
Kiek ma, wo dit hinjeht: Leipzig
Kiek ma, wo dit hinjeht: Leipzig

Berlin - Der "Blindflug", wie Trainer Bruno Labbadia die Wiederaufnahme des Spielbetriebs genannt hatte, verlief bislang ohne Turbulenzen. Mehr als das: Mit sechs Zählern ist das Ziel am Horizont ein Stückchen näher gerückt. Doch die sichere Landung steht noch aus, noch fehlen die nötigen Zähler zum Klassenerhalt. Dazu müssen die Blau-Weißen noch so manches Hindernis umfliegen - am Mittwoch (27.05.20, 18:30 Uhr) zunächst RasenBallsport Leipzig. Diese nächste Etappe gehen Bruno Labbadia und sein Team mit Realismus, aber auch mit der nötigen Zuversicht an. "Wir sind froh, dass es bisher schon so gut klappt, aber wir haben noch einen weiten Weg vor uns. Den Leipzigern müssen wir als Mannschaft trotzen. Sie haben nicht nur eine starke Offensive, sondern momentan auch die beste Abwehr der Liga", stimmt der Coach seine Elf auf einen unangenehmen Kontrahenten ein, der alles andere als ein Lieblingsgegner der 'Alten Dame' ist. herthabsc.de nimmt RasenBallsport unter die Lupe. TEDi präsentiert die Gegnervorschau.
Die sportliche Situation: In beeindruckender Manier haben die Sachsen am vergangenen Sonntag Mainz 05 mit 5:0 vom Platz gefegt. Anschließend waren sich sogar alle Beteiligten einig, dass der Sieg noch höher - beispielsweise wie beim 8:0 in der Hinrunde - hätte ausfallen können. "Es war ein sehr souveräner Auftritt. Nicht nur das Ergebnis, sondern auch die Art und Weise wie wir gegen Mainz aufgetreten sind, hat mir sehr gut gefallen. Genau das will ich von meiner Mannschaft sehen", zeigte sich Julian Nagelsmann zufrieden. Der Coach hat die Entwicklung der 'Roten Bullen' in seiner ersten Saison weiter vorangetrieben. Zwischenzeitlich träumten die Leipziger Fans sogar von der Meisterschaft, doch bei sieben Punkten Rückstand auf den FC Bayern müsste schon sehr viel für den ersten Titelgewinn zusammenkommen. Die erneute Teilnahme an der UEFA Champions League dagegen ist realistischer, vor den Spielen unter der Woche rangiert das Team auf dem dritten Rang, muss diesen jedoch gegen Leverkusen und Mönchengladbach behaupten. "Die anderen Vereine haben am Wochenende vorgelegt. Wir wollten die wichtigen Punkte für eine mögliche Qualifikation in der Champions League in der nächsten Saison unbedingt sichern", sagte Timo Werner nach dem Spiel in Mainz. Auch bei einer Fortsetzung der Königsklasse in dieser Runde kann der Angreifer mit seinen Kollegen noch für Furore sorgen. Leipzig hatte sich vor der Spielunterbrechung für das Viertelfinale qualifiziert.
Die Leipziger im Fokus: Eben jener Werner ist momentan wieder in aller Munde, auch wenn der Transfermarkt durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie einer Wundertüte gleicht. Kein Tag vergeht ohne Spekulationen um den 24-jährigen Nationalspieler. Kein Wunder, denn der gebürtige Schwabe hat in Liga, Pokal und Europacup in bislang 38 Pflichtspielen stolze 30 Tore geschossen und zwölf weitere aufgelegt. "Timo hat mittlerweile ein sehr gutes Gespür, sich nicht nur auf den Flügel fallen zu lassen, sondern auch in die Zehnerposition zu gehen. Gepaart mit seinem Tempo, macht ihn das noch variabler und noch deutlich schwieriger zu greifen für seine Gegenspieler", lobt ihn Nagelsmann. Einen gar nicht mal so geringen Einfluss auf Werners Karriere hatte übrigens Bruno Labbadia. Der Trainer der Blau-Weißen verhalf dem damaligen Nachwuchsspieler 2013 im Alter von 17 zu seinem Bundesliga-Debüt für den VfB Stuttgart. "Timo hat bei Leipzig stetig eine Entwicklung genommen. Dass er außergewöhnliche Voraussetzung hat, haben wir beim VfB früh gesehen. Er will immer Tore schießen und hat mit seiner Schnelligkeit eine Wahnsinns-Qualität“, spricht sein damaliger Förderer über den Stürmer, der mit 24 Ligatreffern jetzt schon eine persönliche Bestmarke aufgestellt hat. Qualität hat RasenBallsport aber auch in der Defensive. Peter Gulacsi hat seinen Kasten in der Saison bereits neun Mal sauber gehalten, 27 Gegentore sind vor dem 28. Spieltag die wenigstens aller Bundesligisten.
