
Erst Enttäuschung, dann Stolz
Erst Enttäuschung, dann Stolz

Berlin - Als Schiedsrichter Deniz Aytekin am Samstagnachmittag um 17.20 Uhr auf die Uhr schaute, die Pfeife nahm und mit seinem Pfiff die Berliner Saison 2016/17 beendete, reckten die Herthaner ihre Arme nicht vor Freude in den Himmel. Stattdessen haderten sie mit sich, starrten verzweifelt in die Luft oder sanken zu Boden. Hertha BSC hatte sich soeben nach einer starken Saison mit 49 Zählern und dem sechsten Tabellenplatz für die Europa League qualifiziert. Hertha BSC hatte eben auch 2:6 gegen Bayer Leverkusen verloren.
Enttäuschung und Stolz
In der kommenden Spielzeit europäisch spielen: Damit haben die Berliner ihr Ziel erreicht und hätten eigentlich einen Grund zum Feiern! Danach war ihnen direkt nach Abpfiff aber nicht zu Mute, wollten sie sich doch mit einem Sieg zum Abschluss bei den Fans bedanken und die direkte Qualifikation sichern. "Über den sechsten Platz müssen wir uns freuen. Momentan ist das natürlich schwierig, aber bald wird es schon besser gehen", erklärt Pál Dárdai seine Gefühlslage und die wohl vieler Herthaner.
"Wir wollen es natürlich direkt in die Euro-League schaffen, um die Quali zu vermeiden. Grundsätzlich war es machbar", haderte Vedad Ibisevic mit der vergebenen Chance. Woran das lag, dass sein Team diese ungenutzt ließ? "Es gibt solche Tage im Fußball, an denen der einen Mannschaft einfach alles gelingt, der anderen weniger", sah der Kapitän ein.
Kein guter Fußballtag
Ein solcher Tag war dieser besagte 34. Spieltag im Olympiastadion. Mit großen Zielen starten die Berliner in die Partie, doch bereits in der fünften Spielminute durchkreuzte Chicharito mit seinem Treffer die Pläne der Herthaner. Zunächst zeigten sie sich davon unbeeindruckt und suchten die Antwort. Mitchell Weiser machte viel für das Berliner Offensivspiel und hatte zweimal das 1:1 auf dem Fuß (9.) beziehungsweise auf dem Kopf (24.), vergab aber. "An anderen Tagen macht er mindestens eine davon rein. Es ist richtig schiefgelaufen für uns", meinte Ibisevic.
"Wenn Leverkusen befreit spielt, sind sie einen Tick zu schnell für uns", sah Dárdai ein. Und das taten die Gäste: Sie zeigten sich effektiv, sodass Havertz noch vor der Pause gleich doppelt traf (31., 45.). "Wir haben am Anfang wirklich dumme Tore kassiert", ärgert sich Marvin Plattenhardt.
In Hälfte zwei überließ die defensiv sicher stehende 'Werkself' die Initiative mehr und mehr den Berlinern - Salomon Kalou (48.) und Ibisevic (51., 54) hatten aber beide kein Glück mit ihren Versuchen zum Anschlusstreffer. "Wir haben es verpasst, in dem richtigen Moment das Tor zu erzielen, mit dem man die Fans nochmal hätte aktivieren können", weiß Pál Dárdai.
Und der schlechte Fußballtag ging weiter: In der 64. Minute ertönte ein Pfiff, als Vladimir Darida Aranguiz im Strafraum foulte. Die Folge: Kießling verwandelte vom Punkt - 0:4. Die Konzentration ließ nach, das Spiel war hektisch: Weiser stocherte den Ball zum zwischenzeitlichen 1:4 über die Linie (71.) - zu spät für einen Anschlusstreffer.
Das sollte es auch noch nicht gewesen sein: In einer turbulenten Schlussphase bekam zunächst die Elf von Trainer Korkut erneut einen Elfmeter zugesprochen, Aranguiz netzte ein (81.). Dann war Hertha dran mit einem Strafstoß: Diesen durfte Sami Allagui verwandeln und sich damit von den Herthanern verabschieden (86.). "Es war schön, dass ich noch ein Tor schießen konnte, das Endergebnis jetzt mal beiseite", so der Stürmer, der nun weiter nach St. Pauli zieht. Der Schlusspunkt war dies noch nicht: Diesen setzte Pohjanpalo in der Schlussminute mit dem Tor zum 2:6-Endstand.
Mit ein bisschen Abstand
Dass die Hauptstädter nach so einem Spiel die Köpfe hängen lassen, ist verständlich. Dass die blau-weißen Anhänger ihr Team trotzdem feiern, scheinbar auch. Vor der Ostkurve besangen sie ihre Mannschaft - trotz deutlicher Niederlage. "Danke an die Fans, sie haben uns super unterstützt in diesem Jahr. Deswegen tut es mir leid, dass wir kein Fußball-Fest geliefert haben", bedauerte Dárdai.
"Es war ein hartes, langes Jahr", so der Coach. In diesem konnten die Herthaner so einige Male die Köpfe hängen lassen, aber auch oft erhobenem Hauptes den Platz verlassen. Mit ein bisschen Zeit werden sie so auch auf die Spielzeit zurück blicken: "Ich weiß nicht, warum wir es alles negativ sehen sollten, weil wir unser Ziel erreicht haben", sieht der Kapitän die Saison als Ganzes . "Das alles müssen wir jetzt erstmal sacken lassen", meint Marvin Plattenhardt. "Den Tag streichen wir raus. Insgesamt haben wir eine super Saison gespielt und sind stolz auf Platz sechs", kann sich auch der Linksverteidiger zumindest schon ein bisschen freuen. Irgendwann wird dann der Stolz überweigen - zu Recht.
(lb/City-Press)Gesagt...
[>]Ich weiß nicht, warum wir es alles negativ sehen sollten, weil wir unser Ziel erreicht haben[<]