In Friedrichshain-Kreuzberg kannst du alles sein. Auch Herthaner
Fans | 9. April 2019, 11:17 Uhr

In Friedrichshain-Kreuzberg kannst du alles sein. Auch Herthaner

In Friedrichshain-Kreuzberg kannst du alles sein. Auch Herthaner.

Der letzte klassische Bezirks-Spieltag steht an: Die Partie gegen Hannover 96 (21.04.19) steht ganz im Zeichen des Osterhasens - und Friedrichshain-Kreuzbergs.

Berlin - Jeder Fan hat diesen Moment gehabt. Diesen Moment, in dem es um einen geschehen war. Diesen Moment, wenn der Fußball einen in seinen Bann gezogen hat. Oft sind es verschwommene und hochstilisierte Kindheitserinnerungen, aber es sind Erinnerungen, die auch nach Jahren und Jahrzehnten klar vor dem inneren Auge auftauchen. Es sind Erinnerungen, die schlicht und ergreifend nichts weniger sind als der Ursprung einer Geschichte. Einer Verbindung, die oft ein Leben lang hält.

Objektiv und rational ist dieser Vorgang nicht zu erklären: Das erste Spiel im atmosphärischen Stadion an der Seite eines Familienmitglieds, ein Spieler, der durch eine Aktion zum persönlichen Helden wird, herausragende Siege, aber auch bittere Niederlagen - alles Szenarien, die Klein und Groß, Jung und Alt zum Fan gemacht haben. Alles Stoff, der Gleiches auch in der Gegenwart noch bewirkt. Fußballromantik par exellence – und ein Phänomen, das natürlich auch bei Hertha BSC und seinen Anhängern vorkommt.

Den Berliner Sport-Club Hertha gibt es bekanntlich seit dem 25. Juli 1892. Fast 127 Jahre liefern unzählige Erfolge, Dramen und Anekdoten über die Blau-Weißen. Wolfgang Mikulski hat viele, viele dieser Geschichten hautnah miterlebt. Seit den späten fünfziger Jahren bezeichnet sich der 71-Jährige als Herthaner, die Mitgliedsnummer 180 trägt er mit Stolz. "Damals hat mich mein Onkel mit in die 'Plumpe' genommen. Wir haben Spiele gegen Tasmania Berlin, Blau-Weiß 90 oder Wacker 04 gesehen", erinnert sich der gebürtige Berliner und berichtet schmunzelnd: "Mein Onkel war Wacker-Fan. Vielleicht wollte er mich auch zu einem machen, aber ich habe mich für Hertha BSC entschieden. Wenig später hat ihm meine Entscheidung aber gefallen." Besonders gerne erinnert sich der Rentner, der über 35 Jahre als Sportreporter und Medienberater gearbeitet hat, an die späten Sechziger und frühen Siebziger unter Helmut Kronsbein. "Mit 'Fiffi' habe ich häufiger mal gesprochen, das war früher ein bisschen einfacher als heute. Er war ein Trainer, den ich sehr mochte. Als Spieler waren Erich 'Ete' Beer und Uwe Kliemann Leitwölfe. In der jüngeren Vergangenheit haben mir dann Michael Preetz und Gilberto besonders gefallen", so der Friedrichshainer.

Allein dieser Exkurs in die ältere und jüngere Geschichte des Hauptstadtclubs belegt: Wolfgang Mikulski ist 'seinem' Verein immer treu geblieben. "In all den Jahren habe ich alle Spiele, die ich sehen konnte, auch gesehen, manche gehen mir nicht mehr aus dem Kopf: Die Pokalfinalspiele in den Siebzigern, das Halbfinale im Europapokal gegen Belgrad, die Hertha-Bubis in den Neunzigern - das waren absolute Highlights", erzählt der langjährige Dauerkarteninhaber. "Mit Hertha bin ich durch dick und dünn gegangen. Wenn ich nicht vor Ort war, habe ich alle Partien am Radio, später dann im PayTV verfolgt. Was mir fehlt in all den Jahren ist ein Titel. Aber die Hoffnung habe ich noch nicht aufgegeben", spricht der Herthaner über seinen großen Traum. Doch zunächst geht es an Ostern gegen Hannover 96 (21.04.19, 18 Uhr) erstmal um drei Punkte in der Bundesliga.

