
#HerthaMuseum: Revolution in Berlin – und Hertha mittendrin!
#HerthaMuseum: Revolution in Berlin – und Hertha mittendrin!

Der 9. November ist in der deutschen Geschichte ein bedeutsamer Tag: Heute vor 29 Jahren wurden die Grenzübergänge an der Berliner Mauer geöffnet, zahlreiche Herthaner waren live dabei. Heute vor 80 Jahren wurden Synagogen und andere jüdische Einrichtungen in der Pogromnacht zerstört, Menschen eingeschüchtert, verhaftet und ermordet – unter ihnen Herthaner. Und heute vor 100 Jahren brach in Berlin die Revolution los, nicht zuletzt im Wedding, dem damaligen Hertha-Kiez: Wir schauen angesichts dieses besonderen Datums über den Tellerrand, hinein ins aufgewühlte Jahr 1918!
"O Tannenbaum, o Tannenbaum, der Kaiser hat in‘ Sack gehau’n, er kauft sich einen Henkelmann, und fängt bei Krupp als Dreher an", lautete eine im Jahr 1918 beliebte Variante des Weihnachtsklassikers. Was war passiert? Am 9. November des Jahres verursachte die Nachricht große Aufregung, dass der deutsche Kaiser Wilhelm II. nach massiven Demonstrationen abgedankt hatte. Am gleichen Tag wurde in Berlin, der Hauptstadt, die Republik ausgerufen – Deutschland wurde in Folge dessen erstmals eine Demokratie. Zuvor hatte die politische Macht beim deutschen Kaiser gelegen, nun, so der Wunsch vieler, sollte sie stärker von der Bevölkerung ausgehen.
Der Kaiser im Hertha-Archiv?
Auch im Vereinsarchiv von Hertha BSC finden sich Hinweise auf den alten Machthaber. Gänzlich dem Kaiser treu zeigt sich zum Beispiel die Aufschrift der Fahne, die ein leicht bekleideter, trainierter Jüngling aus Metall in den Händen hält, während er in den Pokalregalen des Hertha-Archivs verweilt: "Für Gott, Kaiser und Reich" steht auf dem Pokal aus den Jahren des Ersten Weltkriegs. Mit dieser Einstellung waren zehntausende Soldaten ab Sommer 1914 für das Kaiserreich in den Krieg gezogen.

Unter den Soldaten waren auch zahlreiche Herthaner wie Willy Haberstroh. Er spielte auch während des Krieges für Hertha und schrieb regelmäßig Feldpostkarten an seine Mannschaftskollegen in Berlin. Am Ende des Ersten Weltkrieges, dem 11. November 1918, war der Kaiser bereits verschwunden, er floh noch in der Nacht des 9. November ins niederländische Exil. Der Hertha-Pokal jedoch ist bis heute erhalten und zeugt von jenen Jahren des Umbruchs. Was mögen Willy Haberstroh und die anderen Herthaner wohl gedacht haben, als die Revolution in Berlin losbrach? Oder Wilhelm Wernicke, der langjährige Vereinsvorsitzende des BFC Hertha 1892, der Gewerkschaftsfunktionär und Sozialdemokrat war?
Generalstreik in Berlin: Hertha im 'Roten Wedding'
Schließlich waren die Straßen rund um die Hertha-Spielstätte typische Arbeitergegenden, auch Karl Liebknecht, einer der sozialistischen Anführer der Revolution vor seiner Ermordung im Januar 1919, war häufig im Wedding unterwegs. Den Anstoß zu dem, was als die Novemberrevolution in die Geschichte einging wurde, gaben ebenfalls Soldaten. Es waren Kieler Matrosen, die sich bereits Anfang November 1918 einem Befehl, trotz absehbarer Niederlage des Deutschen Reiches noch gegen die britische Marine zu kämpfen, widersetzten. Ihre Meuterei weitete sich wie ein Lauffeuer im Deutschen Reich aus. Immer mehr Menschen forderten das Ende des Krieges und die Entmachtung der alten militärisch geprägten Eliten. In vielen Städten übernahmen Arbeiter- und Soldatenräte die Macht.

Schließlich kam es im November zu großen Demonstrationen und einem geplanten Generalstreik auch in der Hauptstadt Berlin. Ein Augenzeuge berichtete später über den 9. November 1918 und erwähnt viele Streikstandorte, die nur wenige hundert Meter vom Hertha-Platz am Gesundbrunnen entfernt lagen: "Der Aufstand beginnt. Beteiligt sind u.a. Daimlerwerke, Schwartzkopff, AEG Hennigsdorf, AEG Brunnenstraße, AEG Ackerstraße, AEG Huttenstraße, AEG Voltastraße, Siemens & Halske, Argus, Knorr-Bremse, Borsig, Samson, Bergmann, Loewe. Aus den Betrieben heraus formierten sich Demonstrationszüge, die gewaltlos zu den Kasernen strömen, auf den Plakaten die Losung: 'Brüder – nicht schießen', um dort die Soldaten zur Verbrüderung aufzurufen und weiter in Richtung Innenstadt zu ziehen."
Und was bleibt?
Angesichts der Demonstrationen entschied sich der Reichskanzler Max von Baden eigenständig am 9. November 1918, die Abdankung des Kaisers zu verkünden, um die Kontrolle über das Geschehen zu behalten – er übergab die Regierungsgeschäfte vorläufig an den Sozialdemokraten Friedrich Ebert, einen Parteigenossen Wilhelm Wernickes. Zwei Tage später endete der Erste Weltkrieg mit der Niederlage des Deutschen Reiches – die Herthaner, die noch als Soldaten an der Front waren, kehrten in ein politisch völlig verändertes Land zurück. Im Laufe der nächsten Monate wurde um die Ausgestaltung der Republik massiv gekämpft, es gab mehrere tausend Todesopfer, vor allem auf Seiten von revolutionären Gruppierungen. Die Revolution endete mit der Verabschiedung der neuen Verfassung der Weimarer Republik im August 1919, die viele heute noch geltende Recht etablierte, wie das Frauenwahlrecht. Für den BFC Hertha hielt vor allem der Dezember 1918 abseits der Unruhen in der Hauptstadt eine dicke Überraschung bereit: Am 6. Dezember 1918 wurde der Verein durch den VBB (Verein Brandenburgischer Ballspiel-Vereine) vom Spielbetrieb ausgeschlossen, wegen verbotener Handgeldzahlungen an die erste Mannschaft. Hertha trat, um die Fans nicht zu enttäuschen, daraufhin gegen die zweite Mannschaft an. Erst im Januar 1920 kehrte der Verein wieder vollständig zurück in den Spielbetrieb – lange, nachdem die Revolution beendet war.
Übrigens: In Berlin findet den ganzen Winter über ein breites Programm zur Novemberrevolution 1918, das Ende des Ersten Weltkriegs und den Übergang zur Demokratie statt. Alle Infos dazu gibts hier.
(jr/HerthaBSC)