
"Ich akzeptiere meine Rolle - und helfe!"
"Ich akzeptiere meine Rolle - und helfe!"

Schladming - Laut hallen die Rufe über den Platz. Bis auf den letzten Tribünenrang in der Atlethic Area Schladming sind die Anweisungen zu hören. Doch die Befehle kommen in diesem Fall nicht von Trainer Pál Dárdai, der immer wieder in die Übungsformen seiner Schützlinge eingreift, ermahnt und korrigiert. Die fordernden Worte kommen von Thomas Kraft. Regelmäßige Trainingskiebitze der Blau-Weißen wissen, dass der Torwart seine Mitspieler nicht nur im österreichischen Trainingslager unterstützen und motivieren möchte. Auch auf dem Schenckendorffplatz in Berlin ermuntert Kraft seine Kollegen lauthals und mit der nötigen Schärfe.
Auch ein noch nicht ganz auskurierter Nasenbeinbruch kann Krafts Trainingseifer in der Steiermark, wo die Herthaner noch bis Sonntag (06.08.17) unter Hochdruck an ihrer Form arbeiten, nicht bremsen. Zwischen den beiden Einheiten am Dienstag (01.08.17) nahm sich Berlins Ersatztorwart die Zeit für ein Interview mit herthabsc.de.!
herthabsc.de: Thomas, auf dem Trainingsplatz sieht man dich nach deiner Gesichtsverletzung mal mit, mal ohne Schutzmaske. Wie geht es deiner Nase?
Thomas Kraft: Die Nase schmerzt nicht mehr, der Bruch ist fast zwei Wochen her. Die Art des Bruchs ist aber so, dass sie sozusagen noch 'stärker' brechen könnte. Im schlimmsten Fall müsste ich operiert werden. Mit der Maske ist der Schutz besser, wobei die Sichteinschränkung natürlich enorm ist. Deswegen versuche ich es auch bei manchen Trainingsformen, die nicht so riskant für uns Torhüter sind, ohne. Ich habe mir schon mal den Kiefer und das Jochbein gebrochen, die Brüche waren nach drei Wochen verheilt. Ich werde nächste Woche mal sehen, wie und ob die Nase wieder halbwegs zusammengewachsen ist und dann entscheiden, ob die Maske noch brauche.
herthabsc.de: Vermutlich gibt es keinen Fußballer, der sich über die strapaziöse Vorbereitung mit schweißtreibenden Einheiten freut. Wie erlebst du diese Phase als Torwart?
Kraft: Wir Torhüter haben in den ersten Wochen schon viele Übungen mit den Feldspielern gemacht, auch wenn wir nicht jede komplett mit durchziehen mussten. Irgendwann legen wir den Fokus auf eine andere Belastung, die schon intensiv ist, in einzelnen Einheiten aber geringer als die der Feldspieler ausfällt. Dennoch ist auch unsere Vorbereitung vor der Saison generell intensiver als während der Spielzeit.
herthabsc.de: Du hast im April deinen Vertrag beim Hauptstadtclub verlängert. Welche Beweggründe waren für diese Entscheidung ausschlaggebend?
Kraft: Dafür gab es einige Faktoren. Meine Familie und ich fühlen uns sehr wohl in Berlin. Außerdem ist Hertha BSC ein Verein, in dem ich mich sehr gut aufgehoben fühle. Ich bin ja nun auch schon ein paar Jahre dabei (schmunzelt). Hinter Lusti (Anm. d. Red.: Fabian Lustenberger) bin ich inzwischen auch der dienstälteste Spieler. Ich habe das Gefühl, dass ich mich hier weiterentwickelt habe und das auch in Zukunft noch machen kann.
herthabsc.de: In der Saison 2015/16 hast du nach einer Schulterverletzung und langer Pause deinen Stammplatz an Rune Jarstein verloren. Dennoch nimmst du seitdem die Rolle als Nummer 2 ohne Murren hin. Im Gegenteil: Du stellst dich weiter voll in den Dienst der Mannschaft. Fällt dir das nicht manchmal schwer?
Kraft: Bei der Vertragsverlängerung ging es mir darum, ob ich hier eine sportliche Perspektive sehe - und die sehe ich. Ich habe kein Problem damit, mich mit der Rolle als Nummer 2 zu identifizieren und sie zu akzeptieren. Klar ist aber auch, dass ich bei Hertha nach wie vor die Chance auf Einsätze sehe. Ich war lange Stammtorhüter, dann habe ich mich leider verletzt. So läuft nunmal das Geschäft. Aber deswegen mache ich mich nicht großartig verrückt.
herthabsc.de: Welche Möglichkeiten hast du, deine Torhüterkollegen zu Bestleistungen anzutreiben?
Kraft: Ich bin mit 17 Jahren Profi geworden. Mit der Zeit lernt man seine Rolle zu verstehen, ohne sich selbst zu schaden. Ich versuche eine Position einzunehmen, mit der ich dem kompletten Team helfen kann. Wenn ich glaube, dass es in irgendeinem Punkt Probleme oder Nachholbedarf gibt, spreche ich das an und arbeite an einer Lösung. Das ist auch in der täglichen Zusammenarbeit mit Rune, Jonathan Klinsmann und Torwarttrainer Zsolt Petry so.
herthabsc.de: Pál Dárdai lässt keine Möglichkeit aus, dich für deine vorbildliche Einstellung zu loben. Er schätzt deine Meinung, sucht häufig das Gespräch. Wie sehr freut dich diese Wertschätzung?
Kraft: Für mich ist es selbstverständlich, meine ehrliche Meinung zu sagen. Sicherlich rede ich öfters mal mit dem Trainerteam und versuche mich einzubringen. Ich denke, es ist wichtig sich klar zu äußern. Das ist in meinen Augen aber nichts Besonderes.
herthabsc.de: In der bevorstehenden Saison spielt ihr in drei Wettbewerben. Wie wichtig ist ein guter Teamgeist, um diese Herausforderung zu meistern?
Kraft: Wir Torhüter müssen mehr mit einer geistigen als einer körperlichen Belastung klarkommen. Die Konzentration hochzuhalten ist bei drei Spielen die Woche schwieriger. Das wird in der diesjährigen Saison eine Herausforderung. Auch der Teamgeist ist wichtig. Wir haben ohne Frage Qualität im Kader, aber der Teamgeist hat uns dabei geholfen, in den vergangenen beiden Jahren so erfolgreich zu sein. Wenn es mal nicht so gut läuft wird es umso wichtiger sein, weiterhin als Mannschaft geschlossen zu aufzutreten.
(fw/City-Press)
Gesagt...
[>]Ich habe kein Problem damit, mich mit der Rolle als Nummer 2 zu identifizieren. Klar ist aber auch, dass ich bei Hertha nach wie vor die Chance auf Einsätze sehe.[<]