"Vertrauen ist der wichtigste Eckpfeiler der gemeinsamen Arbeit"
Club | 28. August 2019, 12:19 Uhr

"Vertrauen ist der wichtigste Eckpfeiler der gemeinsamen Arbeit"

"Gegenseitiges Vertrauen ist der wichtigste Eckpfeiler der gemeinsamen Arbeit"

Zu seiner Vertragsverlängerung spricht Finanzchef Ingo Schiller bei herthabsc.de im Interview u.a. über die Entwicklung von Hertha BSC, Investoren und Herausforderungen an die Zukunft.
Berlin - Das Präsidium von Hertha BSC hat einstimmig beschlossen, den bestehenden Vertrag mit Ingo Schiller als Geschäftsführer Finanzen von Hertha BSC zu verlängern. Werner Gegenbauer, Präsident des Hauptstadtclubs sagte: "Wir freuen uns über die weitere Zusammenarbeit mit Ingo Schiller, der damit auch in den nächsten Jahren Hertha BSC erfolgreich weiter entwickeln wird."

Seit nunmehr fast 30 Jahren arbeitet Ingo Schiller im deutschen Profi-Fußball. Zunächst bei Borussia Mönchengladbach, die meiste Zeit jedoch beim Hauptstadtclub, wo der 54-Jährige seit Jahren als Geschäftsführer Finanzen die Verantwortung trägt. Und diese erfolgreiche Arbeit wird fortgesetzt: Der Vertrag zwischen Ingo Schiller und Hertha BSC wurde verlängert. Im Interview mit herthabsc.de spricht Schiller über seinen neues Arbeitspapier, die Entwicklung von Hertha BSC, Investoren, die Stadion-Diskussion und Herausforderungen an die Zukunft.

herthabsc.de: Herzlichen Glückwunsch zur Vertragsverlängerung! Was bedeutet Ihnen das Vertrauen persönlich?
Ingo Schiller: Vielen Dank. Ich freue mich besonders, mich gemeinsam mit meinen Kollegen in der Geschäftsleitung, den Mitarbeitern und den Gremien weiter für den Erfolg unseres Vereins in dieser Position einbringen zu können. Das gegenseitige Vertrauen ist der wichtigste Eckpfeiler für die gemeinsame Arbeit.

herthabsc.de: Wie haben Sie ihre Unterschrift gefeiert?
Schiller: Nicht überschwänglich (lacht). Aber ich war zur Feier des Tages mit meiner Familie essen.

herthabsc.de: Sie sind das dienstälteste Mitglied der Geschäftsleitung. Welche waren die wichtigsten Meilensteine in ihrer Zeit beim Hauptstadtclub?
Schiller: Den größten Schritt haben wir mit Sicherheit 2009 gemacht, als Michael Preetz in die Geschäftsleitung aufgerückt ist. Thomas Herrich ist ja auch schon seit 2005 bei Hertha BSC und 2016 hat sich unsere Dreierrunde  mit Paul Keuter um eine weitere Person erweitert. Für uns ist es ein schon immer gelebtes Prinzip, dass neue Themen auch personell besetzt werden. Ich glaube, wir sind immer noch der einzige Verein in der Bundesliga, der das Thema 'Digitalisierung' in der Geschäftsleitung verankert hat. Wir haben uns klare Werte gegeben, was in den vergangenen Jahren maßgeblich war, alle Maßnahmen daraus abzuleiten.
herthabsc.de: Welche sind die größten Herausforderungen der Gegenwart für einen Verein wie Hertha BSC?
Schiller: Der Wettbewerb hat noch einmal extrem an Intensität zugelegt, die wirtschaftlichen Möglichkeiten vieler Clubs haben sich in der vergangenen Zeit nach oben verschoben. Wir haben durch unseren neuen Partner Tennor auch neue Möglichkeiten, sind aber definitiv immer noch ein Club, der versuchen muss, das Optimum aus seinen Möglichkeiten zu holen. Darüber hinaus ist es die Stadionfrage, die wir als existenziell erachten. Ich glaube, dass schon eine positive Entscheidung zu einem Stadionneubau ungeheure Kräfte rund um Hertha BSC freisetzen wird. Ich spüre bei unseren Fans und Mitgliedern, aber auch bei uns in der Geschäftsstelle einen ungeheuren Drang, in einer eigenen blau-weißen Heimat zu spielen.

