"Es wird brutal spannend"
Akademie | 14. Oktober 2018, 13:10 Uhr

"Es wird brutal spannend"

"Es wird brutal spannend"

Ante Čović sprach vor dem Regionalliga-Spitzenspiel der U23 gegen den Chemnitzer FC über die Gründe des Erfolgs seiner Mannschaft, Reisen ins Ausland und natürlich auch die anstehende Aufgabe gegen den Spitzenreiter.

Berlin - Seit neun Partien ungeschlagen, 24 Punkte auf dem Konto und nach zwölf Spieltagen auf dem dritten Platz - Herthas U23 steht in der Regionalliga Nordost richtig gut da. Vor dem Spitzenspiel gegen den noch verlustpunktfreien Chemnitzer FC, den die Blau-Weißen am Samstag (20.10.18, 13:30 Uhr) im Stadion auf dem Wurfplatz/Amateurstadion empfangen, zog Trainer Ante Čović im Gespräch mit herthabsc.de ein erstes Zwischenfazit. Dabei sprach er auch über weitere Ziele in der bis dato so erfolgreichen Saison und erklärte, warum seine Mannschaft für das Spitzenspiel der vierten Liga erstklassige Unterstützung verdient hat.

herthabsc.de: Ante, ihr seid in der Liga so fantastisch unterwegs. Wie oft blickst du aktuell auf die Tabelle?
Čović: Wenn man das bei der U23 mit unserer Konstellation ein paar Jahre macht, hat man andere Prioritäten. Aber aktuell schaut man schon sehr gerne auf die Tabelle – zumal wir die letzten Jahren in der Hinrunde immer nicht ganz so stabil waren wie jetzt.

herthabsc.de: Warum läuft es in dieser Spielzeit auch schon in der Hinrunde so gut?
Čović: Wir haben eine sehr gierige Mannschaft. Dazu kommt, dass all jene Spieler, die von den Profis zu uns kommen und sich Minuten holen, funktionieren und sich tadellos präsentieren. Es steht der Gedanke im Vordergrund: Bei der U23 möchte man lohnende Zeit verbringen und auf sich aufmerksam machen.

herthabsc.de: Du kannst selten mal auf so etwas wie eine Stammformation setzen. Wieso funktioniert es trotzdem Woche für Woche?
Čović: Das liegt daran, dass die Wertschätzung der U23 unglaublich gestiegen ist. Vladimir Darida zum Beispiel verbringt nach langer Pause seine ersten Minuten bei uns, und danach wird beurteilt, ob er zur Nationalmannschaft fährt. Da weiß man, welche Wertschätzung die U23 innerhalb des Vereins hat. Die Vergangenheit hat zum Beispiel mit Javairo Dilrosun gezeigt, dass sich der Junge bei uns die Minuten geholt hat, um für die Bundesliga in den Spielrhythmus zu kommen. Dazu hat er natürlich auch die Qualitäten für die Bundesliga. Den Rhythmus hat er sich aber bei uns geholt, weshalb ich glaube, dass wir einen enorm wichtigen Beitrag leisten.

herthabsc.de: Schaut man bei den Heimspielen auf die Tribüne, sieht man diese gestiegene Wertschätzung auch...
Čović: Es macht einen unfassbar stolz, dass sich unsere Profis in ihrer Freizeit die U23 angucken. Zudem schauen der Trainerstab, Michael Preetz und auch Präsident Werner Gegenbauer immer wieder vorbei. Das zeigt, dass es der einzig richtige Weg ist: gemeinsam in eine Richtung rudern. Klar, unser Flagschiff sind die Profis. Aber den Leistungen der Teams darunter wird ebenfalls viel Anerkennung gezeigt.

herthabsc.de: Womöglich liegt es auch daran, dass auch ansehnlicher Fußball gespielt wird?!
Čović: Wir begeistern immer mehr Menschen für die U23, weil wir eine gewisse Strategie verfolgen. Es ist unser Credo, dass sich Fußballspielen auf lange Sicht durchsetzt. Wir wollen nicht kurzfristige Ergebnisse, sondern auf lange Sicht die Jungs fußballerisch ausbilden. Das zeigt sich im sehr guten Feedback. Seit drei Jahren sagen die Trainer, dass wir spielerisch eines der besten Teams der Liga haben. Das ist das, was wir mit der U23 wollen.

