Toleranz und Vielfalt in blau und weiß!
Fans | 28. Januar 2020, 18:38 Uhr

Toleranz und Vielfalt in blau und weiß!

Toleranz und Vielfalt in blau und weiß!

Die 'Hertha-Junxx' waren nach ihrer Gründung deutschlandweit der erste schwul-lesbische Fanclub, der auch in Tempelhof-Schöneberg aktiv ist. Im nächsten Jahr feiern sie ihr 20-jähriges Jubiläum.

Berlin – Wenn im Hochsommer in Berlin der Christopher Street Day (CSD) stattfindet, tummeln sich tausende Menschen auf den Straßen der Hauptstadt. Laute Musik wird gespielt, gut gelaunte Leute in schrillen Outfits laufen tanzend mit dem Umzug mit. Die alljährlich stattfindende Parade ist eine der wichtigsten Veranstaltungen der LGBTQ-Szene in Deutschland – und auch Hertha BSC ist sozusagen vor Ort - präsentiert durch den schwul-lesbischen Fanclub 'Hertha-Junxx e.V.'. "Jedes Jahr stehen wir auf dem CSD, präsentieren uns und möchten mit Menschen in Kontakt kommen. Neben dem CSD nehmen wir auch am schwul-lesbischen Straßenfest in Schöneberg teil," schildert Uwe Zühlsdorf die Öffentlichkeitsarbeit des Fanclubs, der viel in Tempelhof-Schöneberg unterwegs ist; dem Bezirk, dem die 'Alte Dame' am Freitag (31.01.20) gegen Schalke 04 den Spieltag widmet. Der 51-Jährige ist seit knapp drei Jahren Vorsitzender des Vereins. Wie es dazu kam, ist jedoch mehr als tragisch: Im Mai 2017 verunglückte der damalige Vorsitzende und Gründungsmitglied Gerd Eiserbeck bei einem Autounfall, nach der ersten Trauerverarbeitung übernahm Zühlsdorf seinen Posten: "Wir waren alle traurig und schockiert wegen seines Todes. Aber es musste auch irgendwie weitergehen, dann habe ich eben gesagt: Ich mache das", erzählt der ehemalige Schatzmeister des Fanclubs.

Ungefähr ein Jahrzehnt zuvor war Zühlsdorf erstmals im Olympiastadion, beim 0:0 der Blau-Weißen gegen Bayer Uerdingen in der Spielzeit 1990/91. "Das war nicht das schönste Spiel, am Ende der Saison sind beide Mannschaften abgestiegen", erinnert er sich. Die Liebe zur 'Alten Dame' entwickelte sich trotzdem – und lässt ihn bis heute nicht mehr los. Kurz nach der Gründung trat der Fan des Hauptstadtclubs den 'Hertha-Junxx' bei, die 2001 ein absolutes Novum schufen: Der Fanclub, der im nächsten Jahr das 20-jährige Bestehen feiern wird, war der erste seiner Art in Deutschland. Mittlerweile findet man in fast jeder Stadt einen Fantreff für Anhänger mit nicht-heterosexueller Orientierung. Mit den meisten stehen die 'Hertha-Junxx' auch in Kontakt. "Aus solchen Geschichten sind auch Freundschaften entstanden. Es kann manchmal einfach angenehm sein, sich mit Gleichgesinnten zu unterhalten", führt der Vorsitzende aus.

Statements im Stadion und Mitgliederschwund

Viele solcher Gespräche führen Zühlsdorf und sein Fanclub selbstverständlich im Stadion - und trotzen dabei Wind und Wetter, um ihre Herthaner anzufeuern. "Wenn man das Stadion betritt, ist das nochmal ein ganz besonderes Flair. Nicht so, als würde man vor dem Fernseher sitzen. Die Stimmung hautnah zu erleben, mittendrin zu sein – das ist einfach etwas komplett anderes", schwärmt er. Selbst das Gefühl, eine Mannschaft am Spielfeldrand zu betreuen und Teil des Geschehens zu sein, kennt Zühlsdorf nur zu gut – schon seit mehreren Jahren ist der 51-Jährige als Trainer des 'USC Viadrana Frankfurt Oder' aktiv. Wann immer er bei den Begegnungen im eigenen Wohnzimmer auf der Tribüne mitfiebert, steht der Hertha-Anhänger mit seinem Fanclub hinter deren Banner. Die Aufschriften sind eindeutige Statements für Toleranz, Vielfalt, Offenheit und Akzeptanz: 'Hertha-Fan und schwul? Dit jeht!' oder 'Schwule Fans sind Hertha als man denkt!'.

Bei Auswärtsspielen versammeln sich die Fanclub-Mitglieder meist in irgendeiner Kneipe – ein Stammlokal haben sie nicht. Aufgrund des Mitgliederschwunds werden sie das vermutlich auch nicht so schnell brauchen. "Damals, kurz nach der Gründung, hatten wir noch knapp 30 Mitglieder. Heute sind es nur noch zehn. Viele sind weggezogen, beispielsweise aus beruflichen Gründen, und schaffen es dann einfach nicht mehr. Aber wir stehen neuen Personen jederzeit offen gegenüber – unabhängig von der sexuellen Orientierung. Es muss menschlich einfach passen", führt Zühlsdorf aus. Und vielleicht finden sich ja beim nächsten CSD neue Mitglieder – die 'Hertha-Junxx' werden auf jeden Fall vor Ort sein.

(ms/HerthaBSC)

von Hertha BSC