Fans | 17. Mai 2020, 12:10 Uhr

Blau-weißes Leben auf dem Land

Blau-weißes Leben auf dem Land

Hertha-Fans sind überall: Tom lebt als Exil-Herthaner in Frankreich ganz in der Nähe des Pariser Vororts Meaux auf dem Land. Der Auswanderer besucht die 'Alte Dame' nach wie vor auf Auswärtsreisen und im Olympiastadion.

Berlin - Seit inzwischen 21 Jahren lebt Tom in Frankreich. Der 52-Jährige wohnt nahe der Gemeinde Meaux auf dem Land, die rund 55 Kilometer östlich von Paris entfernt liegt. Der gebürtige Berliner wuchs in den 1970er-Jahren erst im Wedding und später in Spandau auf. Schon im Kindesalter faszinierte ihn der Fußball und die Elf von der Spree. Mit seinen Schulfreunden spielte er auf den Bolzplätzen der Hauptstadt, in der Grundschule präsentierte er seine Verbundenheit zur 'Alten Dame' mit seinem Trikot der Blau-Weißen.

An den Wochenenden ging es ins Olympiastadion. Sein Großvater nahm ihn mit an die Hand und zeigte ihm die blau-weiße Fußballwelt. Der Herthaner erinnert sich im Gespräch mit herthabsc.de an legendäre Berliner Auftritte in Europa. 1979 spielte die 'Alte Dame' im UEFA Cup-Viertelfinale gegen Dukla Prag. Das 1:1-Hinspiel sah der damals Elfjährige im Olympiastadion. Das Rückspiel verfolgte Tom über einen DDR-Sender. Hertha BSC feierte einen 2:1-Sieg und zog ins Halbfinale ein, wo der Hauptstadtclub jedoch Roter Stern Belgrad unterlag. Rund ein Jahr später reiste der junge Fußballfan gemeinsam mit seinem Stiefvater und Freunden vom Bolzplatz zu einem Auswärtsspiel bei 1860 München. Eine "unglaubliche Reise", wie der heutige Familienvater beschreibt, die nachts mit der Fahrt in Richtung Süden anfing und mit dem 1:0-Sieg der Blau-Weißen in Bayern ihren Höhepunkt erreichte.

In den darauffolgenden Jahren konzentrierte sich der Teenager auf die Schule und schaffte das Abitur. Nach der zweijährigen Ausbildung bei der Bundeswehr begann der Berliner ein BWL-Studium – und auch dort begleitete ihn sein Verein. Tom verdiente nebenher als Ordner bei der 'Alten Dame' sein Geld. Im Rahmen des Studiums zog es ihn für ein dreimonatiges Auslandspraktikum nach Beauvais in den Norden Frankreichs. In dieser Zeit baute Tom den Kontakt zu ehemaligen Bekannten von einem früheren Campingausflug ins Nachbarland auf. Dadurch lernte er auch seine spätere Ehefrau kennen. Der Herthaner fing nach seinem Studium als Kundenbetreuer in einer Verpackungsdruckerei an. Sein klares Ziel: eines Tages in die französische Zentrale versetzt zu werden. Im Sommer 1999, nur zwei Jahre nach Beginn der Tätigkeit, war es soweit und der Berliner wanderte in die Hauptstadt Frankreichs aus. Mit seiner Frau bekam er wenige Jahre später einen Sohn, mit dem das Paar Mitte der 00er-Jahre auf das Land in der Nähe der Gemeinde Meaux zog. Dieser Vorort ist bekannt für den lokalen Weichkäse und nach wie vor Lebensmittelpunkt der Familie.

Vater-Sohn-Trips durch Deutschland

Trotz der Distanz zu Berlin blieb das Interesse an der 'Alten Dame' über all die Jahre bestehen. Mehrmals im Jahr kehrt der Blau-Weiße in seine Heimat zurück und schaut dann selbstverständlich auch bei Hertha BSC vorbei. 2003 erlebte er bei einem Spiel gegen den FC Bayern mit seinem Großvater einen besonderen Tag im Olympiastadion. "Als Revanche für die vielen Jahre habe diesmal ich ihn mitgenommen", erzählt Tom über das letzte gemeinsame Stadionerlebnis, bevor der Großvater einige Jahre später verstarb.

In den Folgejahren wurde der Sohn zum Stadionbegleiter, die beiden verbindet die Liebe zum Fußball und zu Hertha BSC. Zu zweit begleiten sie die Elf von der Spree trotz der Entfernung zur deutschen Hauptstadt gelegentlich bei Gastspielen. Oft machen Vater und Sohn dabei aus dem Stadionbesuch einen Städtetrip und lernen so gemeinsam Deutschland kennen. Die erste Reise war 2013 ein Pokalspiel in Kaiserslautern, welches die Berliner zwar verloren, aber den Hunger nach mehr bei den Exil-Herthanern steigerte. Seitdem war das Duo mehrfach auf Auswärtsfahrt und lernte dabei weitere blau-weiße Anhänger aus der Fremde kennen. "Mein Traum ist es, ein Spiel der 'Alten Dame' in Frankreich zu sehen", verrät Tom abschließend. Ein Traum, der in den nächsten Jahren hoffentlich wahr wird – und ab nächster Saison ist durch die Verpflichtung von Lucas Tousart zumindest schon einmal ein Stück Frankreich im Team der Blau-Weißen.

(pm/HerthaBSC)

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Mein Traum ist es, ein Spiel der 'Alten Dame' in Frankreich zu sehen.
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-Tom

von Hertha BSC