herthabsc.de: Nun kommt am kommenden Wochenende die 'Übermannschaft' Chemnitz nach Berlin. Was ist da für deine Mannschaft drin?
Čović: Alleine der Name verpflichtet den Chemnitzer FC zum Aufstieg. Wer sich Spieler wie Daniel Frahn oder Dennis Grote leisten kann, spielt in einer anderen Liga als wir. Für mich wird es brutal spannend zu sehen, wessen Serie zuerst reißt. Die haben zwölf Spiele gewonnen, wir haben neun Spiele in Folge nicht verloren und davon sieben für uns entschieden. Jeder sagt, wir hätten nichts zu verlieren. Klar haben wir das: Wir wollen unsere Serie aufrechterhalten und die ersten sein, die die Chemnitzer stürzen. Wir wollen die ersten sein, die dieser Mannschaft eine Niederlage beibringen. So werden wir auch in die Partie gehen. Wir spielen zu Hause und werden uns nicht verstecken. Wir werden auf dem Feld unsere Visitenkarten verteilen.

herthabsc.de: Was ist Chemnitz für ein Gegner? Wie geht ihr das Spiel an?
Čović: Die haben sicherlich in der Mitte ihre Schlüsselspieler. Es geht vor allem über die beiden Stürmer, Frahn und Dejan Bozic, sowie dahinter Grote. Das sind ihre entscheidenden Spieler, über die alles läuft. Wenn es uns gelingt, denen unseren Stempel aufzudrücken, werden wir erfolgreich sein. Wir dürfen nicht reagieren, sondern müssen der Taktgeber sein. Das wird ein harter Kampf. Es ist relativ selbstbewusst zu sagen, dass wir das Spiel bestimmen möchten. Aber nur so haben wir eine Chance.

herthabsc.de: Zuvor steht unter der Woche noch das erste Spiel beim International Cup der Premier League an. Wie groß ist im dritten Jahr noch die Vorfreude? Oder kommt schon so etwas wie Routine auf?
Čović:
Das ist noch keine Routine, weil wir jedes Jahr eine neue Mannschaft haben. Wir haben Spieler im Kader, die noch nie in England waren und entsprechend gespannt sind. Es hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass das ein Wettkampf auf sehr hohem Niveau ist. Das ist für die Spieler ein Erfahrungswert, den man nicht in Geld ummünzen kann. Wenn man heute mit Jordan Torunarigha oder Maximilian Mittelstädt spricht, werden die sich direkt an diese Highlight-Spiele gegen Everton oder Sunderland erinnern. Durch diese Maßnahmen reifen unsere Spieler extrem: auf und neben dem Platz. Das ist der nächste Schritt, den wir begleiten.

herthabsc.de: Euer erster Gegner ist Villarreal...
Čović: Das ist eine der besten Jugendmannschaften in Spanien. Seit dem Abstieg vor ein paar Jahren haben sie ein neues Nachwuchsleistungszentrum aufgebaut. Sie setzen ähnlich wie wir sehr auf die Akademie. Es treffen zwei Fußballwelten aufeinandertreffen – spanischer gegen deutscher Fußball, Ballbesitz gegen Umschaltspiel. Mal schauen, wer erfolgreicher ist. Viel wichtiger ist für mich aber, dass wir damit Spieler wie Dennis Jastrzembski voranbringen. Er schnuppert aktuell Bundesliga-Luft und bekommt jetzt ein europäisches Top-Spiel in einem fremden Land. Das ist genau das, was Dennis momentan braucht. Dazu bekommt er Minuten und darf sich mit den Besten messen. Dadurch reifen die Jungs.

Gesagt...

