
Ein versöhnlicher Abschied
Ein versöhnlicher Abschied

Auch wenn es für Hertha BSC gegen den Östersunds FK nur zu einem Unentschieden reichte, gelang den Berlinern ein guter Abschied aus der UEFA Europa League.
Berlin – Ihr Weg führte unmittelbar nach Schlusspfiff in die Ostkurve. Dorthin, wo die Treuen der Treusten schon auf sie gewartet haben - und sie mit viel Applaus und Fangesängen empfingen. Nach dem 1:1 zwischen Hertha BSC und Östersunds FK am Donnerstagabend (07.12.17) eilten die blau-weißen Spieler in die Fankurve, um sich bei ihren Anhänger zu bedanken und zu verabschieden.
Für die Herthaner war es gleichzeitig ein Abschied aus der UEFA Europa League. Schon vor dem Spiel gegen die Schweden stand fest, dass der Wettbewerb für die Berliner nach der Gruppenphase endet. „Wir haben viele Erfahrungen gesammelt und ich bin froh, dass wir die Möglichkeit dazu hatten“, sagte Pál Dárdai nach der Begegnung. Ein Hauch Enttäuschung über das Ausscheiden schwang dabei in der Stimme des Trainers mit. Doch Dárdai, der akribische Arbeiter, wird mit den gewonnenen Erkenntnissen viel anfangen können. Dazu später mehr.
Enttäuscht mussten die Hauptstädter zumindest mit dem Auftritt im sechsten und letzten Gruppenspiel nicht sein, auch wenn der perfekte Abschluss in Form von drei Punkten nicht gelang. Die blau-weiße Elf, im Schnitt mit 23 Jahren und 233 Tagen die jüngste, die Pál Dárdai jemals ins Rennen geschickt hat, zeigte eine couragierte Darbietung, hätte den Sieg verdient gehabt. „Die Jungs standen in dieser Besetzung noch nie zusammen auf dem Rasen, dennoch haben die Automatismen geklappt, der Spielfluss war da. Drei Punkte wären verdient gewesen“, lobte der Coach seine Schützlinge, bei denen im Vergleich zum vergangenen Bundesliga-Spiel nur Maximilian Mittelstädt in der Startformation blieb. Vor allem in Durchgang eins erspielten sich die Herthaner ein klares Chancenplus. Gleich drei Mal hatte Palko Dárdai, der das erste Mal in einem Pflichtspiel von Beginn an spielte, die Führung auf dem Fuß (18., 28., 29.). „Palko hat die Aufgabe, im Frühling sein Abitur zu machen“, sagte der Vater über seinen Sohn mit einem Schmunzeln, ehe er über das Sportliche sprach. „Er muss sich weiterentwickeln. Gegen Östersund hat er seine Chance verdient gehabt – und sie genutzt.“ Gleiches galt auch für Julius Kade, der nach 75 Minuten für Dárdai kam und sein Europapokal-Debüt feierte.
Die alte Laier
Statt sich für die eigene Leistung zu belohnen, kam es jedoch wie so oft in dieser Europa League-Saison: Hertha lief an – und der Gegner traf durch Papagiannopoulos mit einem abgefälschten Schuss zur Gästeführung (58.). Doch diesmal schlugen die Herthaner zurück. Peter Pekarik, der seine Farben als Kapitän aufs Feld geführt hatte, vollendete eine schöne Kombination über die linke Seite zum verdienten Ausgleich (61.). „Wir sind unglücklich in Rückstand geraten, haben dann aber Moral bewiesen und sind zurückgekommen“, so Vorbereiter Mittelstädt. In der Schlussphase drängte der Hauptstadtclub auf die Führung – allerdings ohne Erfolg.
So wäre die Abschlussvorstellung Minuten vor Abpfiff fast noch einmal schiefgegangen, als Mittelstädt im Strafraum Sema zu Fall brachte und es einen mehr als zweifelhaften Elfmeter gab (86.). Unfreiwillig setzte Herthas Nummer 17 dabei den nächsten Debütanten der Berliner in Szene: Jonathan Klinsmann, der erst durch das krankheitsbedingte Fehlen von Thomas Kraft seinen Pflichtspiel-Einstand für den Hauptstadtclub gab. „Der Trainer hat mir vor ein paar Tagen gesagt, dass ich spiele. Seitdem war ich eigentlich durchgehend aufgeregt“, gestand der Keeper nach dem Abpfiff. Erst ein Gespräch mit Vater Jürgen, Ex-Profi und ehemaliger Bundestrainer, beruhigte den Jungspund ein wenig.
Klinsmann mit gelungenem Debüt – Lob für Hertha-Bubis
Von Aufregung war beim 20-Jährigen im Spielverlauf dann auch nichts zu sehen. Souverän bei Flanken, sicher am Ball, dazu klare Kommandos: Der Sommer-Neuzugang rechtfertigte das in ihn gesetzte Vertrauen – und avancierte in eben jenen Minuten vor Abpfiff zum stillen Helden, als er den Strafstoß von Nouri parierte. „Wir haben uns die Elfmeterschützen des Gegners angeschaut. Dabei habe ich gesehen, dass die meisten nach links schießen. Also habe ich mir gesagt: Wenn ich schon nach links springe, dann auch richtig“, beschrieb Klinsmann die entscheidende Situation, für die er sich auch das Lob seines Trainers verdiente. „Er hat unter Druck fehlerfrei gespielt, den Elfmeter schön gehalten und insgesamt ein gutes Spiel gemacht“, sagte Dárdai über seine Nummer 33, bremste die Erwartungen jedoch auch ein wenig. „Jonathan ist ein junger Bursche, wir sollten ihn in Ruhe arbeiten lassen und nicht zu viel über ihn reden. Gegen Östersund bekommt er die Note 1, aber er muss diese Leistung in Zukunft bestätigen, wenn er die Chance bekommt.“
So lautet eine Erkenntnis, dass der Hauptstadtclub sich im Notfall auch auf seinen dritten Torwart verlassen kann. Eine weitere freut Dárdai vermutlich ebenso sehr. „Unsere Etablierten sehen, dass die jungen Spieler nachrücken. Dieser gesunde Konkurrenzkampf ist sicher nicht schlecht für die Konzentration, um die letzten zehn bis 15 Prozent herauszukitzeln“, stellte Dárdai fest und meinte neben Klinsmann, Kade, seinem Sohn und auch den geschonten Arne Maier und die übrigen Hertha-Bubis wie Mittelstädt und Jordan Torunarigha, die schon etwas länger dabei sind. „Die Mischung stimmt bei uns. Die Jungen können sich an den Musterprofis orientieren und sich an ihrer Seite entwickeln. Aber wir brauchen Geduld, alles Schritt für Schritt“, so der Ungar. Im Idealfall soll diese Entwicklung schon in den kommenden Wochen und Monaten, an deren Anfang am Sonntag (10.12.17) das Bundesliga-Spiel beim FC Augsburg steht, weitegehen.
(fw, jp/City-Press)[>]Unsere Etablierten sehen, dass die jungen Spieler nachrücken. Dieser gesunde Konkurrenzkampf ist sicher nicht schlecht für die Konzentration.[<]