herthabsc.de: Den Einstieg von KKR bezeichneten Sie damals als glücklichsten Tag, seitdem Sie bei Hertha BSC Verantwortung tragen. Wie ist im Zuge dessen der Investoren-Wechsel einzuordnen?
Schiller: Wichtig war für uns als Verein die strategische Überlegung, die Anteile zurückzuerwerben, weil wir festgestellt haben, dass die Suche nach einem weiteren Partner in dieser Konstellation nicht funktioniert. Dass dann alles innerhalb von sieben Monaten inhaltlich und wirtschaftlich so gut aufgegangen ist, das erfüllt mich mit großer Freude und Stolz auf die Arbeit aller Kolleginnen und Kollegen mit Björn Bäring an der Spitze, die das gemeinsam mit mir ermöglicht haben.

herthabsc.de: Was war ausschlaggebend dafür, dass sich die Einigung so schnell realisieren ließ?
Schiller: Die Einschätzung über die Zukunftsaussichten von Hertha BSC von Geschäftsführung und Investor stimmen überein. Das hat dazu geführt, dass wir uns schnell geeinigt haben. Wir sagen nicht ohne Grund 'Die Zukunft gehört Berlin' - bei einer Bewertung geht es immer um die Zukunft, die Erfolge der Vergangenheit zählen nicht mehr. Wer sich darauf ausruht, hat ohnehin schon verloren.

herthabsc.de: Wie lief der Prozess, an dessen Ende der Einstieg der Tennor-Group stand?
Schiller: Auf der Mitgliederversammlung im November 2018 habe ich den Mitgliedern exklusiv mitgeteilt, dass wir uns entschieden haben, die Anteile von KKR zurückzukaufen, um einen neuen Partner zu gewinnen. Schon direkt danach haben wir festgestellt, dass es Nachfragen aus dem Markt gab. Wir haben eine ganze Reihe Gespräche geführt, im Februar dieses Jahres auch zum Thema Stadionfinanzierung. In diesem Zusammenhang haben wir uns auch mit Lars Windhorst und der Tennor-Group unterhalten. Dabei hat sich sehr schnell herauskristallisiert, dass das Thema Anteilserwerb von großen Interesse ist. Wir haben in der Zeit mit vier Unternehmen intensive Gespräche geführt und dann in einem sehr guten professionellen und partnerschaftlichen Prozess im Juni den Abschluss mit der Tennor-Group erzielt.

Gesagt...

[>]
Der Wettbewerb hat noch einmal extrem an Intensität zugelegt.
[<]

-Ingo Schiller

herthabsc.de: Die Frage nach der Finanzierung des geplanten Stadionneubaus kommt immer wieder einmal auf. Wie sehen da die Planungen aus?
Schiller: Das jetzige Investment hat jetzt nicht unmittelbar etwas mit der Finanzierung des Stadions zu tun. Indirekt allerdings durchaus, denn es verbessert die wirtschaftliche Grundlage unseres Vereins ungemein. Wir haben verschiedene, sehr konkrete Finanzierungsalternativen, die wir derzeit prüfen. Diese können allerdings auch erst dann zum Tragen kommen, wenn die Grundstücksfrage geklärt ist. Die Finanzierung wird dann gewährleistet sein - und das zu äußerst attraktiven Konditionen, weil infrastrukturelle Projekte bei Investoren sehr beliebt sind.

herthabsc.de: Viele interessiert, wie die Zusammenarbeit mit einem Investor dann operativ aussieht. Wie ist das vereinbart?
Schiller: Die Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit sind vertraglich fixiert und stimmen zu 100 Prozent mit der 50+1-Regel überein. Das ist von der DFL geprüft und freigegeben sowie von den Gremien einstimmig genehmigt. Es wird immer darum gehen, dass der Verein die Entscheidungshohheit bei den wichtigen Fragen hat und beibehält. Wir verstehen eine Partnerschaft aber auch so, dass wir uns bei strategischen Fragen, Ausrichtung, Stadionthematik oder Internationalisierungs-Strategie und Sponsoring etc. austauschen, ohne dass das dann zu einer Mitbestimmung führt. Von einem konstruktiven Austausch profitieren beide Seiten.