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Wir wollen unsere Serie aufrechterhalten und die ersten sein, die die Chemnitzer stürzen.
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-Ante Čović

herthabsc.de: Neben dem International Cup spielt ihr dieses Jahr erstmals beim Baltic Sea Cup mit. Wie bekommt ihr das alles unter einen Hut?
Čović: Wir haben einen großen Kader mit 60 Spielern: 20 Profis, 20 U23-Spieler und 20 A-Jugend-Spieler. Als Trainer und Ausbilder hast du die verdammte Pflicht, die Jungs auf die 'Weide' zu bringen – und zwar möglichst häufig. Es ist wunderschön, dass die U23 von allen Seiten 'benutzt' wird - das soll sie ja auch. Dann muss man nur schauen, dass man unter der Woche oder an spielfreien Wochenenden auch die anderen Jungs bewegt. Denn die brauchen auch eine gewisse Entwicklung und gewisse Minuten. Eine Mannschaft funktioniert nur, wenn die Spieler zwölf bis 20 funktionieren. Nur eine Elf entscheidet nie die Meisterschaft, nie eine Saison. Druck von hinten ist wichtig und bei uns passiert das momentan.

herthabsc.de: Welche Erkenntnisse zieht ihr aus den Spielen?
Čović: In erster Linie sind wichtige Erkenntnisse für uns als Verein, wer sich wie bewegt – wie entwickeln sich die Jungs. Wettkämpfe und Trainingstage muss man unterscheiden. Ein guter Trainingsspieler ist manchmal so sehr unter Druck, dass er das im Wettbewerb nicht abrufen kann. Daran sieht man, dass sich die Jungs selbst Druck erzeugen. In solch großen Spielen können wir sehen, ob sie die hohe Trainingsintensität im Wettbewerb umsetzen. Ich bin froh und dankbar, dass der Verein das mitmacht und dass wir so viele Maßnahmen haben. Dadurch kommt am Ende des Jahres jeder auf seine Minuten.

herthabsc.de: Ein gutes Beispiel ist Javairo Dilrosun...
Čović: Javairo war da, als es drauf ankam. Man darf nicht vergessen: Das war ein Kulturschock für den Jungen. Der war zuvor bei Ajax Amsterdam sowie Manchester City und spielt nun, bei allem Respekt, gegen den FC Oberlausitz Neugersdorf. Und er zeigt dort seine Leistung. Qualität hat er, aber da stimmt dann auch die Mentalität.

herthabsc.de: Ihr seid jetzt schon erfolgreich. Wohin soll das in dieser Saison noch führen?
Čović: Es geht immer darum, dass man die Spieler bei dem nächsten Schritt begleitet. Wir nehmen auch Freundschaftsspiele ernst. Gegen den SV Falkensee-Finkenkrug haben wir kein gutes Spiel gemacht. Zwei Monate später haben wir nun gegen den Oranienburger FC gespielt (5:0, Anm. d. Red.). Da erkennt man bei den Spielern, die nicht so oft zum Einsatz kommen, dass sie reifen. Sie sind wesentlich besser geworden. Das ist das, was man sich als U23-Trainer vornimmt: Möglichst viele von ihnen an ihr Maximum zu bringen. Irgendwann entscheiden dann andere Leute.

herthabsc.de: Du hast viele Argumente genannt, warum es sich lohnen würde, sich mal die Spiele der U23 anzuschauen. Wie wichtig wäre eine große Kulisse gegen Tabellenführer Chemnitz?
Čović: Ich finde, dass das ein Festtag für uns alle sein sollte. Aus Chemnitz wurden 600 Karten angefordert, damit reist da ein entsprechend großer Tross an. Wir sollten dem Spiel gemeinsam einen schönen Rahmen geben. Die sollen merken, dass sie in Berlin spielen und es nicht so einfach ist, die drei Punkte aus unserem Stadion zu entführen. Wir sind sehr heimstark. Die Mannschaft hat es sich verdient, dass wir mehr Zuschauer haben werden als die Chemnitzer, sodass es wirklich ein Heimspiel ist.

(war/imago)

von Hertha BSC