
Zehn Mentalitäts-Minuten
Zehn Mentalitäts-Minuten

Berlin – 70 Minuten waren bereits gespielt, als sie dort an der Außenlinie standen, Seite an Seite: Pál und Palko Dárdai, Trainer und Spieler, Vater und Sohn. Zu dem Zeitpunkt, als der Erstgeborene des Hertha-Coaches für Salomon Kalou ins Spielgeschehen kam und zum ersten Mal Bundesliga-Luft schnupperte, wird so mancher Hertha-Fan die Partie gegen den FC Augsburg schon verloren geglaubt haben. Und das nicht ohne Grund – schließlich lag die Dárdai-Elf zu diesem Zeitpunkt im heimischen Olympiastadion mit 0:2 in Rückstand. "In den ersten 80 Minuten war unser Spiel enttäuschend, das muss man so hart sagen", meinte Davie Selke. "Wir haben in den vergangenen Partien eine gute Form gehabt, das haben wir gegen Augsburg über weite Strecken nicht abrufen können. Wir können uns freuen, dass wir noch einen Punkt geholt haben", so der Stürmer weiter. Und tatsächlich sah es lange nicht danach aus, dass die Herthaner an diesem Samstagnachmittag etwas mitnehmen würden. In der 32. Minute sahen die anwesenden 40.935 Zuschauer, wie Vladimir Darida einen Schuss von Michael Gregoritsch unglücklich mit dem Knie abfälschte – sodass das Spielgerät in hohem Bogen, gegen die Laufrichtung Rune Jarsteins und in die Maschen flog. 0:1. Die Berliner schafften es hingegen lange Zeit nicht, eigens klare Torchancen zu kreieren. "Das erste Gegentor war sehr ärgerlich. Wir haben in der ersten Halbzeit zu kompliziert gespielt, hatten wenige Anspielstationen und wussten nicht, wohin mit dem Ball", bilanzierte Marvin Plattenhardt. "Wir sind gut ins Spiel gekommen, hatten dann aber eine Phase, in der wir wirklich schlecht gespielt haben und total verunsichert waren, das war nicht in Ordnung", nahm Pál Dárdai seine Mannschaft in die Kritik.

Mit der Hereinnahme von Ibisevic platzt der Knoten
Auch in Durchgang zwei hatte Hertha mehr vom Spiel und trotzdem waren es die 'Fuggerstädter', die nach etwas mehr als 60 Minuten ihre Führung zum 2:0 ausbauten. "Wir sind gut aus der Halbzeitpause gekommen, haben dann aber wieder eine kalte Dusche bekommen. Es bestand die Gefahr, dass wir dieses Spiel mit 0:4 verlieren. Augsburg hatte eine gute Tagesform, wir nicht", meinte Pál Dárdai. "Daher haben wir schnell reagiert und mit Vedad, Ondrej und Palko neue Kräfte eingewechselt und mehr investiert", so der Ungar weiter. Als ausgerechnet der Ex-Herthaner Christoph Janker in der 83. Minute ein Laufduell gegen Selke verlor und den Stürmer anschließend im Sechzehner zu Fall brachte, keimte im weiten Rund nochmal Hoffnung auf. Dárdais 'Mentalitätsspieler', Kapitän Ibisevic, übernahm die Verantwortung und verwandelte den Strafstoß sicher im rechten, unteren Toreck und markierte so sein fünftes Saisontor. Zuvor war Ibisevic mehr als fünf Monate ohne persönliches Erfolgserlebnis in der Bundesliga geblieben, auch für ihn selbst hatte der Treffer demnach eine erlösende Wirkung. "Vedad hat enorm viel Schwung in die Partie hereingebracht. Seine Einwechslung war sehr wichtig für uns", lobte Niklas Stark den Routinier, der auch am zweiten Berliner Treffer direkt beteiligt war. So verlängerte der Bosnier – nur drei Minuten nach dem Anschlusstreffer – einen langen Ball per Kopf auf Selke, der wiederum im Eins-gegen-Eins Janker übertrumpfte und ins lange Eck zum Ausgleich vollstreckte.
Großer Moment für Palko Dárdai
Doch nicht nur Ibisevic hatte großen Anteil daran, dass der Hauptstadtclub noch einen Punkt holte. Auch Palko Dárdai sorgte bei seinem Bundesliga-Debüt für frischen Wind und empfahl sich mit seiner unbekümmerten Spielweise für weitere Einsätze. "Palko hat sich sein erstes Bundesliga-Spiel mit guten Trainingsleistungen hart erarbeitet. Ich habe ihm vor zwei Wochen gesagt, er soll dranbleiben und so weitermachen, dann wird er belohnt", lobte Selke den 19-Jährigen. Um ein Haar wären die Herthaner sogar noch zu einer Chance auf das 3:2 gekommen: In der 90. Minute unterband Augsburgs Marcel Heller einen vielversprechenden Konter der Berliner, die in Überzahl in die gegnerische Hälfte eindrangen. Heller brachte Dárdai mit einem Tritt in die Ferse zu Fall – und sah dafür von Schiedsrichter Marco Fritz die Rote Karte. "Zum Schluss hatten wir den psychologischen Vorteil auf unserer Seite. Wenn das Spiel noch zehn Minuten länger gewesen wäre, hätten wir womöglich noch die Führung erzielt", meinte Pál Dárdai. Schließlich fand der Trainer klare Worte für die Leistung seines Teams: "Ich muss meine Mannschaft dafür loben, dass sie Moral bewiesen hat. Unseren Auftritt in der ersten Halbzeit kann man aber in die Tonne schmeißen."
Nun sind noch zwei Spieltage in der laufenden Bundesliga-Spielzeit zu absolvieren. Am kommenden Samstag (05.05.18, 15:30 Uhr) treten die Berliner bei Hannover 96 an, ehe in der Woche darauf (12.05.18, 15:30 Uhr) RasenBallsport Leipzig im Olympiastadion gastieren wird. Mit Hinblick auf diese beiden Begegnungen äußerte sich Herthas Coach eindeutig zu seiner Zielsetzung: "Für mich ist das Allerwichtigste, dass wir am 34. Spieltag unser Heimspiel gegen Leipzig gewinnen. Denn es ist doch so: Wenn unsere Fans nach der Saison glücklich nach Hause gehen, werden sie in der neuen Spielzeit auch glücklich zurückkommen."
(af/City-Press)
Gesagt...
[>]Palko hat sich sein erstes Bundesliga-Spiel mit guten Trainingsleistungen hart erarbeitet.[<]