"Hätte unglaublich gerne noch im Pokal gespielt"
Akademie | 30. Oktober 2018, 15:03 Uhr

"Hätte unglaublich gerne noch im Pokal gespielt"

"Hätte unglaublich gerne noch im Pokal gespielt"

Peter Niemeyer verlässt beim Duell seiner beiden früheren Vereine die Bühne Profi-Fußball. Wir haben mit dem Aufstiegskapitän gesprochen.
Berlin - Gezwungenermaßen steht Peter Niemeyer inzwischen häufiger neben als auf dem Fußballplatz - so wie beim Training seines Sohns: "Er ist Linksfuß. Davon gibt es nicht so viele", lacht der 34-Jährige. Eine hartnäckige Achillessehenverletzung ließ in Herthas Aufstiegskapitän von 2012 den Entschluss reifen, die Fußballschuhe an den Nagel zu hängen. Am Dienstagabend (30.10.18) treffen seine beiden ehemaligen Vereine Hertha BSC und Darmstadt 98 im DFB-Pokal aufeinander. Für Niemeyer die große Bühne, sich offiziell vom Fußball zu verabschieden. herthabsc.de sprach mit dem sympathischen Blondschopf über dessen Darmstädter Zeit, seine Kontakte in die frühere Berliner Heimat, die Zukunft und natürlich das Pokalduell am Abend.

herthabsc.de: Peter, wie ist es dir seit deinem Weggang von Hertha ergangen?
Peter Niemeyer: Ich bin vor drei Jahren aus Berlin weg und habe in Darmstadt eine neue Herausforderung gefunden. Mit Sandro Wagner durfte ich hier erste Liga spielen und wir haben das Märchen, dass die 'Lilien' hier geschrieben haben, weitergeführt. Wir haben die Liga gehalten, was niemand für möglich gehalten hat, wenn man sich die Möglichkeiten und den Etat anschaut.

herthabsc.de: Ungewollt ist es ja etwas ruhiger um dich herum geworden...
Niemeyer: Ja, ich habe mich wirklich wohl gefühlt, doch leider kam mir nach eineinhalb Jahren eine schwere Achillessehenverletzung dazwischen. Damit habe ich wirklich lange zu kämpfen gehabt. Ich musste mich operieren lassen - es war wirklich eine lange Leidenszeit. Es gab noch die Überlegung, als Stand-by-Profi in Darmstadt zu bleiben, doch dazu ist es jetzt am Ende nicht mehr gekommen.
herthabsc.de: Wir schwer fällt es dir, nicht mehr auf dem Platz zu stehen?
Niemeyer: Ich habe immer gedacht, ich spiele noch, bis ich 40 bin. Wer mich kennt, weiß, dass ich immer brenne. Das ist auch jetzt noch der Fall - doch inzwischen konzentriere ich mich mehr auf andere Herausforderungen, auf neue Ziele und Aufgaben.

herthabsc.de: In welche Richtung streckst du deine Fühler aus?
Niemeyer: Ich probiere viele neue Sachen aus. Ich war zum Beispiel mal bei 'DAZN' und habe da Spiele kommentiert, ich habe meine Bekannten in England und Holland besucht und ihnen über die Schulter geschaut - mit der Zeit hat man sich ja im Fußball ein gewisses Netzwerk aufgebaut. Dadurch kennt man auch überall in Europa verstreut Menschen, die auch im Fußball beschäftigt sind - so kann ich mir ein breites Bild der Möglichkeiten im Fußballgeschäft machen. Wohin die Reise genau gehen soll, weiß ich noch nicht, aber ich möchte breit aufgestellt sein, um herauszufinden, was mir liegt.

herthabsc.de: Peter Niemeyer wird also in jedem Fall dem Fußballgeschäft erhalten bleiben?
Niemeyer: Wenn man einmal Teil des Profigeschäfts war, kann man nicht mehr ohne. Als die Entscheidung gefallen war, dass es nicht mehr weiter geht, lag ich abends im Bett und dachte: Jetzt ist es wirklich vorbei! Man schimpft in seiner Karriere immer über die Höhen und Tiefen - aber genau das macht es aus. Der Samstag entscheidet über die ganze Woche - ob positiv oder negativ. Dieses Teamgefühl, gemeinsam etwas zu erreichen - das ist das, was den Fußball ausmacht. Dabei meine ich nichtmal nur die Jungs auf dem Platz, sondern alle drumherum.

