dem Diagnose kam, war – auf Deutsch gesagt – scheiße. Aber schon am zweiten Tag habe ich mich darauf konzentriert, schnell zurückzukommen.
herthabsc.de: In der Bundesliga bist du seitdem in dieser Spielzeit fünfmal ins Spiel gekommen, in der Champions League hast du einige Minuten im Auswärtsspiel bei Celtic Glasgow auf dem Platz gestanden. Wie weit bist du nach der langen Pause?
Schulz: Inzwischen bin ich fit – vom Körper und Kopf her. Ich habe die gesamte Vorbereitung mitgemacht, eigentlich keine Trainingseinheit verpasst. Anfangs ging es nur darum, mich wieder ranzukämpfen. Jetzt muss ich mich dem Trainer anbieten, um zum Spielen zu kommen. Ich glaube, ich bin dabei auf einem guten Weg. Wenn der Trainer mich braucht, bin ich da.
herthabsc.de: In der Tabelle stehen die Borussen aktuell auf Rang elf. Die vergangenen vier Ligaspiele habt ihr nicht gewonnen, dabei keinen Treffer erzielt. Weshalb hakt es aktuell ein wenig?
Schulz: Das liegt an vielen Kleinigkeiten, die zusammenkommen. Am Dienstag gegen Celtic Glasgow hätten wir einfach nach unserer 1:0-Führung nachlegen müssen, dann hätten wir auch gewonnen. Die Chancen waren da. In der Liga hatten wir – abgesehen von der Partie bei Bayern München – immer die Möglichkeiten, die Spiele für uns zu entscheiden. Die Verletzungen in unserem Kader dürfen keine Ausrede sein – keine Mannschaft kommt ohne Ausfälle durch die Saison. Bei Hertha ist das nicht anders. Wir müssen die Situation einfach annehmen und, wenn möglich, Freitag dreifach punkten.
Hertha BSC ist stark in die Saison gestartet. Was macht die Elf von Trainer Pál Dárdai so stark?
Schulz: Man sieht, dass die Mannschaft als Einheit auftritt. Egal wer spielt, jeder läuft und kämpft für den anderen. Die Jungs wissen, was sie zu tun haben. Ich glaube aber auch, dass es der Lohn für harte Arbeit ist. Ich habe im vergangenen Sommer Teile der Vorbereitung bei Hertha absolviert, ich weiß also, wie akribisch und diszipliniert alle gearbeitet haben. Seitdem hat sich die Mannschaft weiterentwickelt. Klar ist, dass es kein einfaches Spiel für uns wird.
(fw/City-Press)