
"Ich mochte Pál schon als Spieler"
"Ich mochte Pál schon als Spieler"

Berlin – Wenn Fußballfans an Thomas Helmer denken, denken sie an den Abwehrspieler von Bayern München und Borussia Dortmund, an dem sich die gegnerischen Angreifer die Zähne ausgebissen haben. Dann denken sie an den Europameister von 1996 und vielleicht jetzt aktuell auch an den TV-Moderator. Dass der inzwischen 51-Jährige kurz vor seinem Karriereende ein halbes Jahr bei Hertha BSC unter Vertrag stand, vergessen vielleicht manche. Aber zwischen August und Dezember 1999 schnürte der dreifache deutsche Meister seine Schuhe für den Hauptstadtclub und lief an der Seite von Michael Preetz und Pál Dárdai auf.
Bei herthabsc.de spricht Helmer über seine Zeit in der Hauptstadt, das Duell seiner beiden Ex-Vereine sowie den Spieler und Trainer Pál Dárdai.
herthabsc.de: Herr Helmer, Sie haben im Vergleich zu vielen anderen Fußballern den Weg in die Medienbranche gesucht und gefunden. Inwieweit hat sich dadurch ihr Blick auf den Fußball verändert?
Thomas Helmer: Zuerst habe ich den Weg eingeschlagen, den viele eingeschlagen haben: Ich bin TV-Experte geworden. Das hat sich dann allerdings auch weiterentwickelt – insgesamt hat sich ja der Fußball heutzutage als Ganzes verändert, was die Spielweise, aber eben auch die vielen Analysen angeht. Inzwischen besuche ich ja auch kein Training mehr oder bin bei jedem Spiel dabei. Da hat sich die Sichtweise schon ein bisschen verändert.
herthabsc.de: Wie sah die Entscheidungsfindung aus, was Sie nach Ihrer aktiven Karriere beruflich machen wollten?
Helmer: Eigentlich kam das durch eine Wette mit meinem damaligen Chef. Ich habe ihn gefragt, ob ich die blöden Fragen weiter beantworten muss, oder sie nicht auch mal stellen darf. Da hat er gesagt: "Das will ich mal sehen. Das bekommst du sowieso nicht hin." Dann hat er mich allerdings sehr viel beim DSF machen lassen, wodurch ich eine Menge gelernt habe. Ich habe ja keine Ausbildung oder Studium in die Richtung gemacht – da bin ich ihm immer noch sehr dankbar, dass er mir die Möglichkeit gegeben hat.
herthabsc.de: Haben Sie sich je dabei ertappt, eine Frage zu stellen, die Sie als Profi nie hören oder beantworten wollten?
Helmer: Gerade am Anfang war das ganz extrem. Inzwischen bin ich ja mehr im Studio als im Stadion, komme also mit den Aktiven nicht mehr so direkt ins Gespräch. Da kommt es seltener vor, dass man fragt: "Warum habt ihr verloren?" oder meine Lieblingsfrage stellt: "Warum hast du den Elfmeter verschossen?" Es ist klar, dass er das nicht absichtlich gemacht hat. Wenn er das beantworten könnte, hätte er es besser gemacht. Fragen direkt nach dem Spiel oder in der Halbzeit sind sicherlich die undankbarsten.
herthabsc.de: Als Moderator einer Sendung wie den 'Doppelpass' hat man ja eher allgemein einen Blick auf die Liga. Inwiefern hat man dennoch noch einen Blick für einzelne Vereine? Schaut man besonders auf seine ehemaligen Clubs?
Helmer: Das lässt sich gar nicht so genau sagen. Ich wohne ja seit über zehn Jahren in Hamburg, habe aber nie beim HSV gespielt. Aber wenn man in einer Stadt wohnt, bekommt man schon viel mit, über was gesprochen wird oder was im Verein passiert. Zu Vereinen, bei denen man gespielt hat - wie zum Beispiel Borussia Dortmund - hat man natürlich noch einen guten Draht.
herthabsc.de: Wie sehr verfolgen Sie noch Ihren früheren Verein Hertha BSC, auch wenn Sie nur wenige Monate in Berlin gespielt haben?
Helmer: Wenn ich mir Herthas Punkteausbeute anschaue, ist das wieder sensationell. Da muss man großen Respekt zollen. Ich habe ja mit Michael Preetz und Pál Dárdai noch zusammengespielt. Da gibt es schon auch noch einige Berührungspunkte. Da schaut man natürlich auch besonders hin, wenn man einzelne Personen kennt. Herthas Leistung ist richtig gut und es ist sehr schwer gegen sie zu spielen. Gerade zu Hause in Berlin machen sie es schon sehr, sehr gut.
herthabsc.de: Ihre Zeit bei Hertha BSC war überschaubar. Wie kam es damals zu dem Wechsel?
