#HerthaMuseum: Die Amerika-Reise 1970
#HerthaMuseum: Die Amerika-Reise 1970
Berlin – Am 03.05.1970 beendet Hertha BSC die Bundesliga-Saison 1969/1970 vor heimischen Publikum mit einem 3:1 gegen Werder Bremen. Die Blau-Weißen landen hinter dem neuen deutschen Meister Borussia Mönchengladbach und dem FC Bayern München auf einem erfolgreichen dritten Tabellenplatz. 28 Tage später beginnt die neunte Fußball-Weltmeisterschaft in Mexiko - doch für die Herthaner ist noch lange nicht an eine Sommerpause zu denken.
So macht sich bis auf WM-Fahrer Bernd Patzkeen die komplette Mannschaft von Helmut 'Fiffi' Kronsbein auf den Weg in die USA, um neben vier Freundschaftsspielen auch sechs Partien im Rahmen des 'International Cup' auszutragen. Für die teilnehmenden US-amerikanischen Mannschaften gehen diese Partien sogar in die Wertung der nationalen Meisterschaft der North American Soccer League (NASL) ein.
Andere Länder, andere Sitten
Neben dem Hauptstadtclub treten Coventry City aus England, Hapoel Petah Tikva aus Israel und Varzim SC aus Portugal an. Die Gegner heißen Rochester Lancers, Kansas City Spurs und Dallas Tornado aus der Northern Division sowie Washington Darts, Atlanta Chiefs und St. Louis Stars aus der der Southern Division. Auch politische und wirtschaftliche Interessen spielen in dieser Zeit eine wichtige Rolle. Hapoel Petah Tikva trägt letztendlich nur fünf Partien aus, da der Eigentümer von Dallas Tornado, Lamar Hunt, davon ausgeht, dass sich ein Spiel seines Teams gegen eine israelische Mannschaft negativ auf dessen Ölgeschäfte mit arabischen Staaten auswirken könnte.
Deutschland vs. England & Mexiko in 'Freundschaft'
Innerhalb von drei Tagen treffen die Blau-Weißen in zwei körperbetonten Freundschaftsspielen auf Coventry City. Einem 0:1 in Chicago folgt in der Autostadt Detroit durch Treffer von Franz Brungs und Arno Steffenhagen ein 2:0 gegen den Tabellensechsten der englischen First Division. Nachdem der Hauptstadtclub auch die dritte Partie im 'International Cup' durch jeweils einen Doppelpack von Franz Brungs und Wolfgang Gayer mit 4:2 bei den 'Stars' aus St. Louis siegreich gestaltet, reisen die Berliner nach Kalifornien, um innerhalb von 72 Stunden zwei Mal gegen den mexikanischen Meister CD Guadelajara anzutreten. Hierbei behalten die Blau-Weißen mit 2:0 durch Tore durch Jürgen Weber und Lorenz Horr und mit 2:1 nach Treffer von Franz Brungs und Lorenz Horr gegen die am Rande der Fairness agierenden Mexikaner jeweils die Oberhand.
Von Kalifornien aus macht sich der Hertha-Tross nach Texas auf, wo die Mannschaft in Dallas auf die Tornados trifft. Hermann Bredenfeld mit zwei Treffern sowie Franz Brungs und Bernd Laube sorgen für einen 4:2-Erfolg. Zwei Tage später kehren die Herthaner nach Missouri zurück, um sich dieses Mal in Kansas City mit den Spurs zu messen. Lorenz Horr und Jürgen Weber sichern mit ihren Toren beim 2:1 den achten Sieg für Hertha BSC. In der abschließenden zehnten Partie trennen sich die Herthaner am 31. Mai 1970 in Atlanta mit einem 2:2 von den Chiefs. Lorenz Horr und Franz Brungs erzielen die 2:0-Führung, ehe man im weiteren Verlauf den Ausgleich kassiert. Noch in Atlanta kürt der Generalsekretär der NASL, Phil Woosman, die Herthaner spontan zum 'Meister von Nordamerika' und lobt sie für ihr vorbildliches Auftreten. Die Berliner reisen anschließend noch nach New York City, von wo aus sich die blau-weiße Delegation auf der 'Hanseatic' auf die mehrtägige Schiffspassage über den Atlantik nach Deutschland begibt.
Unvergessliche Erlebnisse in Nordamerika
Rund 15.000 teils abenteuerliche und anstrengende Flugkilometer von der Ost- bis zur Westküste und zurück, zahlreiche Hotels und vielfältige kulinarische Erfahrungen in ungewohnter Bandbreite, zehn sportliche Begegnungen vor insgesamt 50.000 Zuschauern - auf Spielfeldern, die, dem Nationalsport Baseball geschuldet, teilweise gleichzeitig auf Asche und Rasen auszutragen waren; aber auch Freizeitaktivitäten, wie der Besuch von Disneyland in Los Angeles oder des Empire State Building in New York City – diese Reise bleibt allen Beteiligten für immer im Gedächtnis.
Noch auf der Überfahrt resümiert Kronsbein: "Ich danke hiermit meiner Mannschaft. Seit Februar steht sie unter Volldampf, und doch hat sie sich auch jetzt noch in Amerika hervorragend geschlagen." In Richtung der blau-weißen Anhänger verlautet er augenzwinkernd: "Am 14. Juli, unserem ersten Trainingstag, bin ich wieder ansprechbar. Bis dahin: ausspannen. Wer mich in diesen Wochen auf Fußball anspricht, wird erschossen!"
(fs/HerthaBSC)