
Drama mit Moral-Punkt
Drama mit Moral-Punkt

Wolfsburg/Berlin – Da sein, wenn es losgeht, pünktlich an seinem Platz sein, wenn die Unterhaltung startet – das sollte man. Sonst verpasst man womöglich den Anfang, die erste Minute und verliert den Überblick über das Geschehen. So war es auch am Sonntagabend, als sich Hertha BSC und der VfL Wolfsburg das bisher wohl verrückteste sowie spannendste Bundesliga-Duell der aktuellen Saison lieferten, das an Unterhaltungswert so einiges zu bieten hatte. "Es ist schon lange her, dass ich so ein Spiel erlebt habe", schnaufte Sebastian Langkamp nach Abpfiff durch.
Verpasste man die erste Minute – oder auch nur die ersten 20 Sekunden dieses Sonntagabendspiels in der 'Autostadt', verpasste man auch den furiosen Beginn. Denn Vedad Ibisevic war da, als es losging: Er sorgte mit seinem ersten und langersehnten Treffer für den Traumstart der Berliner und dafür, dass das Publikum von Beginn an wach war – es war bereits das vierte First-Minute-Tor seiner Bundesliga-Karriere, so oft wie niemand anders. "Wir wissen alle, dass Vedad Tore machen kann - natürlich ist es als Stürmer schwer, in jedem Spiel zu treffen. Er hatte die eine Chance und hat getroffen - das zeichnet einen großen Stürmer aus", freute sich Salomon Kalou für den Kapitän.
Blitzstart und Faden verloren
Es war der optimale Start, doch die Herthaner nutzten diesen nicht, um das Geschehen an sich zu reißen und den Spielverlauf zu bestimmen. Stattdessen ging das Drama los, Wolfsburg zeigte sich wenig beeindruckt und drängte auf den Ausgleich. Gleich zweimal trafen die 'Wölfe', gleich zweimal schallte Tormusik und ging die grüne Lichtshow durch die Volkswagen Arena. Und gleich zweimal griff der Videoassistent ein, woraufhin Schiedsrichter Kampka die Treffer von Gomez (5.) und Malli (27.) zurücknahm, denn in beiden Situationen lag eine Abseitsposition vor. Bitter für den Hauptstadtclub, dass Niklas Stark wegen Kniebeschwerden noch in Hälfte eins vom Platz humpelte, aber vom starken Arne Maier ersetzt werden konnte.
Das wäre eigentlich schon genug für eine Halbzeit, ein Akt des Drama – aber nein. Zwischendurch gab es außerdem einen Elfmeter für die Wolfsburger, den Gomez zum Glück der Berliner an die Latte setzte (20.). "Wir haben das Spiel so begonnen, wie wir es geplant hatten. Nach dem Tor haben wir es aber nicht mehr hinbekommen, weiter Fußball zu spielen und standen immer und immer tiefer", zeigte sich Pál Dárdai mit dem Verlauf der ersten Hälfte unzufrieden. "Wir haben in der ersten Hälfte ein bisschen den Faden verloren", meinte auch Davie Selke, der zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht auf dem Platz stand. Die Folge des Drängens der Wolfsburger: Sie krönten die ersten 45 Minuten mit zwei weiteren Treffern – Malli (41.) und Gomez (44) bezwangen Rune Jarstein tatsächlich – regulär.
Kämpfen für den Punkt
Die zweite Hälfte sollte nicht weniger dramatisch werden, nicht weniger Wendungen haben. "Wir haben in der Halbzeit einiges angesprochen, das war schmerzhaft. Dann haben wir angefangen, wieder Fußball zu spielen", so Dárdai. Fußball sah so aus, dass zunächst Karim Rekik den Ausgleich köpfte (53.). Aber die Heimmannschaft spielte mit und schoss in Person von Origi (60.) nochmal die Führung. Der Vollständigkeit halber setzte der dann eingewechselte Selke mit seinem ersten Bundesliga-Treffer für die Blau-Weißen dann wirklich den Schlusspunkt (83.) und sicherte den Berlinern damit einen Punkt. Es war kein Happy End, auf das so manch Herthaner nach der ersten Spielminute gehofft hatte, aber ein versöhnlicher Ausgang, mit dem die Berliner angesichts des Spielverlaufs zufrieden sein können. "Für Wolfsburg war es ein ärgerliches Remis, für uns ein glückliches. Der Wille war da, auch wenn es vielleicht nicht unsere beste Leistung war", meinte Selke, der in der vergangenen Woche also drei Buden machte.
Die Wendungen und Dramatik voller Höhepunkte resultierten letztendlich in einem "Punkt für die Moral", wie Langkamp ihn bezeichnet. Was die Hauptstädter von diesem Gute-Unterhaltung-Spiel in der Hauptstadt mitnehmen. "Uns hat die Balance zwischen Angriff und Abwehr fehlt. Daran gilt es in den kommenden Wochen zu arbeiten", nimmt sich Langkamp für die Länderspielwoche vor, die gern auch weniger an Dramatik bereithalten kann.
(lb/City-Press)
GESAGT...
[>]Der Wille war da, auch wenn es vielleicht nicht unsere beste Leistung war.[<]