
"Wir Herthaner können sehr stolz auf unsere Fanszene sein!"
"Wir Herthaner können sehr stolz auf unsere Fanszene sein!"

Donato Melillo, Abteilungsleiter der Fanbetreuung, spricht im zweiten Teil des Interviews über das soziale Engagement der blau-weißen Anhänger und die Aufarbeitung der Vorfälle beim Stadtderby.
Berlin – Die Hertha-Fans und ihre Unterstützung der Mannschaft sowie ihre Liebe zum Verein sind für den Hauptstadtclub essentiell. Die organisierten blau-weißen Anhänger bescheren mit ihren Choreographien großartige Bilder, gleichzeitig möchten sie regelmäßig abgeholt werden und haben bei fanpolitischen Themen manchmal eine andere Sicht als die Vereinsvertreter. Umso wichtiger ist es, dass sich beide Seiten regelmäßig austauschen, um gemeinsam an einem Strang für Hertha BSC ziehen zu können. Diesen Austausch mitzugestalten und zu moderieren ist eine der wichtigsten Aufgaben der Fanbetreuung. Zuletzt gab es einiges zu besprechen – die beeindruckende Choreographie anlässlich des 30-jährigen Mauerfall-Jubiläums, bei der Club und Fans zusammenarbeiteten, zählte ebenso zu den Themen wie die unschönen Bilder aus dem Berliner Stadtderby. Grund genug für herthabsc.de, sich mit Donato Melillo, dem langjährigen Abteilungsleiter, zu unterhalten! Den ersten Teil des Interviews findet ihr hier. Im zweiten Teil spricht Melillo über das vielfältige soziale Engagement der blau-weißen Anhänger und die Aufarbeitung der Vorfälle beim Stadtderby.
herthabsc.de: Es hat sich der Eindruck verfestigt, dass Fans der Blau-Weißen sich vielseitig engagieren und mit Leidenschaft einsetzen…
Melillo: … dieser Eindruck stimmt! Wir Herthaner können sehr stolz auf unsere Fanszene sein, die seit Jahren eigenständig vielfältige und spannende Projekte entwickelt und umsetzt, die wir als Verein natürlich gerne unterstützen. Ob Aktionen wie 'Spendet Becher – Rettet Leben!' (Bei einem Heimspiel pro Saison werden Getränkebecher gesammelt, deren Pfand anschließend für ein soziales Projekt gespendet wird, Anm. d. Red.), wo der Tod eines Gruppenmitgliedes Anlass für die 'Harlekins Berlin '98' war, sich sozial zu engagieren, oder auch das bald wieder anstehende 'Hertha wärmt' (alle Infos dazu hier) – das sind tolle Aktionen, die von unseren Anhängern eigenständig auf die Beine gestellt werden!
herthabsc.de: Auch bei Vereinsprojekten ist das Fan-Engagement zu spüren. Kannst du Beispiele nennen, die dich besonders beeindrucken?
Melillo: Den Einsatz bei 'Herthaner helfen' und die Bereitschaft unserer Fans, damit andere Menschen zu unterstützen, wissen wir sehr zu schätzen. Was mich zudem freut, ist die Auseinandersetzung der Fans mit der Geschichte von Hertha BSC. Die Projektreihe 'Aus der eigenen Geschichte lernen' hat tollen Widerhall in unserer Szene gefunden und auch dank des Engagements der Teilnehmer einige Preise bekommen (unter anderem den Julius-Hirsch-Preis des DFB und einen Preis des Bündnis für Demokratie und Toleranz der Bundeszentrale für politische Bildung, Anm. d. Red.). Gemeinsam wurden dort Details aus der Clubhistorie erarbeitet, die uns allen noch nicht bekannt waren. Darüber hinaus nimmt auch das Engagement der einzelnen Fanclubs und OFCs immer mehr zu, ein aktuelles Beispiel hierfür war der Mauer-Spaziergang – das ist schön zu beobachten! Dieser vielfältige Einsatz zeigt auch die Heterogenität der Fanszene, und ich finde toll, wie sich das alles stetig weiterentwickelt.
herthabsc.de: Ansprechen müssen wir aber auch die unschönen Szenen aus dem Stadtderby, als aus dem Hertha-Block Raketen auf andere Zuschauerränge und das Feld geflogen sind. Kannst du einen Einblick gewähren, wie die Aufarbeitung dieser Vorkommnisse läuft?
Melillo: Wir als Abteilung waren in Köpenick wie immer vor Ort und haben die Situationen dort selbst erlebt. Unmittelbar im Anschluss an das Spiel haben wir dann in der zuvor beschriebenen Runde zusammengesessen und uns direkt ausgetauscht. Dieser Prozess läuft nach wie vor und ist noch lange nicht zu Ende – dass er aber so schnell in Gang kam ist positiv und zeigt, dass unser Dialog belastbar ist und gut funktioniert. Dies ist wichtig, um alles einordnen zu können, die jeweiligen Positionen zu erläutern und die Hintergründe zu verstehen.
herthabsc.de: Wie lautet nach diesem schnell in Gang gekommenen Prozess dein Zwischenfazit?
Melillo: Positiv zu verbuchen sind die bereits veröffentlichten Stellungnahmen der OFC-Fanvertreter, des 'Förderkreis Ostkurve' und der 'Harlekins Berlin '98', welche allesamt das Abschießen von Pyrotechnik in benachbarte Blöcke verurteilen sowie die Bereitschaft die Vorkommnisse sowohl gemeinsam mit uns als auch intern aufzuarbeiten. Im Austausch sprechen wir Dinge, die nicht in Ordnung sind, ganz klar an. Eines ist ganz klar: Solche Bilder schaden unserem Verein immens, und keiner von uns möchte sie sehen. Der Großteil der 2.500 mitgereisten Anhänger hat sich vorbildlich verhalten und Hertha BSC mit dem friedlichen Fanmarsch sowie der Choreographie im Stadion gut repräsentiert.
herthabsc.de: Was kann der Hauptstadtclub unternehmen, damit solche Bilder, von denen man sich in aller Schärfe distanziert hat, in Zukunft nicht mehr auftauchen?
Melillo: Wir setzen auch weiterhin auf eine Ermittlung der einzelnen Täter, nicht auf Kollektivstrafen. Zudem bauen wir auch zukünftig auf den Austausch und die Selbstregulierung der Fanszene. Es muss klar sein, dass beispielsweise das Werfen oder Schießen von Pyrotechnik oder anderen Gegenständen auf den Platz oder in Zuschauerränge vollkommen inakzeptabel ist. Wichtig wird sein, auch weiterhin einen direkten und offenen Weg im Umgang mit solchen Themen zu finden. Es gibt innerhalb unserer Fanszene eine sehr große und gemäßigte Mehrheit, die wir als Verein unterstützen wollen und müssen, damit sie von innen auch weiterhin Einfluss auf diejenigen nehmen kann, die dazu neigen, Grenzen zu überschreiten. Das ist in jedem Fall wirksamer als eine Einflussnahme von außen. Diese Arbeit und das weitere Ausarbeiten von gemeinsamen Grenzen wird die gemeinsame Aufgabe vom Verein und allen Herthanerinnen und Herthanern sein!
(kk,fw/HerthaBSC)
Gesagt...
[>]Das Ausarbeiten von gemeinsamen Grenzen wird die Aufgabe vom Verein und allen Herthanerinnen und Herthanern sein![<]