Ein Lied für Lustenberger

Gegen einen Titel für Hertha BSC hätte Moritz Denis natürlich ebenfalls nichts einzuwenden. Ganz so lange wie Mikulski wartet der Musik-Komponist allerdings noch nicht auf einen solchen Triumph. "Eigentlich war ich nicht so fußballbegeistert, aber die Weltmeisterschaft 2006 hat mich gefesselt. Danach bin ich dann das erste Mal zu Hertha gegangen", schildert der 42-Jährige den Ursprung seiner Verbindung zu den Blau-Weißen. "Mein erstes Spiel besuchte ich 2006 gegen Gelsenkirchen. Die Hütte war voll und ich war am Anfang so fasziniert von der Ostkurve, dass ich mehr auf sie als auf das Geschehen auf dem Feld geachtet habe", erzählt der Kreuzberger weiter. Groß war die Freude über das 2:0 dennoch.

Auch deshalb wurde der gebürtige Frankfurter ein echter Herthaner. "Seit 2011 bin ich Mitglied", sagt Denis, der sich an einen Moment besonders gerne erinnert. "Wir haben in der Qualifikation zum UEFA-Cup 2008/09 mit 8:1 gegen Nistru Otaci gewonnen. Das Spiel fand im Jahn-Sportpark statt, ich hatte Geburtstag und war mit Freunden da. Ein Tor hat Pál Dárdai vorbereitet, wir hatten ihn vorher immer angefeuert und nach dem Treffer hat er uns zugewunken", sagt Denis. Übrigens: Seinen Job und seine Leidenschaft hat er kürzlich unter einen Hut gebracht. "Ich bin Fan von Fabian Lustenberger, er ist Herthaner durch und durch. Für ihn habe ich einen Abschiedssong mit dem Titel 'Lusti, wir brennen für dich' komponiert", berichtet der Fan der Hauptstädter, der Herthas Nummer 28 an Ostersonntag möglicherweise nicht auf dem Platz sehen wird, aber dennoch auf drei Punkte hofft.

Fanpage für Davie Selke

Ein Fan der jüngsten Generation ist Marie Müller. Mit ihren 14 Jahren hat sie naturgemäß natürlich nicht die Erfahrungen gesammelt wie Mikulski oder Moritz. Dennoch fiebert die Gymnasiastin nicht weniger enthusiastisch mit den Blau-Weißen. Ein Spieler hat es ihr besonders angetan: Davie Selke. "Er ist mir schon in Leipzig als guter Spieler aufgefallen. Als er dann zu Hertha gewechselt ist, war ich bei seinem ersten Training vor Ort. Er war extrem freundlich und sympathisch", erzählt die Berlinerin. Geprägt von dieser Begegnung entschied sie sich, für Herthas Nummer 27 eine eigene Fanpage auf Instagram anzulegen. "Ich wollte ihm den Start in Berlin erleichtern. So nahm die Sache ihren Lauf und ist inzwischen es ein richtiges Hobby geworden", führt die Schülerin weiter aus. Fast 2.000 Follower verfolgen ihre Aktivitäten auf der Seite.

Ihren Lieblingsspieler hat Marie inzwischen nicht nur nach dem Training auf dem Olympiagelände getroffen. Im November, als der Teenager ihren Geburtstag gefeiert hat, gab es eine besondere Zusammenkunft. "Nach dem Spiel gegen Hoffenheim kam Davie im Stadion Richtung Gegengerade, wo ich saß. Er hat mir dann gratuliert und mir sein Trikot gegeben. Das alles hat mein Papa organisiert“, berichtet Marie. Ihr Vater Carsten hatte den Angreifer wenige Tage vorher am Trainingsplatz angesprochen und mit ihm diese Überraschung eingefädelt. "Ich war total sprachlos", erinnert sich Marie. Ohnehin: Die Leidenschaft für die Blau-Weißen hat ihr der Vater mit auf den Weg gegeben. "Mit ihm war ich im September 2012 gegen Dresden das erste Mal im Olympiastadion. Seitdem sind die Heimspiele eine Pflichtveranstaltung für uns", sagt die Herthanerin. Gemeinsam mit dem Vater und dem kleinen Bruder wird sie auch Ostern im Stadion die Daumen drücken – und auf ein Siegtor von Davie Selke hoffen.

(fw/HerthaBSC)

von Hertha BSC