Auf die nächsten 20 Jahre!
Club | 1. Januar 2017, 15:23 Uhr

Auf die nächsten 20 Jahre!

Auf die nächsten 20 Jahre!

Seit dem 1. Januar 1997 steht Pál Dárdai bei Hertha BSC unter Vertrag. Gemeinsam blickt der Herthaner zurück auf Höhen und Tiefen aus 20 Jahren als Spieler und Trainer.

Berlin – 20 Jahre Pál Dárdai. Also besser gesagt: 20 Jahre Pál Dárdai und Hertha BSC, der Trainer selbst ist ja bereits 40 Jahre alt. Sein halbes Leben verbrachte der Ungar mit Hertha BSC, länger als so manch andere Beziehung hält – zwischenmenschlich und vor allem zwischen Mensch und Verein. 20 Jahre als Spieler und als Trainer. 20 Jahre voller Emotionen, voller Rückschläge, voller Höhepunkte, voller Arbeit und voller Hertha. Das ist Geschichte. Wenn einer Hertha verkörpert, dann wohl er: Pál Dárdai. Zu seinem 20-jährigen Vereinsjubiläum blickt er zurück auf seine Hertha-Momente, auf die besten und schlimmsten, auf die besonderen, auf die blau-weißen Momente, auf seine Geschichte.

Pál Dárdai über…

… seine ersten Eindrücke von Hertha 1997:
Ich bin für drei Tage nach Berlin gekommen und habe mit der Mannschaft trainiert. Damals war Hertha noch in der 2. Liga, ich habe mir die Partie gegen Zwickau angesehen vor 12.000 Zuschauern. Dann hat der Manager Carl-Heinz Rühl mich gefragt, ob ich mir vorstellen kann, dass Hertha mal ein großer Verein wird. Damals habe ich geantwortet: "Warum nicht?" Berlin ist die Hauptstadt. Überall in Europa gibt es einen großen Hauptstadt-Club mit vielen Zuschauern. Ich bin dann wirklich nach Berlin gewechselt und gegen Kaiserslautern hatten wir ein volles Haus. Das hat etwas in mir geweckt. Der Wechsel bedeutete auch eine Umstellung für mich. In Ungarn waren Gabor Kiraly und ich Toptalente – hier gab es auf einmal sehr viele talentierte Spieler, ich war keine Ausnahme mehr. Aber ich habe mich daran gewöhnt, gearbeitet und bin mitgewachsen mit der Mannschaft. Wir sind aufgestiegen in die Bundesliga, nachdem ich ein halbes Jahr da war.

… seine erste Partie als Spieler:
Mein allererstes Spiel war das gegen den VfL Wolfsburg (03.03.97). Da wurde ich zur zweiten Halbzeit eingewechselt. Ich weiß es noch genau: Es gab ein 1:1-Duell, ich hatte viel Zeit und setzte mich durch – habe die Torchance dann aber verpasst. Aber wir haben gewonnen. Sixten Veit hat damals das entscheidende Tor gemacht.

… die Aufstiege 1997 und 2011:
Für den Verein war das sehr wichtig, dass wir aufgestiegen sind 1997. Ich wusste damals gar nicht richtig, was das bedeutet. Ich war neu in der Stadt und im dem Verein und habe das erst gar nicht realisiert. Danach, als wir 2011 wieder aufgestiegen sind nach dem bitteren Abstieg zuvor, habe ich mehr davon mitbekommen. Was so ein Abstieg oder halt Aufstieg bedeutet für den Verein, Berlin und die Fans, auch für den Nachwuchs. Das wurde mir erst später bewusst.

… die Abstiegssaison Saison 2009/10:
Das war bitter. Und nicht einfach für mich – weil ich selber in der der Rückrunde wegen meiner Sprunggelenksverletzung nicht spielen konnte. Ich bin dann gegen Ende noch ein paar Mal eingewechselt worden, aber dann zur U23 gegangen. Wir sind nicht abgestiegen, weil wir als Mannschaft so grottenschlecht waren, sondern weil wir unsere Torchancen einfach nicht genutzt haben.

… seinen Trainer-Job im Nachwuchsbereich:
Mit Andy Thom und der U17 bin ich als Co-Trainer 2011/12 gleich in meiner ersten Saison Deutscher Meister geworden. Das hat viel bewegt in meinem Kopf. Dann habe ich das Glück gehabt, dass die Akademie mir freie Hand überlassen hat und ich viel ausprobieren konnte. Das alles habe ich mitgenommen, daraus gelernt. Jede Übung, die ich hier mit den Profis mache, habe ich selbst ausprobiert – mit dem Nachwuchs und auch ich persönlich. In den Jugendmannschaften, die ich trainiert habe, haben wir schönen und erfolgreichen Fußball gespielt. Das versuche ich heute auch.

… sein erstes Spiel als Cheftrainer gegen Mainz 05 (07.02.2015):
Ich bin auf dem Fußballplatz aufgewachsen – auch durch meinen Vater. Ich fühle mich dort wohl und genieße jede Minute. Auch bei meinem Debüt auf der Hertha-Bank war das nicht anders, ich hatte keine Angst. Das hat ja auch gut geklappt mit dem 2:0-Sieg. Als ich das Team übernommen habe, dachte ich, dass die Probleme nur eine Kopfsache waren. Aber da war viel mehr: Die Mannschaft war total verunsichert und hatte nicht umsonst die schlechtesten Passquoten. Wir haben dann hart daran gearbeitet, am Ende ein Quäntchen Glück gehabt und die Klasse gehalten. Bei der Entscheidung, die Mannschaft so zu übernehmen, habe ich erst gezögert. Wir hatten ja keine gemeinsame Vorbereitung und die braucht man, finde ich. Aber mein Glück hier war, dass ich keinen Druck hatte. Ich wusste, dass ich nicht innerhalb eines Jahres oder zweien eine Champions League-Mannschaft bauen muss.

… seinen Vertrag bei Hertha und seine Zukunft:
Ich habe immer gesagt, ich möchte erstmal Jugendarbeit machen, dann Hertha trainieren und irgendwann auch mal die Nationalmannschaft. Jetzt ist das irgendwie andersherum passiert (lacht). Nationaltrainer war ich schon – also kann ich eigentlich in Rente gehen. Es glaubt keiner, aber ich kann es mir immer noch vorstellen, nochmal in die Jugendarbeit zu gehen. Wichtig ist für mich, ein Ziel zu haben und darauf hin zu arbeiten. Ob das die U15 ist oder ein anderes Team ist, das ist nicht wichtig. Bei Hertha habe ich einen unbefristeten Vertrag. Es gibt immer einen Punkt, an dem ein Trainer gehen muss. Das bringt der Trainerjob halt mit sich. Die Frage ist, wie lange man den Posten hat. Ich genieße die Stadt, meine Familie fühlt sich wohl. Ich muss erfolgreich in meiner Arbeit sein, gesund bleiben – da kommen viele Dinge zusammen. Ansonsten kann ich mir auch vorstellen, noch in 20 Jahren Hertha-Trainer zu sein.

(lb/City-Press)

von Hertha BSC