herthabsc.de: Welche Ziele verfolgt die Tennor-Group mit ihrem Investment?
Schiller: Es geht ganz klar um die langfristige nachhaltige Wertsteigerung der Anteile, es geht nicht um kurzfristige Rendite. Diese Potenziale sehen beide Partner und wir als Geschäftsleitung werden alles daran setzen, dass diese Potenziale zur Entfaltung kommen.

herthabsc.de: Für die Anteile erhält Hertha BSC eine substanzielle Summe an Geld. Wie sieht der Plan aus, wie soll investiert werden?
Schiller: Zu allererst wollen wir Finanzverbindlichkeiten zurückführen, die wir im Rahmen des Zurückkaufs der KKR-Anteile aufgenommen haben. Den restlichen Betrag werden wir über die nächsten vier, fünf Jahre schrittweise investieren - der überwiegende Teil soll dabei in die Mannschaft fließen. Darüber hinaus wollen wir gezielt in Zukunftsthemen wie Digitalisierung, Internationalisierung, Marketing investieren, aber auch in Personal, denn die beste Technik nützt nichts, wenn es niemanden gibt, der sie bedienen kann.
herthabsc.de: Neben dem Einstieg des neuen Investors lief auch die institutionelle Anleihe ausgezeichnet. Wie sehen Sie Herthas Standing auf dem Finanzmarkt?
Schiller: Ich glaube, dass wir uns in den vergangenen Jahren einen ausgezeichneten Ruf erarbeitet haben. Neben der institutionellen Anleihe haben wir auch zwei Fan-Anleihen in Rekordzeit ausverkauft. Wir sind bei allen Finanzierungspartnern als zuverlässiger Geschäftspartner geschätzt. Dafür stehen wir auch ein, dass diese Reputation beibehalten wird.

herthabsc.de: Erst kürzlich sind Sie zudem zum zweiten Mal in den Aufsichtsrat der DFL wiedergewählt worden. Empfinden Sie dies auch als Bestätigung Ihrer Arbeit?
Schiller: Ich bin den Kollegen sehr dankbar, dass sie mir wieder das Vertrauen ausgesprochen haben. Ich bringe mich und meine 28-jährige Erfahrung im Profifußball sehr gerne im Sinne und zum Nutzen der Liga ein. Und für Hertha BSC ist es auch gut, in solch einem Gremium vertreten zu sein.

herthabsc.de: Der DFL-Aufsichtsrat befasst sich mit vielen Themen rund um den Profi-Fußball in Deutschland. Gibt es bei der Arbeit bestimmte Themen, die Sie besonders interessant finden?
Schiller: Ich persönlich interessiere mich sehr für das Thema Beteiligungen. Es gibt das Programm 'DFL for Equity', in dem sich die DFL an Start-ups beteiligt - das finde ich hochspannend. Das ist vielleicht auch ein Vorbildmodell für Hertha BSC.

herthabsc.de: Zum Abschluss der Blick in die Zukunft: Welche Herausforderungen sind die nächsten für Hertha BSC und Ihre Arbeit?
Schiller: Es wird darum gehen, die Stadion-Frage positiv zu entscheiden - das ist eins der wichtigsten Aufgaben der Geschäftsleitung. Ansonsten wollen wir uns in allen Bereichen verbessern. Wir wollen die Werte, für die wir stehen, aktiv leben und mit allen Kolleginnen und Kollegen den eingeschlagenen erfolgreichen Weg konsequent weiter beschreiten: fortschrittlich zu sein, die Vielfalt der Gesellschaft zu achten und zu fördern.

Gesagt...

[>]
Ich glaube, dass wir uns in den vergangenen Jahren einen ausgezeichneten Ruf erarbeitet haben.
[<]

-Ingos Schiller

von Hertha BSC