
Was macht eigentlich Michel Dinzey?!
Was macht eigentlich Michel Dinzey?!

Berlin – Es war das Ende einer schier endlosen Wartezeit, der Höhepunkt einer denkwürdigen Saison, die Krönung einer echten Mannschaft: Am 22. Mai 1997 machte Hertha BSC die Rückkehr in die Beletage des deutschen Fußballs perfekt. Ante Covic hatte die Mannschaft von Trainer Jürgen Röber im Sportpark von Unterhaching in Führung geschossen, Michel Dinzey erhöhte kurz nach Wiederanpfiff zum vorentscheidenden 2:0. "Daran werde ich mich immer erinnern", blickt der Torschütze zurück. "Die Hachinger schrien alle: Links, links – der hat nur einen linken Fuß. Da habe ich mir den Ball auf rechts gelegt und ihn reingemacht", schwelgt der 47-Jährige in Erinnerung. Nach dem Spiel gab es kein Halten mehr. "Das war eine herausragende Truppe. So einen Zusammenhalt habe ich selten wieder einmal erlebt. Das zog sich von den Stammspielern bis zu den A-Jugendlichen, die mit dabei waren. Wir haben einfach unglaublich gut harmoniert", so Dinzey. Alle Herthaner lagen sich nach dem Abpfiff in den Armen und feierten den langersehnten Aufstieg. In Zeiten von Bundesliga-Pause und Kontakt-Einschränkung aufgrund der Corona-Pandemie aktuell kaum vorstellbar.
Wie viele Millionen andere bleibt auch Michel Dinzey zurzeit zu Hause, das Telefon ist sein ständiger Begleiter. "Man telefoniert schon mehr als früher. Ich tausche mich viel mit anderen Trainern und Spielern aus." Vor der Corona-Krise hospitierte der frühere Herthaner auch beim Hauptstadtclub und schaute dem jetzigen U23-Trainer Andreas 'Zecke' Neuendorf über die Schulter. Eine große Leidenschaft verfolgt Dinzey trotz der Einschränkungen weiterhin: selbst Sport treiben. "Wenn man so viel zu Hause bleiben muss, geht es darum, dass man körperlich und mental fit bleibt für den Zeitpunkt, wenn es wieder los geht", so der gebürtige Berliner. Vor allem Laufen steht auf dem Trainingsplan, mit welchem Ziel ist momentan offen. "Halbmarathon, Marathon – mal schauen, was sich am Ende ergibt."
Abenteuer auf Antigua
Aktuell ist der ehemalige Mittelfeldspieler in seiner Wahlheimat Hamburg unterwegs, im vergangenen Jahr zählten allerdings auch schon mal die Strände in der Karibik zu seinen Laufstrecken. Fast ein Jahr hatte Dinzey den Posten des Cheftrainers der Nationalmannschaft von Antigua inne – ein ungewöhnlicher Arbeitsort für den früheren kongolesischen Nationalspieler. Die Jobgelegenheit eröffnete sich auch eher zufällig. Bei einem Scoutingeinsatz in Düsseldorf traf der Ex-Profi auf drei Jugendspieler aus Antigua und einen Betreuer. Einer der Kicker hatte ihn besonders überzeugt, beim gemeinsamen Abendessen und später im Hotel kam Dinzey mit dem Betreuer ins Gespräch, der Austausch dauerte bis morgens um halb fünf. Nach der Rückkehr nach Hamburg wartete die Überraschung – das nächtliche Fachsimpeln über Fußball hatte offensichtlich Eindruck hinterlassen, sodass nur Stunden später die Offerte aus der Karibik eintraf.
Nach kurzer Bedenkzeit jettete Herthas frühere Nummer 17 über den Atlantik, überzeugte die Bosse und bereitete anschließend gemeinsam mit dem Betreuer, den er in Düsseldorf kennengelernt hatte, das Team auf ein Duell mit Curacao vor. "Für die Jungs war es schon eine Umstellung, ich habe ganz klare Ansagen gemacht", so der Übungsleiter, der neben einem neuen Level der Disziplin die ersten beiden Wochen für sehr viel Grundlagenarbeit nutzte. "Das kam so ein bisschen die deutsche Schleifer-Mentalität in mir durch. Ich habe aber die meisten Übungen mitgemacht", schmunzelt Dinzey. Mit Erfolg: Mit einheimischen Spielern und vielversprechenden Talenten – der Coach verzichtete bewusst auf die englischen Legionäre aus der sechsten oder siebten Liga – besiegte Antigua das deutlich favorisierte Curacao, das mit vielen Akteuren aus der niederländischen Eredivisie antrat, mit 2:1. Die Verbandsbosse setzten danach alles daran, ihren Trainer zu halten.
Dinzey nahm – unter bestimmten Bedingungen – die Herausforderung an. Und es sollte wirklich eine werden: Als Chefcoach kümmerte er sich um ein Fitnessstudio, holte Ausrüsterverträge heran und sprach mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) über Entwicklungsunterstützung. Sportlich ging es nicht nur nach oben, aber die Arbeit trug Früchte und löste bei der jungen Mannschaft Lerneffekte aus. Schmerzhaften Niederlagen folgten faustdicke Überraschungen gegen regionale Topteams. Die anfängliche Skepsis der Fans wandelte sich in Anerkennung. Das letzte Quali-Spiel gegen Aruba drehte die Dinzey-Truppe sogar noch in einen 3:2-Erfolg – ein Punkt fehlte am Ende für die zweite Runde. Trotz der guten sportlichen Entwicklung war es das Abschiedsspiel des Trainers. "Ich bin sehr stolz, was diese Mannschaft geleistet hat, aber ich habe zu Beginn einige Bedingungen gestellt, die erfüllt werden müssen, damit die Mannschaft einen freien Kopf hat und sich auf Fußball konzentrieren kann", erklärt Dinzey. "Leider wurden viele der Zusagen nicht eingehalten."
Hohe Meinung von Labbadia
Anfang des Jahres versuchten die Verantwortlichen, den blau-weißen Aufstiegshelden zurückzuholen, doch unter den bestehenden Voraussetzungen kam das nicht infrage. Dinzey steht immer noch mit den Spielern und vielen Funktionären in Kontakt, sein Fokus liegt jetzt aber wieder auf anderen Fußballplätzen. Ziel sei es, nach der Corona-Pause wieder bei einigen Vereinen zu hospitieren. Auch Berlin und Hertha BSC stehen auf dem Reiseplan für die 'Zeit danach'. Zum neuen Trainer hat er eine durchweg positive Meinung: "Bruno kenne ich schon länger – auch weil wir hier in Hamburg ein gemeinsames Projekt für benachteiligte Jugendliche unterstützen. Ich halte ihn für einen äußerst kompetenten Typen, der Fußball lebt und liebt. Labbadia und Hertha - das kann richtig gut passen!" Dem Hauptstadtclub wünscht Dinzey ein ruhiges Fahrwasser in den nächsten Jahren, worauf sich zukünftig aufbauen ließe. Bis dahin hat aber der Corona-Virus das öffentliche Leben im festen Griff."„Wir müssen besonnen bleiben, denn wir haben nur dieses eine Leben", sagt Michel Dinzey zurecht. Und irgendwann liegen sich hoffentlich alle Herthaner wieder jubelnd in den Armen.
(war/City-Press,privat)Gesagt...
[>]Bruno ist ein kompetenter Typ, der Fußball lebt und liebt. Labbadia und Hertha - das kann richtig gut passen![<]