herthabsc.de: Highlights sind im Fußball mit Sicherheit Pokalspiele. Gerade wenn zwei frühere Vereine aufeinander treffen - wie gern hättest du da mitgespielt?
Niemeyer: Wenn man sich den Fußball überall anschaut, kommt immer wieder dieser Wunsch auf, auf dem grünen Rasen zu stehen, zu laufen, zu kicken, zu grätschen. Ich bin in den Trainingsspielen auch immer heiß gelaufen und wollte unbedingt gewinnen. Und deshalb hätte ich auch unglaublich gerne noch im Pokal gespielt - egal auf welcher Seite.

Gesagt...

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Wer mich kennt, weiß, dass ich immer brenne.
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-Peter Niemeyer

herthabsc.de: Für dich wird die Pokalspiel-Bühne zusätzlich noch zu einer ganz besonderen: Die 'Lilien' verabschieden dich offiziell. Hättest du dir einen besseren Moment denken können?
Niemeyer: Ich hatte bei Hertha eine wundervolle Zeit, bin mit der Mannschaft als Kapitän aufgestiegen. Auch die Zeit in Darmstadt war toll. Ich bin unglaublich gut aufgenommen worden und die Fans haben mich sehr herzlich verabschiedet, obwohl ich letztes Jahr nur vier Spiele gemacht habe. Das war für mich etwas ganz Besonderes. Deshalb freue ich mich, dass es genau dieses Spiel ist, bei dem ich mich nochmal von allen verabschieden kann.

herthabsc.de: Wie siehst du denn die Entwicklung von Hertha BSC unter Pál Dárdai?
Niemeyer: Ich bin wirklich beeindruckt und freue mich total. Natürlich ist die Leistung der Profis nicht hoch genug zu bewerten, aber mindestens genauso herausragend ist, dass die A-Jugend mit elf Berlinern in der Startelf Deutscher Meister geworden ist. Das ist dann auch ein Grund dafür, dass die Profis so erfolgreich sind. Man erkennt die Philosophie des Vereins, die sehr gut aufzugehen scheint.

herthabsc.de: Hast du noch Kontakt nach Berlin? Wie oft bist du da und mit wem hältst du Konntakt?
Niemeyer: In Berlin bin ich noch sehr oft. Mein Sohn geht in den selben Kindergarten wie der von Thomas Kraft. Mit ihm, aber auch mit Fabian Lustenberger oder Per Skjelbred habe ich immer noch Kontakt. Im Fußball geht es sehr schnell, dass man sich aus den Augen verliert. Deshalb freue ich mich auch umso mehr auf den Dienstagabend, denn ich habe auch meine Freunde aus den früheren Stationen eingeladen.

herthabsc.de: Nochmal zurück zum Pokal-Fight. Was für ein Spiel dürfen wir erwarten?
Niemeyer: Natürlich wird im Pokal am Böllenfalltor der Rasen brennen - die 'Lilien' haben dort schon die ein oder andere Schlacht geschlagen. Ich glaube aber auch, dass die Berliner inzwischen deutlich gefestigter sind, als wir es früher im Pokal waren. Wir haben früher doch das ein oder andere Mal nach der ersten oder zweiten Runde in die Röhre geschaut (schmunzelt). Von außen betrachtet bin ich überzeugt, dass Hertha das Rennen macht. Man muss sich aber darauf einstellen, was einen dort erwartet.

herthabsc.de: Du selbst bist mit Werder Bremen Pokalsieger geworden. Was hat das für eine Bedeutung für dich im Rückblick und traust du den Herthanern irgendwann doch mal zu, das Finale im eigenen Stadion zu erreichen?
Niemeyer: Der Pokalsieg im Olympiastadion ist sicherlich eines der ganz großen Highlights meiner Karriere. Und das Finale im eigenen Stadion ist natürlich der Traum von jedem Herthaner. Klar muss da viel zusammen kommen, man muss ein bisschen Glück haben - aber warum nicht: Es sind auch schon Zweitligisten ins Pokalfinale gekommen - da wird ein renommierter Erstligist das wohl auch schaffen können.

(war/City-Press)

von Hertha BSC