Helmer: Das war ganz einfach: Dieter Hoeneß hat mich angerufen und hat gesagt: "Ich habe keine Innenverteidiger mehr. Hast du noch Lust, Champions League zu spielen?" Ich war gerade in Sunderland bei einem Aufsteiger angekommen – die hatten glücklicherweise auch nichts gegen die Idee. Da bin ich in den Flieger und rüber geflogen. Das ging ruckzuck.
Helmer: Ich habe ja nicht alle Spiele durchgespielt, weil ich hin und wieder verletzt war. Aber ich bin in allen sechs Spielen der Champions League zum Einsatz gekommen. Ein Highlight war da natürlich das Spiel in Mailand, wo wir 1:1 gespielt haben. Auch diese Gruppe mit Milan, Chelsea und Galatasaray zu überstehen, war schon was. Ich habe mich ein bisschen geärgert, dass ich in der zweiten Gruppenphase nicht mehr da war – die kam mir sogar noch einfacher vor. Da konnte ich aber leider nicht mehr mithelfen, weil meine Achillessehne nicht mehr mitgespielt hat.
herthabsc.de: Wie schon angesprochen war Pál Dárdai einer Ihrer Mitspieler. Welchen Eindruck macht er inzwischen als Trainer auf Sie?
Helmer: Ich mochte ihn schon als Spieler. Er gehörte zu den Typen, die niemals aufgegeben haben, auch wenn sie spielerisch vielleicht nicht unbedingt die Glanzlichter gesetzt haben. Das hat mir immer imponiert. Und so erlebe ich ihn auch jetzt als Trainer. Allein schon die Entscheidung, Ibisevic zu holen und zum Kapitän zu machen, war eine der wichtigsten, die er getroffen hat. Pál kann man nichts vormachen, er ist immer authentisch und bringt viele positive Eigenschaften mit. Ich freue mich immer, wenn ich ihn am Spielfeldrand toben sehe und finde seine Analysen vor und nach dem Spiel immer sehr treffend. Er hat keine Angst – hat er nie gehabt – er ist einfach ein guter Typ!
herthabsc.de: Was trauen Sie ihm noch zu?
Helmer: Ich hoffe vor allem, dass er die Zeit bekommt, auch wenn jetzt schon wieder Stimmen laut wurden, die den Start in die Rückrunde mit der vor einem Jahr vergleichen. Er ist erst am Anfang seiner Trainerkarriere und hat seine Jungs in der kurzen Zeit ins obere Drittel geführt. Das spricht für seine Qualität. Ich glaube, er hat noch eine große Zukunft vor sich.
herthabsc.de: Jetzt kommt es am Samstag zum Duell gegen einen weiteren Ex-Club von Ihnen: Borussia Dortmund. Die Ergebnisse zuletzt waren bemerkenswert, allerdings musste der BVB unter der Woche in der Champions League ran. Was wiegt schwerer?
Helmer: Dortmund wird ziemlich gut wissen, was in Berlin auf sie zukommt. Sie haben in den letzten Spielen schon ziemlich gut gespielt. Diese Euphorie überträgt sich dann auch manchmal auf die müden Beine – auf die zusätzliche Belastung würde ich mich deshalb nicht verlassen. Mein Tipp an Pál und seine Jungs: Seht zu, dass der Schiedsrichter nicht 96 Minuten spielen lässt (lacht). Die Offensive vom BVB ist natürlich sehr stark – da muss Hertha das abrufen, was sie in den letzten Spielen vor allem daheim gezeigt haben: Zweikampfstärke, sehr kompakt stehen – dann nervt das die Dortmunder, das könnte ein Schlüssel sein. Ich sehe Hertha in dem Spiel nicht chancenlos.
herthabsc.de: Und wird dann die Partie am Sonntag Thema im 'Doppelpass' werden?
Helmer: Das wird wohl auch vom Ergebnis abhängen (lacht). Aber wir haben Ralf Rangnik zu Gast, deshalb ist ein Schwerpunkt damit Leipzig. Aber wenn man sich den Spieltag anschaut, ist Hertha gegen Dortmund schon mit das spannendste Spiel.
herthabsc.de: Und wovon träumt Moderator Thomas Helmer noch? Welche beruflichen Schritte sind noch denkbar?
Helmer: Ich bin mit meinem Job sehr glücklich. Das mag für viele einfach aussehen, aber es ist schon eine sehr anspruchsvolle Sendung, die wir die ganze Woche über vorbereiten. Der Sonntag beginnt für mich immer schon um 7 Uhr. Fußballspielen war einfacher, würde ich sagen (lacht). Mir würde jetzt auch nichts einfallen, was es momentan besseres gäbe. Ich rede unheimlich gerne mit Fußballern, mit Spielern und Trainern. Ich habe ein sehr gutes Team dort – das macht mir Spaß und das ist das Wichtigste für mich.
(war, fw/City-Press)
Gesagt...
[>]Pál kann man nichts vormachen, er ist immer authentisch und bringt viele positive Eigenschaften mit.[<]