
An die eigene Nase fassen
An die eigene Nase fassen

Östersund/Berlin - Im Europapokal spielen Jahr ein, Jahr aus große Clubs mit langer Historie aus faszinierenden Städten. Im Europapokal spielen Jahr ein, Jahr aus aber auch eher kleine Clubs aus unbekannten Gegenden. Zu diesen exotischen Vereinen, wie es im Fachjargon so schön heißt, gehört zweifelsohne Östersunds FK - der schwedische Verein, auf den Hertha BSC am Donnerstag (28.09.17) am 2. Spieltag der Gruppenphase der UEFA Europa League traf. Doch der Fußball hat bewiesen, dass gerade die 'No Names', die Kleinen der Branche, besonders unangenehme Gegner sind. Beispiele aus der Vergangenheit gibt es dafür zu Genüge. Nach der bitteren 0:1-Niederlage beim ÖFK kann auch der Hauptstadtclub ein Lied davon singen. "Wir wollten nach Europa und uns mit europäischen Teams messen. Leider hat es diesmal nicht ganz gereicht, weil der Gegner einmal mehr getroffen hat als wir", sagte Trainer Pál Dárdai nach der Partie.
Dass der Coach nach Schlusspfiff zu diesen Worten greifen musste, hatte sich in der Anfangsphase des Duells in der kleinen, aber feinen Jämtkraft Arena keineswegs angedeutet. Die Blau-Weißen waren das spielerisch klar bessere Team und drängten auf die Führung. Alexander Esswein (7.) sowie Valentino Lazaro bei seinem Pflichtspiel-Debüt und Vedad Ibisevic bei einer Doppelchance (13.) verpassten jedoch das 1:0. "Wir sind ganz gut in die Partie gekommen und haben uns einige Möglichkeiten erarbeitet", sagte Lazaro. Doch statt des womöglich spielentscheidenden ersten Treffers folgte die kalte Dusche durch das Elfmetertor von Nouri (22.). Auch wenn beileibe nicht jeder Schiedsrichter die Aktion von Jordan Torunarigha als Handspiel gewertet hätte. "Ich hatte das Gefühl, dass der Gegner diesen Elfmeter aus dem Nichts bekommen hat", fasste Per Skjelbred die Wahrnehmung der Herthaner zusammen.
Allerdings müssen sich die Blau-Weißen ankreiden lassen, nach dem mehr als ärgerlichen Rückstand ein wenig aus dem Tritt gekommen zu sein. „Der Gegner hatte nach dem Tor Aufwind, hat gut verteidigt und uns hat ein wenig die Durchschlagskraft gefehlt“, räumte Niklas Stark ein. Das ungewohnte Geläuf wollte der Innenverteidiger ebenso wenig wie den Strafstoß als Ausreden gelten lassen. „Natürlich war der Kunstrasen ein wenig gewöhnungsbedürftig, weil der Ball schneller war und anders gehüpft ist. Aber wir hätten damit besser klarkommen können.“ Der im Spielverlauf eingewechselte Valentin Stocker zeigte sich selbstkritisch. „Schlussendlich hat es an uns gelegen. Wir haben den Gegner stärker gemacht, als er eigentlich ist", sagte der Schweizer.
Der Wille war erkennbar
Nach dem Seitenwechsel probierten die Herthaner alles. Der Wille, zumindest mit einem Punkt im Gepäck abzureisen, war in jeder Sekunde spürbar. Allerdings gelang es den Berlinern trotz zeitweiliger Strafraumbelagerung zu selten, das gegnerische Tor ernsthaft in Gefahr zu bringen. Die beste Möglichkeit hatte da noch Ibisevic mit einem Schuss, der knapp am langen Pfosten vorbeistrich (55.) "In der zweiten Hälfte haben wir dann offensiv noch einiges probiert, sind aber nur schwer durchgekommen. Wir hätten einen Dosenöffner gebraucht, irgendein krummes Ding", brachte es Lazaro auf den Punkt. Einen Vorwurf wollte Dárdai seinen Spielern nicht machen. "Unser Matchplan ist relativ ordentlich aufgefangen, der Gegner war oft unter Druck. Leider hat die letzte Konsequenz gefehlt", sagte der Coach, dessen Elf sich in der zweiten Halbzeit allerdings auch den einen oder anderen Konter fing.
Das erste Auswärtsspiel in der Gruppenphase der UEFA Europa League nach 2774 Tagen Abstinenz hätten sich alle, die es mit den Blau-Weißen halten, sicherlich anders vorgestellt. "Die Niederlage war ähnlich unnötig wie die vergangenen Samstag in Mainz. Es gibt leider solche Phasen", haderte Fabian Lustenberger, der unmittelbar nach Abpfiff mit seinen Kollegen zurück nach Berlin flog. Vorher wagte er noch einen Ausblick auf die noch vier verbleibenden Partien in Vorrundengruppe J, in der Luhansk etwas überraschend in Bilbao siegte. "Am besten gewinnen wir die nächsten beiden Spiele, um wieder auf Kurs zu sein."
Doch bevor es zum Kräftemessen mit den Ukrainern kommt, wartet am Sonntag (01.10.17) der FC Bayern München in der Bundesliga. Ein großer Club mit großer Historie, der aber ebenfalls ein Lied von kleineren, unangenehmen Gegnern singen kann.
(fw/dpa)
Gesagt...
[>]Offensiv haben wir einiges probiert, sind aber nur schwer durchgekommen. Wir hätten irgendein krummes Ding gebraucht.[<]