Die Schnittstellen: Die Berührungspunkte zwischen dem Fußballlehrer und seinem ehemaligen Schützling sind aber nicht die einzigen zwischen der 'Alten Dame' und dem Bundesliga-Aufsteiger von 2016. In der Hinrunde schnürte Matheus Cunha die Fußballschuhe für die Sachsen. "Ich habe noch viele Freunde in Leipzig. Aber jetzt bin ich Herthaner, ich hoffe, wir gewinnen, auch wenn Leipzig sehr viel Qualität hat. Drei Punkte zu meinem Geburtstag wären eine schöne Geschichte“, sagte der Angreifer, der 2018 vom FC Sion aus der Schweiz zum Pokalfinalisten von 2019 stieß. Der Brasilianer, der am Sonntag zum ersten Mal Vater wurde, schlug beim Hauptstadtclub auf Anhieb ein und markierte in sechs Duellen vier Tore (eine Vorarbeit). Auf seine Fähigkeiten setzt auch Labbadia. "Duelle mit dem Ex-Verein sind immer eine zusätzliche Motivation. Ich bin mir sicher, dass Matheus ein gutes Spiel abliefern will, aber das will er immer. Ich bremse meine Spieler ungern", kommentiert Labbadia das bevorstehende Wiedersehen schmunzelnd.
Das Hinrundenduell: In der ersten Saisonhälfte kreuzten sich die Wege beider Vereine am 9. November. Ein geschichtsträchtiges Datum - schließlich fiel die Berliner Mauer am Spieltag auf den Tag genau vor 30 Jahren. Dementsprechend besonders war auch der Rahmen rund um die Begegnung. Sondertrikots, Mauer-Choreo mit den Fans im Olympiastadion und viele weitere Aktionen im Umlauf. Sportlich allerdings geht dieses Duell nicht in die blau-weißen Geschichtsbücher ein. Nach 90 Minuten unterlag die Mannschaft von Trainer Ante Covic den Sachsen mit 2:4 (1:2). Maximilian Mittelstädt und Davie Selke trafen für die Gastgeber, die bei zwei Elfmeterentscheidungen das Glück nicht auf ihrer Seite hatten. "Wir haben Leipzig schon den Spaß am Fußball genommen. Am Ende ist es vielleicht in der Höhe unverdient, weil wir noch versucht haben Akzente zu setzen und alles gegeben haben. Wenn man sieht, was Leipzig momentan für einen Fußball spielt, dann weiß man, was für eine Qualität sie auf dem Platz haben", ordnete Mittelstädt das Spielgeschehen vor wenigen Monaten ein.
Die Meinung über den Hauptstadtclub: Julian Nagelsmann rechnet mit einer Berliner Mannschaft, die nach zwei Siegen selbstbewusst antreten wird. "Hertha reist mit Euphorie an und will den Lauf aus den ersten beiden Spielen mitnehmen. Bruno Labbadia ist es gelungen, die extrem anfällige Defensive zu stabilisieren. In der Offensive erkennt man Parallelen zum Spiel aus seiner Wolfsburger Zeit. Er konnte in kurzer Zeit etwas bewegen", sagt der 32-Jährige, der die beiden Auftritte der Hauptstädter beobachtet hat. "Hertha erwarten wir ein bisschen tiefer, tendenziell mit weniger Ballbesitz als zuletzt und verstärkt auf Konter ausgelegt. Unser Gegner hat Konterspieler, die uns vor die Aufgabe stellen, immer sehr wach zu sein." Der jüngste Bundesliga-Coach, der am Mittwoch auf Yussuf Poulsen (Bänderverletzung), Ethan Ampadu (Rücken) und vermutlich Ibrahima Konate (Aufbau) verzichten muss, freut sich aber auch auf seinen Gegenüber. "Es ist schön, dass Bruno wieder in der Bundesliga arbeitet. Er bringt sehr gute Emotionen rein, mir gefallen seine Jubelläufe, wenn seine Mannschaft ein Tor schießt."
(fw/imago)
Gesagt...
[>]Ich habe noch viele Freunde in Leipzig. Aber jetzt bin ich Herthaner, ich hoffe, wir gewinnen, auch wenn Leipzig sehr viel Qualität hat.[<]