Nach dem Spiel ist vor dem Spiel
Profis | 2. Februar 2020, 12:00 Uhr

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Das Bundesliga-Spiel zwischen Hertha BSC und Schalke 04 endete am Freitagabend (31.01.20) torlos. Im DFB-Pokal gibt es ein schnelles Wiedersehen.

Berlin – Der Tag nach dem Unentschieden gegen Schalke 04 begann für Jürgen Klinsmann am Samstagmorgen um 7:30 Uhr mit einer Verabredung zum Frühstück. An der Seite des Berliner Trainers saß mit Paolo Stringara sein ehemaliger Mitspieler von Inter Mailand. Der Italiener spielte Anfang der 90er-Jahre gemeinsam mit Klinsmann in der Serie A, der Kontakt ist nach all den Jahren nicht abgerissen. Am Vorabend verfolgte Stringara, der ehemalige defensive Mittelfeldspieler, auf der Tribüne im Olympiastadion die Punkteteilung – wie Klinsmann berichtete äußerst angetan. "Es war ein taktischer Krimi, ein sehr intensives Spiel und für Paolo war das natürlich toll", sagte der Herthaner in Anspielung an die italienische Vorliebe für das Catenaccio schmunzelnd. Die eigene Einschätzung des 55-Jährigen fiel dagegen etwas differenzierter aus, fiel unter dem Strich aber positiv aus. "In Deutschland haben wir eine etwas andere Kultur, wollen unbedingt Tore schießen, ich als alter Stürmer sowieso. Aber für uns ist es ein Punktgewinn gegen eine Mannschaft, die zurecht oben mitspielt."

Lobende Worte für seine Schützlinge hatte der Fußballlehrer nach dem fünften Unentschieden der Saison daher auch parat, schließlich hatte der eine Punkt zum Auftakt des 20. Spieltags gegen den Europacup-Anwärter nichts mit Glück, sondern vielmehr mit harter Arbeit zu tun. "Defensiv war es eine ganz starke Leistung von uns, wir standen sehr kompakt. Schalke hatte vielleicht ein, zwei Chancen", analysierte Klinsmann zutreffend. Möglichkeiten waren über 90 Minuten tatsächlich rar gesät, Marius Wolf (24.) für die Hausherren, Weston McKennie für die Gäste (45.) verzeichneten in der ersten Hälfte die nennenswertesten Abschlüsse. "Es war ein Abnutzungsspiel", bestätigte der Hertha-Coach, wohlwissend, dass im Spiel nach vorne noch Steigerungspotenzial liegt, aber auch pragmatisch genug. "Wir sind uns der Realität bewusst. Wir stehen in der unteren Tabellenhälfte. Wenn wir weiter nach oben klettern, werden wir über eine andere Art des Fußballs sprechen. Aber erst einmal müssen wir punkten. Wenn wir uns mehr Luft verschafft haben, kommen spielerische Komponenten hinzu."

Piątek feiert Debüt und sorgt für Schwung

Wie dieses Offensivspiel dann aussehen könnte, blitze vor allem in Durchgang zwei immer wieder auf. "Wir haben uns in den vergangenen Wochen immer mehr Selbstvertrauen erarbeitet. Die Jungs spüren, dass sie jetzt punkten können. Wir haben uns auch gegen Schalke immer mehr zugetraut, es geht alles in die richtige Richtung", befand Klinsmann, der mit seiner Elf in acht Begegnungen nur Borussia Dortmund und Bayern München unterlag. Einen nicht zu unterschätzenden Anteil hatte daran Neuzugang Krzysztof Piątek, der erst am Donnerstag (30.01.20) zum Hauptstadtclub wechselte und auf den nach seiner Einwechslung in der 62. Minute alle Scheinwerfer gerichtet waren. "Krzysztof bringt uns eine Qualitätssteigerung. Er ist hungrig und riecht, wo die Bälle im Strafraum runterkommen. Er bringt Zug und Variabilität in unser Spiel", charakterisierte sein neuer Coach den Mittelstürmer. Dass Klinsmann mit dieser Meinung absolut richtig liegt, bewies der polnische Nationalspieler augenblicklich. Innerhalb weniger Minuten tauchte Piątek mehrfach gefährlich vor dem Gästetor von Alexander Nübel auf. Doch einen Schuss blockten die Schalker (67,), einen Kopfball setzte der 24-Jährige über den Kasten (75.), einen weiteren Abschluss rechts drüber (81.). Dennoch war er zufrieden für den Anfang. "Ich bin sehr glücklich, dass ich so schnell spielen durfte. Vor dem Spiel habe ich Jürgen Klinsmann gesagt, dass ich fit und bereit bin. Ich hoffe, dass wir uns jetzt Schritt für Schritt verbessern können. Ich will in nächster Zeit einfach so viele Tore wie möglich schießen, um dem Team zu helfen", beschrieb Herthas neue Nummer 7 sein Debüt, bei dem ihm die blau-weißen Fans einen schönen Empfang bereiteten.

Wie der ehemalige Mailänder belebte auch Arne Maier das Spiel der Herthaner. Der 21-Jährige bestritt verletzungsbedingt erst sein drittes Bundesliga-Spiel in dieser Saison, zeigte aber, warum in Zukunft wieder mit ihm zu rechnen ist: stark in den Zweikämpfen, das richtige Auge für den Nebenmann und der Mut zum Abschluss. Sein Schuss aus 18 Metern verfehlte das Gäste-Tor (75.). "Arne arbeitet sich gerade wieder richtig ran", merkte Klinsmann an. Viel hat auch in der vierten Minute der Nachspielzeit nicht gefehlt und die Hauptstädter hätten wie in der Vorwoche das nötige Spielglück besessen. Maximilian Mittelstädt, der links durchgebrochen war, schoss aber knapp am langen Pfosten vorbei (94.). "Schade, wenn ich den Ball noch etwas besser treffe, hätten wir da noch den Lucky Punch setzen können – aber ich denke, am Ende können wir mit dem Punkt zufrieden sein", sagte der Außenbahnspieler. So blieb es torlos – das erste Mal seit fast elf Jahren im Aufeinandertreffen beider Vereine. Im Mai 2009 hießen die Protagonisten der 'Alten Dame' Simunic, Dárdai und Pantelic, bei den 'Königsblauen' Westermann, Rakitic und Kuranyi.

Eine Nullnummer wird es indes beim schnellen Wiedersehen am Dienstag (04.02.20, 20:45 Uhr) im DFB-Pokal-Achtelfinale ganz gewiss nicht geben. Dann geht es auch nicht um Tabellenplätze oder Punkte, sondern ausschließlich um das Weiterkommen. "Uns erwartet ein Pokalfight, der vielleicht über 120 Minuten oder ins Elfmeterschießen geht", legt Klinsmann den Fokus bereits auf das baldige Wiedersehen beider Mannschaften. "Wir haben noch ein paar Kärtchen in der Hosentasche, die wir vielleicht dann schon spielen wollen", deutete der Trainer einen weiteren taktischen Kniff an. Paolo Stringara wird das vermutlich gerne gehört haben.

(fw/City-Press)

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Wir haben noch ein paar Kärtchen in der Hosentasche, die wir vielleicht am Dienstag schon spielen wollen.
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-Jürgen Klinsmann

von Hertha BSC