Aufwand und Ertrag
Profis | 15. September 2019, 13:08 Uhr

Aufwand und Ertrag

Aufwand und Ertrag

In Mainz schienen engagierte Herthaner in der Schlussphase das Blatt zu wenden. Doch ein spätes Gegentor traf die Blau-Weißen ins Mark.

Mainz/Berlin – Es gehört zur manchmal schmerzhaften Faszination des Fußballspiels, dass ein Moment, eine Idee oder auch eine Unaufmerksamkeit das vermeintlich klare Momentum einer Begegnung, das sich mit viel Aufwand erarbeitet wurde, in die andere Richtung kippen lassen können. Hertha BSC musste diese Erfahrung am Samstagnachmittag (14.09.19) machen. Beim Gastspiel in Mainz schienen die Berliner jenes Momentum in einer guten zweiten Hälfte mit zahlreichen erspielten Chancen bereits endgültig auf ihre Seite gezwungen zu haben, als Marko Grujic in der 83. Minute der ebenso verdiente wie umjubelte Ausgleichstreffer gelang. Doch wenige Zeigerumdrehungen später ermöglichte auf der Gegenseite eine Unaufmerksamkeit bei einer Mainzer Ecke den 'Nullfünfern' den späten Siegtreffer. "Wir wollten ein anderes Gesicht als zuletzt zeigen, das ist uns gelungen. Nach dem Ausgleich darf es uns aber nicht passieren, dass wir noch mit leeren Händen dastehen", konstatierte Trainer Ante Covic enttäuscht.

Der Coach hatte für die erste Aufgabe nach der Länderspielpause einige Veränderungen an seiner Startformation vorgenommen – neben den Debütanten Dedryck Boyata und Marius Wolf rückten auch Jordan Torunarigha, Per Skjelbred und Davie Selke neu in die Startelf. Besonders letzterer zeigte sich sehr engagiert, aber leider glücklos im Abschluss. Zunächst verhinderte der Außenpfosten einen möglichen Torerfolg (15.), dann entschärfte Mainz' gut aufgelegter Torhüter Robin Zentner eine äußerst aussichtsreiche Situation, in der Selke zuvor den Ball erobert hatte. "Es hat es bei meiner Chance nicht an Selbstvertrauen und Entschlossenheit gefehlt, aber eins ist klar: Den Ball muss ich machen", gab Herthas Nummer 27 anschließend unumwunden zu. Ein Führungstreffer hätte die Partie gegen engagierte Gastgeber, die Rune Jarstein einige Male mit wuchtigen Distanzschüssen prüften, möglicherweise in Richtung 'Alte Dame' laufen lassen – stattdessen schlug der FSV in einer Phase, in der die Berliner den Kontrahenten in den Griff zu bekommen schienen, zu. Quaison verwertete eine Vorarbeit von Kunde zum 1:0, Zentner im Mainzer Tor verhinderte im Gegenzug eine schnelle Antwort des Hauptstadtclubs durch Grujic.

Nach der Chancenflut belohnen Dilrosun und Grujic die Umstellungen

Nach der Pause erhöhte die Covic-Elf, die mit Wut im Bauch aus der Kabine kam, die Schlagzahl. Doch das Problem blieb, dass den guten Ansätzen und viel Aufwand kein zählbarer Ertrag gegenüberstanden. Grujic (47.), Ondrej Duda (51.), Dodi Lukébakio (56.) und erneut Duda per Freistoß (60.) fanden allesamt ihren Meister im Mainzer Keeper, weitere Berliner Abschlüsse verfehlten das FSV-Tor. "Wenn wir die guten Möglichkeiten genutzt hätten, sieht das Spiel anders aus", ahnte Marius Wolf. "Wir hatten unsere Chancen, hätten Nackenschläge verteilen und nicht kassieren dürfen", schlug Niklas Stark in die gleiche Kerbe.

Den Gastgebern gelang es nach dieser überstandenen Chancenflut wieder etwas besser, das Geschehen vom eigenen Tor wegzuhalten. Coach Covic nahm dies zum Anlass, mit der Hereinnahme von Javairo Dilrosun und der Umstellung auf Viererkette noch mehr Risiko zu gehen – und wurde belohnt. Der eingewechselte Niederländer setzte sich über links durch und bediente den in der Mitte lauernden Grujic, dem das hochverdiente 1:1 gelang. Den Treffer bejubelte der Serbe gemeinsam mit seinem Trainer, zu dem er direkt lief, "weil ich weiß, wie viele Emotionen und Energie Ante für jeden Einzelnen von uns investiert", wie Grujic berichtete. 

Frustriende Pointe - Fokus auf Paderborn

Viel investiert hatten an diesem Nachmittag alle Blau-Weißen – doch das letzte Wort hatten die Gastgeber. Nach einer Ecke, fünf Minuten nach dem Ausgleich, verlor Marius Wolf den Mainzer Verteidiger St. Juste für einen Moment aus den Augen. Der Abwehrspieler der Rheinhessen nutzte die Unachtsamkeit und köpfte den entscheidenden dritten Treffer des Spiels. "St. Juste war mein Mann, ich hätte ihn beim 1:2 nicht so zum Kopfball kommen lassen dürfen", erklärte der Neuzugang anschließend selbstkritisch. "Um zu gewinnen, muss man Tore machen, aber auch gut verteidigen. Wir haben zweimal nicht gut aufgepasst, und am Ende stehen wir ohne alles da."

Eine frustrierende Pointe einer ereignisreichen Schlussphase – doch neben der kritischen Analyse war den Berliner Protagonisten auch wichtig, nicht zu sehr in Negativismus zu verfallen. "Wir waren über weite Strecken die bessere Mannschaft und hätten zumindest den einen Punkt mitnehmen müssen", resümierte Davie Selke. "Man darf jetzt nicht alles schlechtreden. Wir haben hier eine Reaktion gezeigt. Noch ist es aber zu früh, um auf die Tabelle zu schauen. Wir müssen uns jetzt darauf konzentrieren, uns zu fangen und endlich wieder zu punkten!" Am kommenden Samstag (21.09.19, 15:30 Uhr) soll das gegen den SC Paderborn im Berliner Olympiastadion gelingen und endlich der erste Saisonsieg eingefahren werden. "Gegen Paderborn müssen wir alles geben – für den Sieg und für unsere Fans, weil sie uns jedes Mal so sehr unterstützen und wir sie nicht mit Punkten belohnt haben", betonte Marko Grujic. "Die Fans haben ein gutes Gespür bewiesen, als sie die Mannschaft mit Anfeuerungen verabschiedet haben. Wir freuen uns, dass wir jetzt wieder zu Hause mit ihnen im Rücken spielen dürfen und wollen unsere Bilanz aufbessern", blickte Ante Covic auf die kommende Aufgabe voraus. So soll der betriebene Aufwand dann auch mit einem entsprechenden Ertrag abgegolten werden.

(kk/City-Press)

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Wir haben eine Reaktion gezeigt, es ist zu früh, um auf die Tabelle zu schauen. Wir müssen uns darauf konzentrieren, uns zu fangen und wieder zu punkten!
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-Davie Selke

von Hertha BSC